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Thomas Brand: Herbert Grasemann 21.12.1917 - 21.6.1983 | 307 |
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Turnierberichte | 357 |
Buchbesprechung | 359 |
Herbert Grasemann 21.12.1917 - 21.6.1983
von Thomas Brand, Bornheim
Da setzt doch so'n Scherzbold aus Calbe
auf je
einen Schelm anderthalbe
und verbreitet, G. R-inder
sei
Erf-inder des Inder
und es mache B. Sommer die
Schwalbe.
Mir wurde erst später klar, welches Glück ich hatte, dass ich als ehrgeiziger Partiespieler in den 70er und frühen 80er Jahren des letzten Jahrhunderts gleich zwei Schachzeitungen abonniert hatte: Schach-Echo und Deutsche Schachblätter. Neben Eröffnungstraining und Partie-Analyse interessierten mich dort immer mehr auch die Problemrubriken. Die von Gerhard W. Jensch im Schach-Echo, wo mich die Sachen beeindruckten, die ich zunächst kaum verstand: Märchenschach. Und besonders die von Herbert Grasemann in den Deutschen Schachblättern, der mir das Problemschach nahe brachte, mich dafür begeistern konnte: Nicht als Rätsel, sondern als Kunst im Ausdruck schachlicher Ideen. Zu dieser Zeit veröffentlichte Grasemann dort seine Reihe "Eines Reverends Einfall, der Geschichte machte", wodurch ich sehr viel über das Problemschach, seine Grundideen, seine Geschichte und die Theorie der Neudeutschen Schule lernen konnte.
Allein der Stoff war schon faszinierend, hinzu kam der stets packende Schreibstil Grasemanns, der auf lockere und humorvolle Weise sehr präzise formulierte, der auch komplexe, komplizierte Inhalte verständlich darstellen konnte: Ein begnadeter Schach-Publizist, wie ich keinen zweiten auch nur ansatzweise kenne. Gelegentlich nutzte er sein alter ego Arne Mangs zur hintergründigen Diskussion oder für die Publikation seiner Limericks (die hier zitierten stammen von ihm). Auch sein drittes Problemschach-Taschenbuch erschien unter diesem Pseudonym.
Seine Schach ohne Partner-Bände (jeweils in beinahe unvorstellbarer fünfstelliger Auflage erschienen und verkauft!) habe ich verschlungen, sie haben mich endgültig überzeugt, das Partieschach aufzugeben, mich auf Problemschach zu konzentrieren und dort von Anfang an die publizistische Arbeit im Auge zu halten.
Natürlich begeistern mich auch seine Aufgaben. In subjektiver Auswahl stelle ich anlässlich seines hundertsten Geburtstages neun davon vor, die wichtige Themen streifen, mit denen sich Herbert Grasemann in Theorie und Praxis beschäftigte.
Die vielfach nachgedruckten 1 und 2 sind nicht nur humorvolle Stücke, die mich früh lehrten, "Kunstgesetze" wie "Kein Schachgebot im Schlüssel!" zu relativieren, sondern sie klären auch wichtige Begrifflichkeiten wie den wesentlichen Unterschied zwischen "Masse" und "Kraft".
1 Herbert Grasemann
Deutsche Schachblätter
1950
2. Preis
Kurt Richter zum 50. Geb.
#6 (4+8)
2 Herbert Grasemann
Deutsche Schachhefte
1950
#4 (4+3)
3 Herbert Grasemann
SCHACH 1950 (V)
1. Preis
Dr. E. Zepler gewidmet
#5 (7+12)
4 Herbert Grasemann
ADS-Turnier 1949
3. Preis
#6 (6+9)
Fassen wir schlagwortartig zusammen: Was bedeutet Ökonomie? Ökonomie bedeutet nicht Sparsamkeit, sondern Wirtschaftlichkeit. Sie bezieht sich gleichermaßen und unteilbar auf die Darstellungsmittel Kraft, Raum, Zeit. Ökonomie ist kein absoluter Wert, sondern abhängig vom Dargestellten. Ökonomie ist kein Abzählvers; so kommt es, daß ein Problem mit sechs Steinen unökonomischer sein kann als eines mit achtzehn. Und daß es Aufgaben gibt - ob mit fünfundzwanzig, fünfzehn oder fünf Steinen -, deren bloße Existenz schon das Ökonomieprinzip verletzt: Wirtschaftlicher wäre es gewesen, die Druckerschwärze zu sparen."
5 Herbert Grasemann
Schach-Express 1948
#3 (8+5)
In Kapitel 36 von Eines Reverends Einfall ... schrieb Grasemann: "Im Indischen Problem Lovedays gibt es weder Vorplan noch Hauptplan noch Probespiel noch Hindernis. Es gibt mithin keine Plangliederung, kein logisches Gefüge. Im Indischen Problem Lovedays und seinen abertausend Ablegern des gleichen Typus ist die Zugfolge Kritikus-Sperrzug-Mattzug eine gedanklich unteilbare Einheit, die Lösung nur als ein Ganzes "intuitiv" erfaßbar. Diese Blasphemie habe ich seit 1948 bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit vorgetragen."
6 Herbert Grasemann
SCHACH 1955
4. Preis
Theodor Siers gewidmet
#5 (7+4)
7 Herbert Grasemann
Schachmatt 1951
#2 (5+1)
Zylinderbrett
8 Herbert Grasemann
SCHACH 1953
3. ehrende Erwähnung
s#3 (4+6)
In seinen letzten Lebensjahren wandte sich Grasemann kompositorisch intensiv längeren Stücken zu, eines davon sei hier zum Abschluss vorgestellt.
9 Herbert Grasemann
Deutsche Schachblätter
1983
1. Preis
#11 (5+12)
Der Leser sei eingeladen zu untersuchen, warum weiße Abweichungen (z. B. 6.Kb7?) fehlschlagen. Wem das allerdings zu mühsam erscheint, der mag Siesta halten - und kann sich dabei auf Arne Mangs berufen:
Es gehörte zur Kur in Bad Kösen,
täglich ein, zwei Probleme zu lösen.
Als mein
Selbstvertrauen sank,
weil mir dies nicht gelang,
zog ich's vor, in der Sonne zu dösen.
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