Heft 306, Dezember 2020

Kalenderblatt

Genrich Kasparjan

Tidskrift för Schack 1970

1. Preis (geteilt)

wKh8, wLb2, wSd4g6, wBd5e4f5h4, sKf6, sDb4, sLc8, sBe7

Gewinn (8+4)

In Heft 241 gab es eine Kalenderblatt-Notiz zum 100. Geburtstag von Genrich Moisejewitsch Kasparjan (27.2.1910-27.12.1995), jetzt ist an seinen 25. Todestag zu erinnern. Das ist auch Gelegenheit, sich wieder eine Komposition dieses Ausnahme-Komponisten anzusehen. Eins seiner bevorzugten Themen war die Domination, darüber hat er 1974 auch ein Buch mit mehr als 2500 Studien verfasst, das 1980 auch in einer englischsprachigen Fassung erschien. 1.e5+ Kf7 2.e6+ L:e6 3.d:e6+ Kf6 (3.- Ke8 4.f6 e:f6 5.Sf5 und Weiß gewinnt) 4.Se5! Db8+ 5.Kh7 D:e5 6.La1!! Unglaublich: Obwohl die schwarze Dame auf 12 verschiedene Felder ziehen kann, wird sie von den weißen Leichtfiguren dominiert. Zieht sie entlang der schwarzfeldrigen Diagonale, wird sie durch einen Springerabzug mit Schachgebot angegriffen, und auch bei einem Rückzug auf weiße Felder kann sie dem Geschlagenwerden nicht entgehen: 6.- Dd5 7.Sc2+ K:f5 8.Se3+ oder 6.- De4 7.Se2+ K:f5 8.Sg3+. Welchen Grad an Popularität Kasparjan in seinem Land genoss, erkennt man u. a. daran, dass die armenische Post zu seinem 100. Geburtstag eine Sonderbriefmarke mit seinem Bildnis und einem Schachdiagramm herausgab. Ein gesonderter Artikel findet sich im zweiten Dezemberheft.

Paul Farago

Suomen Shakki 1946

wKf8, wSa3g8, wBd2e4h4, sKh5, sBc6g3g5

Gewinn (6+4)

Auch der ungarisch-rumänische Komponist Paul Farago (4.4.1886-1.12.1970), dessen Todestag sich jetzt zum 50. Mal jährte, war ein Studien-Spezialist. Er leitete von 1936 bis kurz vor seinem Tod die Studienabteilung der rumänischen Zeitschrift Revista Română de Şah, daneben redigierte er mehr als ein Jahrzehnt lang die Studien"-ecke von Magyar Sakkélet. Eine breite Übersicht über sein Studienschaffen bietet der 1956 erschienene Band Idei noi în şahul artistic, dem auch die hier gezeigte Studie entnommen ist: Der Bauer g3 kann von den beiden weißen Springern nicht gestoppt werden, fällt aber nach Umwandlung in eine Dame einer Springergabel zum Opfer: 1.Sf6+ (nicht 1.Sc4? g:h4 2.Se3 h3 3. Sf6+ Kg6 remis) 1.- Kg6 2.h5+ K:f6 (auf 2.- Kh6 folgt 3.Sc4 g4 4.Se3 mit Gewinn) 3.Sc2!\ (nicht 3.Sc4? g2 4.e5+ Ke6 und Schwarz gewinnt) 3.- g2 4.Sd4 Weiß scheint schlecht zu stehen, aber nach 5.e5+ wird der überraschend eingeengt stehende schwarze König in eine Gabel-Position gezwungen: 5.- K:e5 6.Sf3+ 7.S:g1 g4 8.Se2 mit Gewinn. Nach 1.- K:h4 geht es weiter mit 2.Sc2 g2 3.Se1 g1S (3.- g1D 4.Se3+ mit Gewinn) 4.e5 Se2 5.e6 Sf4 6.Sg2+ (oder 5.- Sd4 6.Sf3+).

Der Mannheimer Volksschullehrer Otto Friedrich Binkert (18.6.1888-24.11.1970) war seit 1925 Mitglied der Schwalbe. Er war schon vor dem 1. Weltkrieg mit dem Problemschach in Berührung gekommen, sein erstes Problem komponierte er 1915 in russischer Gefangenschaft. Er folgte keiner gängigen Kompositionsrichtung, sondern quetschte, wie er es selbst ausdrückte, einige selbst gestellte Themen förmlich aus. Seit Anfang der 1930er Jahre wandte er sich dem Märchenschach zu - darunter fielen damals auch Selbst- und Hilfsmatts, mit denen Binkert sich vorwiegend auseinandersetzte.

Vor 75 Jahren verstarb der Magdeburger Rudolf L'hermet (28.12.1859-25.11.1945), zu dessen 150. Geburtstag eine Kalenderblatt-Notiz in Heft 240 erschien.

Albert Heyde, Mitherausgeber des Deutschen Wochenschachs, stellte im Juli 1892 Heinrich Ranneforth (18.3.1864-3.11.1945) als einen talentierten Spieler vor, der aber auf Turnierruhm keinen Wert legt, sondern in der selbstlosesten Weise seine freie Zeit in den Dienst des DWS stellt. Aus dem eifrigen Mitarbeiter wurde bald ein Mitherausgeber (ab 1895), eine Tätigkeit, die er 30 Jahre lang bis zum Ende des Erscheinens des DWS ausübte. Ranneforth, der zunächst neuere Sprachen und Germanistik studiert hatte, sich dann aber dem Journalismus zuwandte, war mit seiner beruflichen Tätigkeit und der vergleichbaren Arbeit als DWS-Herausgeber aber noch nicht voll ausgelastet, denn er gab außerdem noch einen jährlich erscheinenden Schachkalender heraus, der von 1907 bis 1938 erschien und heute ein begehrtes Sammlerobjekt ist. Daneben war er für einige Jahre auch noch Mitglied des Vorstands im Deutschen Schachbund. Problemschach im engeren Sinn hat Ranneforth wohl nicht betrieben, aber seine journalistische Routine war groß genug, um 1937 ein Büchlein mit dem Titel Das Schachproblem herauszugeben, eine, wie es im Untertitel heißt, Einführung in das Gebiet des Kunstschachs, eine Anleitung zum Lösen von Schachaufgaben, eine kurze Darstellung der Entwicklung der Problemkunst mit besonderer Berücksichtigung der neudeutschen Problemschule.

Samuel Gold (2.7.1835-9.11.1920) wuchs am ungarischen Plattensee auf und ging zum Studium der Medizin nach Wien, bevor er 1892 nach New York zog. Seine ersten Schachkompositionen veröffentlichte er Mitte der 1850er Jahre in Budapest und Wien. Ab 1864 war er auch als Schachredakteur für verschiedene Schachspalten tätig. In Heft 244, August 2010, gab es eine Kalenderblatt-Notiz zu seinem 175. Geburtstag. Jetzt jährt sich sein Todestag zum 100. Mal.

Olavi Riihimaa

Helsingin Sanomat 1958

wKb1, wLe1g2, wBf3, sKg7, sLc4, sSh7

h#3 Wie viele(4+3)
verschiedene Lösungen?

Olavi Arvid Riihimaa (28.11.1920-2.8.1987) komponierte in allen Genres, vom direkten Zweizüger bis zum Märchenschach und Retro, aber der finnische Komponist ist insbesondere durch sein zusammen mit Karl Fabel und Eero Bonsdorf 1966 herausgegebenes Buch Schach und Zahl - Unterhaltsame Schachmathematik in Erinnerung geblieben. Obwohl es nur einen kleinen Randbereich der Schachkomposition betrifft, erwies sich das Buch als sehr attraktiv und erlebte drei Auf lagen. In der hier wiedergegebenen Aufgabe wird nach der Zahl der verschiedenen zur Lösung führenden Zugfolgen gefragt. Um das h#3 auf h8 zu erreichen, hat Weiß drei Zugmöglichkeiten, seinen Lg2 auf die Diagonale b1-h7 zu spielen, bevor 3.Lc3# erfolgt, und Schwarz muss die Züge Kh8, Lg8 und Sf8 oder Sg5 ausführen, was insgesamt zu 3\mal 2\mal 3! = 36 Zugfolgen führt. Hinzu kommt noch die Zugfolge 1.Kf6 Kc2 2.Ke5 f4+ 3.Kd4 Lf2#. Die Aufgabe wurde Eero Bonsdorff zum 37. Geburtstag gewidmet.

John Ormerod
Scarlett Thursby

Holyoke Transcript 1881

3. Preis

wKd1, wDc8, wTc5g4, wLb8, wSh7, wBf3, sKe5, sLf4, sBd2d5d6g5

#2 (7+6)

Sir John Ormerod Scarlett Thursby (27.4.1861-26.12.1920) war ein britischer Spieler, Organisator und Problemist. Er muss eine beachtliche Spielstärke gehabt haben, denn 1881 vertrat er die Universität von Cambridge in einem Schachwettkampf gegen Oxford. Später engagierte sich der Jurist in der British Chess Federation, deren Präsident er zeitweise war. 1883 veröffentlichte er eine Auswahl seiner Probleme unter dem Titel Seventy Five Chess Problems. Im kurzen Vorwort zu der (damals üblichen) kommentarlosen Präsentation seiner Probleme gibt er sich sehr bescheiden und stellt ausdrücklich fest, dass er keine Hinweise zur Konstruktion oder allgemeingültige Regeln zur Problemkunst geben kann. Das Buch kann bei books.google.com heruntergeladen werden. In diesem Buch nicht enthalten ist der hier wiedergegebene Zweizüger: Satz 1.- Lg3/Lh2/Le3 2.Te4# (Fesselungsmatt); Lösung 1.Tc3 (ZZ) 1.- Kd4 2.Dh8# (Fesselungsmatt), 1.- d4 2.Tc5# (Fesselungsmatt und Switchback); 1.- Lg3/Lh2/Le3 2.Te3#.

Über den französischen Problemisten Georges Emile Barbier (24.2.1844-16.12.1895), der den größten Teil seines Lebens in Schottland verbrachte, gab es in Heft 295, Februar 2019, eine Kalenderblatt-Notiz zu seinem 175. Geburtstag. Jetzt ist an seinen 125. Todestag zu erinnern.

Karl Flatt

National-Zeitung 1921

wKb7, wTa4, wLf5h6, wSb8d3, wBc5e6f2f3, sKd5, sDh1, sTe1, sLh2, sSb1g8, sBg2g4

#3 (10+8)

Karl Flatt (23.11.1895-19.7.1972) war ein schweizerischer Komponist, der sich auf Selbstmatts spezialisiert hatte, insbesondere langzügige Aufgaben, von denen ein recht hoher Anteil den heutigen Prüfverfahren leider nicht standhalten konnte. Hier einer seiner Dreizüger: Auf den Versuch 1.Lg7? mit der Drohung 2.Td4# schlägt nach 1.- Sf6? 2.Sc6 durch, aber 1.- Te5! pariert. Nach 1.Le3?\ verteidigt nur 1.- Le5! (1.- T:e3 2.f:e3). In der Lösung 1.Sd7 (droht 2.Sb6#) werden die schwarzen Figuren antikritisch über e5 gelenkt, wonach Weiß durch Wahl der richtigen Fortsetzung die reziproke Verstellung nutzen kann: 1.- Lc7 2.Lg7 Te5 3.Sf4# oder 1.- T:e6 2.Le3 Le5 3.Le4#.

Friedrich Kadner

The Fairy Chess Review
1939

wKb5, wBa6c6d6, sKa7, sTa8, sSb8

#1 vor 2 Zügen (4+3)

Friedrich Kadner (18.11.1895-1949) aus Chemnitz kam um 1925 durch die von W. Schlüter geleitete Schachspalte Chemnitzer Wochenschach in der Allgemeinen Zeitung Chemnitz mit dem Problemschach in Berührung. (Über diese Schachspalte hielt Bernd Gräfrath beim kürzlichen Chemnitzer Schwalbe-Treffen einen Vortrag.) Kadner war hauptsächlich als Löser aktiv, komponierte ab 1926 und veröffentlichte seine Aufgaben, Märchenschach und Retros, im Chemnitzer Wochenschach, Hamburgischen Correspondenten und Problemist Fairy Chess Supplement. Hier eine einfache Retro-Übung: Weiß nimmt mit 1.c:d6 e. p. einen En-passant-Schlag zurück, was Schwarz nötigt, den auf d5 entschlagenen Bauern per Doppelschritt zurückzunehmen: 1.- d7-d5. Jetzt folgt der Rücknahmezug 2.Ka5:Bb5. Die dann erreichte Stellung ist legal, da Schwarz zuletzt b7-b5 gezogen haben kann (nicht b6-b5, da dann der weiße König bei schwarzem Zug im Schach gestanden wäre). Daher kann Weiß jetzt im Vorwärtsspiel mit 1.c:b6 e. p. mattsetzen. Die Aufgabe wurde übrigens am 50. Geburtstag von T. R. Dawson veröffentlicht.

(GüBü)


Impressum  Datenschutz
Anschriften: siehe Vorstand
Internetauftritt: Gerd Wilts