Kalenderblatt
Genrich Kasparjan
Tidskrift för Schack 1970
1. Preis (geteilt)
Gewinn (8+4)
In
Heft 241 gab es eine Kalenderblatt-Notiz zum 100.
Geburtstag von
Genrich Moisejewitsch Kasparjan (27.2.1910-27.12.1995),
jetzt ist an seinen 25. Todestag zu erinnern. Das ist auch
Gelegenheit, sich wieder eine Komposition dieses Ausnahme-Komponisten
anzusehen. Eins seiner bevorzugten Themen war die Domination, darüber
hat er 1974 auch ein Buch mit mehr als 2500 Studien verfasst, das 1980
auch in einer englischsprachigen Fassung erschien.
1.e5+ Kf7 2.e6+ L:e6 3.d:e6+ Kf6 (3.- Ke8 4.f6 e:f6 5.Sf5
und Weiß gewinnt)
4.Se5! Db8+ 5.Kh7 D:e5 6.La1!! Unglaublich:
Obwohl die schwarze Dame auf 12 verschiedene Felder ziehen kann, wird
sie von den weißen Leichtfiguren dominiert. Zieht sie entlang der
schwarzfeldrigen Diagonale, wird sie durch einen Springerabzug mit
Schachgebot angegriffen, und auch bei einem Rückzug auf weiße Felder
kann sie dem Geschlagenwerden nicht entgehen:
6.- Dd5
7.Sc2+ K:f5 8.Se3+ oder
6.- De4 7.Se2+ K:f5 8.Sg3+.
Welchen Grad an Popularität Kasparjan in seinem Land genoss, erkennt
man u. a. daran, dass die armenische Post zu seinem 100. Geburtstag
eine Sonderbriefmarke mit seinem Bildnis und einem Schachdiagramm
herausgab. Ein gesonderter Artikel findet sich im zweiten
Dezemberheft.
Paul Farago
Suomen Shakki 1946
Gewinn (6+4)
Auch der ungarisch-rumänische Komponist Paul Farago
(4.4.1886-1.12.1970), dessen Todestag sich jetzt zum 50. Mal jährte,
war ein Studien-Spezialist. Er leitete von 1936 bis kurz vor seinem
Tod die Studienabteilung der rumänischen Zeitschrift Revista Română de
Şah,
daneben redigierte er mehr als ein
Jahrzehnt lang die Studien"-ecke von Magyar Sakkélet. Eine
breite Übersicht über sein Studienschaffen bietet der 1956
erschienene Band Idei noi în şahul artistic,
dem auch die hier gezeigte Studie entnommen ist: Der Bauer g3 kann von den
beiden weißen Springern nicht gestoppt werden, fällt aber nach
Umwandlung in eine Dame einer Springergabel zum Opfer: 1.Sf6+ (nicht 1.Sc4?
g:h4 2.Se3 h3 3. Sf6+ Kg6 remis) 1.-
Kg6 2.h5+ K:f6 (auf 2.- Kh6 folgt 3.Sc4 g4 4.Se3 mit Gewinn)
3.Sc2!\ (nicht 3.Sc4? g2 4.e5+ Ke6 und Schwarz gewinnt)
3.- g2 4.Sd4 Weiß scheint schlecht zu stehen, aber nach
5.e5+ wird der überraschend eingeengt stehende schwarze
König in eine Gabel-Position gezwungen: 5.- K:e5 6.Sf3+
7.S:g1 g4 8.Se2 mit Gewinn. Nach 1.- K:h4 geht es weiter
mit 2.Sc2 g2 3.Se1 g1S (3.- g1D 4.Se3+ mit Gewinn)
4.e5 Se2 5.e6 Sf4 6.Sg2+ (oder 5.- Sd4 6.Sf3+).
Der Mannheimer Volksschullehrer Otto Friedrich Binkert
(18.6.1888-24.11.1970) war seit 1925 Mitglied der Schwalbe. Er war
schon vor dem 1. Weltkrieg mit dem Problemschach in Berührung
gekommen, sein erstes Problem komponierte er 1915 in russischer
Gefangenschaft. Er folgte keiner gängigen Kompositionsrichtung,
sondern quetschte, wie er es selbst ausdrückte, einige selbst
gestellte Themen förmlich aus. Seit Anfang der 1930er Jahre wandte er
sich dem Märchenschach zu - darunter fielen damals auch Selbst- und
Hilfsmatts, mit denen Binkert sich vorwiegend auseinandersetzte.
Vor 75 Jahren verstarb der Magdeburger Rudolf L'hermet
(28.12.1859-25.11.1945), zu dessen 150. Geburtstag eine
Kalenderblatt-Notiz in Heft 240 erschien.
Albert Heyde, Mitherausgeber des Deutschen Wochenschachs,
stellte im Juli 1892 Heinrich Ranneforth
(18.3.1864-3.11.1945) als einen talentierten Spieler vor, der aber
auf Turnierruhm keinen Wert legt, sondern in der selbstlosesten Weise
seine freie Zeit in den Dienst des DWS stellt. Aus dem
eifrigen Mitarbeiter wurde bald ein Mitherausgeber (ab 1895), eine
Tätigkeit, die er 30 Jahre lang bis zum Ende des Erscheinens des
DWS ausübte. Ranneforth, der zunächst neuere Sprachen und
Germanistik studiert hatte, sich dann aber dem Journalismus zuwandte,
war mit seiner beruflichen Tätigkeit und der vergleichbaren Arbeit
als DWS-Herausgeber aber noch nicht voll ausgelastet, denn
er gab außerdem noch einen jährlich erscheinenden Schachkalender
heraus, der von 1907 bis 1938 erschien und heute ein begehrtes
Sammlerobjekt ist. Daneben war er für einige Jahre auch noch Mitglied
des Vorstands im Deutschen Schachbund. Problemschach im engeren Sinn
hat Ranneforth wohl nicht betrieben, aber seine journalistische
Routine war groß genug, um 1937 ein Büchlein mit dem Titel Das Schachproblem
herauszugeben, eine, wie es im Untertitel heißt,
Einführung in das Gebiet des Kunstschachs, eine Anleitung
zum Lösen von Schachaufgaben, eine kurze Darstellung der Entwicklung
der Problemkunst mit besonderer Berücksichtigung der neudeutschen
Problemschule.
Samuel Gold (2.7.1835-9.11.1920) wuchs am ungarischen
Plattensee auf und ging zum Studium der Medizin nach Wien, bevor er
1892 nach New York zog. Seine ersten Schachkompositionen
veröffentlichte er Mitte der 1850er Jahre in Budapest und Wien. Ab
1864 war er auch als Schachredakteur für verschiedene Schachspalten
tätig.
In Heft 244, August 2010, gab es eine Kalenderblatt-Notiz zu
seinem
175. Geburtstag. Jetzt jährt sich sein Todestag zum 100. Mal.
Olavi Riihimaa
Helsingin Sanomat 1958
h#3 Wie viele(4+3)
verschiedene Lösungen?
Olavi Arvid Riihimaa (28.11.1920-2.8.1987) komponierte in
allen Genres, vom direkten Zweizüger bis zum Märchenschach und
Retro, aber der finnische Komponist ist insbesondere durch sein
zusammen mit Karl Fabel und Eero Bonsdorf 1966 herausgegebenes Buch
Schach und Zahl - Unterhaltsame Schachmathematik in
Erinnerung geblieben. Obwohl es nur einen kleinen Randbereich der
Schachkomposition betrifft, erwies sich das Buch als sehr attraktiv
und erlebte drei Auf lagen. In der hier wiedergegebenen Aufgabe wird
nach der Zahl der verschiedenen zur Lösung führenden Zugfolgen
gefragt. Um das h#3 auf h8 zu erreichen, hat Weiß drei
Zugmöglichkeiten, seinen Lg2 auf die Diagonale b1-h7 zu spielen,
bevor 3.Lc3# erfolgt, und Schwarz muss die Züge Kh8, Lg8 und Sf8
oder Sg5 ausführen, was insgesamt zu 3\mal 2\mal 3! = 36 Zugfolgen
führt. Hinzu kommt noch die Zugfolge 1.Kf6 Kc2 2.Ke5 f4+ 3.Kd4 Lf2#.
Die Aufgabe wurde Eero Bonsdorff zum 37. Geburtstag gewidmet.
John Ormerod
Scarlett Thursby
Holyoke Transcript 1881
3. Preis
#2 (7+6)
Sir John Ormerod Scarlett Thursby (27.4.1861-26.12.1920)
war ein britischer Spieler, Organisator und Problemist. Er muss eine
beachtliche Spielstärke gehabt haben, denn 1881 vertrat er die
Universität von Cambridge in einem Schachwettkampf gegen Oxford.
Später engagierte sich der Jurist in der British Chess Federation,
deren Präsident er zeitweise war. 1883 veröffentlichte er eine
Auswahl seiner Probleme unter dem Titel
Seventy Five Chess
Problems. Im kurzen Vorwort zu der (damals üblichen) kommentarlosen
Präsentation seiner Probleme gibt er sich sehr bescheiden und stellt
ausdrücklich fest, dass er keine Hinweise zur Konstruktion oder
allgemeingültige Regeln zur Problemkunst geben kann. Das Buch kann
bei
books.google.com heruntergeladen werden. In
diesem Buch nicht
enthalten ist der hier wiedergegebene Zweizüger: Satz 1.-
Lg3/Lh2/Le3 2.Te4# (Fesselungsmatt); Lösung 1.Tc3 (ZZ) 1.- Kd4
2.Dh8# (Fesselungsmatt), 1.- d4 2.Tc5# (Fesselungsmatt und
Switchback); 1.- Lg3/Lh2/Le3 2.Te3#.
Über den französischen Problemisten Georges Emile
Barbier (24.2.1844-16.12.1895), der den größten Teil seines Lebens
in Schottland verbrachte, gab es in Heft 295, Februar 2019, eine
Kalenderblatt-Notiz zu seinem 175. Geburtstag. Jetzt ist an seinen
125. Todestag zu erinnern.
Karl Flatt
National-Zeitung 1921
#3 (10+8)
Karl Flatt (23.11.1895-19.7.1972) war ein schweizerischer
Komponist, der sich auf Selbstmatts spezialisiert hatte, insbesondere
langzügige Aufgaben, von denen ein recht hoher Anteil den heutigen
Prüfverfahren leider nicht standhalten konnte. Hier einer seiner
Dreizüger: Auf den Versuch 1.Lg7? mit der Drohung 2.Td4# schlägt
nach 1.- Sf6? 2.Sc6 durch, aber 1.- Te5! pariert. Nach 1.Le3?\
verteidigt nur 1.- Le5! (1.- T:e3 2.f:e3). In der Lösung 1.Sd7
(droht 2.Sb6#) werden die schwarzen Figuren antikritisch über e5
gelenkt, wonach Weiß durch Wahl der richtigen Fortsetzung die
reziproke Verstellung nutzen kann: 1.- Lc7 2.Lg7 Te5 3.Sf4# oder
1.- T:e6 2.Le3 Le5 3.Le4#.
Friedrich Kadner
The Fairy Chess Review
1939
#1 vor 2 Zügen (4+3)
Friedrich Kadner (18.11.1895-1949) aus Chemnitz kam um
1925 durch die von W. Schlüter geleitete Schachspalte Chemnitzer Wochenschach in
der Allgemeinen Zeitung
Chemnitz mit dem Problemschach in Berührung. (Über diese Schachspalte
hielt Bernd Gräfrath beim kürzlichen Chemnitzer Schwalbe-Treffen einen
Vortrag.) Kadner war hauptsächlich als Löser aktiv, komponierte ab
1926 und veröffentlichte seine Aufgaben, Märchenschach und Retros, im
Chemnitzer Wochenschach, Hamburgischen
Correspondenten und Problemist Fairy Chess Supplement.
Hier eine einfache Retro-Übung: Weiß nimmt mit 1.c:d6 e. p. einen
En-passant-Schlag zurück, was Schwarz nötigt, den auf d5 entschlagenen
Bauern per Doppelschritt zurückzunehmen: 1.- d7-d5. Jetzt folgt der
Rücknahmezug 2.Ka5:Bb5. Die dann erreichte Stellung ist legal, da
Schwarz zuletzt b7-b5 gezogen haben kann (nicht b6-b5, da dann der
weiße König
bei schwarzem Zug im Schach gestanden wäre). Daher kann Weiß jetzt im
Vorwärtsspiel mit 1.c:b6 e. p. mattsetzen. Die Aufgabe wurde übrigens am
50. Geburtstag von T. R. Dawson veröffentlicht.
(GüBü)