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Heft 244, August 2010

Kalenderblatt

Walther Freiherr v. Holzhausen

Deutsches Wochenschach
19.07.1908

wKh1, wTc8g1, wSc3e4, wBd2, sKh3, sTa5f3, sSb1, sBh4h5

#4 (6+6)

Zu erinnern ist an den 75. Todestag von Walther Freiherr von Holzhausen, einem der Säulenheiligen der neudeutschen Schule, (29.5.1876- 9.8.1935), dem "ältesten Mitarbeiter von J. Kohtz", dem die "Befreiung des Problemschaffens aus den beengenden Fesseln dogmatischen Regelzwanges" zu verdanken ist, wie Franz Palatz unter Anspielung auf die Bergerschen Kunstgesetze im Nachruf in den Deutschen Schachblättern 1935 schrieb. Besondere Verdienste von Holzhausens lagen in der Weiterentwicklung des Begriffs der Zweckreinheit in der neudeutschen Theorie, in seiner schriftstellerischen Tätigkeit und insbesondere in seinem unermüdlichen Bemühen, das neudeutsche Ideengut im persönlichen Kontakt oder durch Briefwechsel zu verbreiten. Seine hier wiedergegebene Komposition stammt aus dem "Brennpunkt"-Artikel, der später in erheblich erweiterter Fassung als separates Buch erschien. Die sTT müssen die potentiellen Mattfelder f2 und g5 im Auge behalten. 1.Sd1? mit doppeltem Zugriff auf f2 hat noch keinen Erfolg, da Schwarz sich mit 1.- Taf5 erfolgreich verteidigen kann. Die kritische Lenkung des sTf3 über den Schnittpunkt f5 verändert die Situation: 1.Tf8! T:f8 2.Sd1 Taf5, denn nach 3.Sdf2+ verliert Schwarz die Kontrolle über g5. Auf 1.- Taf5 folgt einfach 2.T:f5 T:f5 3.S:b1 mit Zugzwang für den sT.

Cecil A. L. Bull

Liverpool Courier 1886

1. Preis

wKa8, wDc2, wTd2, wLe8, wSc4d5, wBa4b6f4h5h4, sKe6, sDh3, sTe1, sBc5d6e2f5

#3 (11+7)

Ebenfalls vor 75 Jahren verstarb der englische Komponist und erfolgreiche Partiespieler Cecil A. L. Bull (23.3.1869-19.7.1935), der sein erstes Problem als 16jähriger publizierte. Nur ein Jahr später gelang ihm mit dem hier gezeigten Stück ein Erfolg in einem renommierten Turnier. 1.Td4! Zugzwang. 1.- c:d4 2.Se5 [3.Lf7#] 2.- d:e5 3.Dc6#, 1.- Dg4 2.Te4+ f:e4 3.D:e4#, 1.- Dd3 2.T:d3 T... 3.D:e2#, 1.- Dg3 2.D:f5+ K:f5 3.Ld7#, 1.- Te1... 2.D:e2+.

Hans Lepuschütz

Wiener Schachzeitung 1936

2. Preis

wKf7, wLf4h1, wSc5d6, wBb4c2f2, sKd4, sDc7, sSb8, sBa6c3c4d7g6g7

#4 (8+9)

Hans Lepuschütz (5.8.1910-6.9.1984) gehörte zur Riege der bedeutenden österreichischen Mehrzüger-Komponisten. Die für ihn typische Verschmelzung von scharfsinnigen logischen Kombinationen mit ästhetischen Mattbildern wird als "Grazer Schule" bezeichnet. Dass der vor 100 Jahren geborene Komponist auch deftig zupacken konnte, zeigt das hier ausgewählte Stück, dessen spektakulärer Anfang an Loyds Steinitz-Gambit erinnert: 1.Se6+! d:e6+ 2.K:g6. Dass jetzt Zugzwang vorliegt, muss der Löser schon zu Beginn gesehen haben: 2.- D:d6 3.Le3+ Ke5 4.f4#, 2.- Dc6/Db7 3.Le3+ Ke5 4.Sf7/S:c4#, 2.- a5/e5 3.Sb5/Sf5#.

An zwei vor 100 Jahren geborene sowjetische Studienkomponisten sei erinnert: Der Ukrainer Tigran B. Gorgijew (30.8.1910-13.12.1976) begann seine schachliche Laufbahn als Partiespieler, wechselte dann aber zur Studienkomposition, in der er große Erfolge erzielte. Unter seinen etwa 250 Kompositionen finden sich eine Reihe von `grotesken" Aufgaben, in denen Weiß mit scheinbar hoffnungslos unterlegenem Material noch zum Erfolg kommt. Einen Tag jünger als Gorgijew war der russische Studienkomponist Mark S. Liburkin (31.8.1910-5.3.1953), der am gleichen Tag wie Sergej Prokofjew und Stalin starb. Er komponierte über 110 Studien, die sich durch Klarheit in der Idee und ökonomische Darstellung auszeichneten und gewann mehrere sowjetische Studien-Kompositionsmeisterschaften. Von 1945 bis zu seinem frühen krankheitsbedingten Tod redigierte er die Studienabteilung in Schachmaty w SSR.

Vor 125 Jahren verstarb Bernhard Horwitz (10.5.1807-29.8.1885), zu dessen 200. Geburtstag in dieser Rubrik bereits eine Notiz in Heft 225 erschienen ist.

Ein Meister des Grotesken in der Schachkomposition war auch der vor 150 Jahren geborene Ungar Otto Titusz Blathy (11.8.1860-26.9.1939), der sich insbesondere mit extrem langzügigen Aufgaben beschäftigte, über die er 1889 auch ein Büchlein Vielzügige Schachaufgaben publizierte. Blathy war ein vielseitig aktives Multi-Talent, der in seiner Freizeit auch noch begeisterter Radfahrer und Hundezüchter war. Beruflich war er ein sehr erfolgreicher Wissenschaftler und Elektroingenieur. Seine bedeutendste Leistung war die Erfindung des Transformators (gemeinsam mit zwei Kollegen), zu den auf ihn zurückgehenden weiteren Entwicklungen gehört auch der Wechselstrom-Elektromotor. Neben vielen weiteren Ehrungen wurde ihm auf der Weltausstellung in Paris 1900 für seine Leistungen ein "Grand Prix" verliehen, und in Budapest ist eine Straße nach ihm benannt.

Ebenfalls vor 150 Jahren wurde Henri Delaire (16.8.1860-27.11.1941) geboren, der Gründer und erste Präsident des französischen Schachverbands (1921). Er war Mitarbeiter von Numa Preti, dem Herausgeber der berühmten Zeitschrift La Stratégie und führte sie nach dessen Tod 1908 selbst weiter bis 1940, als sie ihr Erscheinens einstellen musste.

Der Ungar Samuel Gold wurde vor 175 Jahren geboren (2.7.1835-9.11.1920) und komponierte seit 1857 Probleme. 1883 erschien eine 200 Kompositionen umfassende Auswahl in Buchform. Er muss wohl auch ein starker Partiespieler gewesen sein, denn er war seit 1887 der erste (und einzige) Schachlehrer des späteren Lasker-Herausforderers Carl Schlechter. Der vor 200 Jahren geborene ungarische Graf Arnold Pongracz (18.7.1810-7.7.1890), der seine Werke unter dem Pseudonym Einsiedler von Tirnau publizierte, kann als Vater der ungarischen Problemkomposition gesehen werden (wenn auch einige Meister der praktischen Partie wie Jószef Szén schon früher einige Kompositionen vorlegten). Pongracz erzielte im Bristoler Problemturnier 1861, wo er den 3. Preis errang, seinen ersten großen Erfolg. Neben Direktmatts komponierte er auch viele Selbstmatts, die er häufig in der DSZ veröffentlichte. [GüBü]


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