Kalenderblatt
Lew Loschinski
Wladimir I. Schif
Platow-MT 1954
1. Preis (v)
#4 (10+11)
Der vor 50 Jahren verstorbene
russische Komponist Wladimir Iosifowitsch Schif
(5.5.1897-31.10.1970) komponierte Drei- und Mehrzüger, zusammen etwa
75 Probleme - kein großer Ausstoß, aber von durchwegs hoher
Qualität. Viele seiner Kompositionen entstanden als
Gemeinschaftsaufgaben mit einem anderen Großen, nämlich Lew
Loschinski. Hier sei eine Gemeinschaftsaufgabe der beiden gezeigt: Der
drohende Plachutta auf b4 wird durch zwei antikritische Damenzüge
entschärft, erlaubt aber zwei weitere Plachuttas auf b7 und e3:
1.Te4! [2.Sb4+ D:b4 3.L:c4+ D:c4 4.Sb6# oder 2.- T:b4 3.Sb6+ T:b6 4.
L:c4#];
1.- Db8 2.Lb7+ D:b7 3.Df7+ D:f7 4.Sb6# oder 2.- T:b7 3.Sb6+ T:b6
4.Df7#;
1.- Dg1 2.Se3+ D:e3 3.D:g5+ D:g5 4.Sb6# oder 2.- L:e3 3.Sb6+ L:b6
4.D:g5#.
Nebenspiele: 1.- Db5 2.L:b5 Tc7 3.T:c7; 1.- Db3 2.De8 Th7+ 3.K:h7;
1.- Le3 2.S:e3+ S:e3 3.D:g5+;
1.- Tc7 2.S:c7+ Kc6, Kc5 3.Sd5+, 3.Sa8+;
1.- Tb7 2.L:b7+ D:b7 3.Df7+, 3.Sb6+;
1.- Th7+ 2.D:h7 Sd4 3.S:d4. Der wBg4 fehlte in der originalen
Fassung, was nach 1.- Dg1 den Dual 2.Dh3 erlaubte. Der
Korrekturvorschlag stammt von Joachim Brügge (siehe PDB, P1342312).
Der kleine Dual im Nebenspiel 1.- Th7 2.D/K:h7 kann dem Stück nicht
wirklich etwas antun.
Otto Trinks
Chemnitzer Tageblatt 1926
1. Preis
#4 (10+12)
Der österreichische Komponist Otto Trinks
(26.7.1901-28.10.1945), der neben Halumbirek zu den Pionieren der
modernen strategischen Schule gehörte, ist vor 75 Jahren verstorben.
Sein Gebiet war der Mehrzüger, er komponierte zwar nur wenig, aber auf
sehr hohem Niveau.
1.Se7! [2.S:d5#] und die schwarze Dame kann trotz ihrer vielen
Abzugsmöglichkeiten das Matt nicht verhindern:
1.- Da2 2.c4! [3.Sd5/Tf1#]
2.- D:c4 3.Tf1+ D:f1 4.Sd5# oder 2.- L:c4 3.Sd5+ L:d5 4.Tf1#,
1.- Db3 2.Sc4! [3.L:e5/Sd5/Tf1#]
2.- D:c4 3.Tf1+ D:f1 4.Sd5# oder 2.- L:c4 3.Sd5+ L:d5 4.Tf1#,
1.- Dd7 2.Td6! [3.Lh6/Sd5#]
2.- T:d6 3.Sd5+ T:d5 4.Lh6# oder 2.- D:d6 3.Lh6+ D:h6 4.Sd5#.
Wie vorher schon bei Schif/Loschinski sehen wir auch hier wieder drei
Plachuttas, angereichert durch weitere interessante und thematische
Verstellungen:
1.- Dg8/Df7 2.Te6! [3.L:e5/Sd5#] 2.- D:e6 3.Lh6+ D:h6 4.Sd5#
1.- Da8/Db7 2.Tc6! [3.Lh6/Sd5#] 2.- D:c6 3.Lh6+ D:h6 4.Sd5# (2.-
D:e7 3.Lh6+)
1.- Dd2 2.Sd3+! D:d3 3.Tf1+ D:f1 4.Sd5#
1.- Da5 2.b5! [3.Sd5/Tf1#] 2.- D:b5 3.Tf1+ D:f1 4.Sd5#.
Eliahu Fasher
Palestine Post 1953
3. Preis
#3 (5+3)
Eliahu Fasher (31.10.1920-30.3.2004), der vor einem Jahrhundert geboren
wurde, kam schon früh mit dem Schach in Berührung. Insbesondere der Besuch
Rubinsteins in Palästina (um 1930) entfachte seine Begeisterung für das Spiel.
Er
war ab 1955 Herausgeber der israelischen Zeitschrift Haproblemai, und zu seinen
vielfältigen
publizistischen Aktivitäten gehörte auch die Herausgabe einiger Problemschachbücher,
darunter Haproblemai Ha?Israeli [The Israeli Problemist] (1964), eine Sammlung
von
Problemen Joseph Goldschmidts (1981) und eine kleine Zusammenstellung von 60 + 100
Chess
Problems (1980). Hier ein Dreizüger von Fasher mit dem Fleck-Thema:
1.Tc6!
mit 3 Drohungen: 2.Sf4 A [3.Lc3#], 2.Lc3+B K:d3/K:d5
3.Sb4/Le4#; 2.Le4 C nebst 3.Lc3#, die in den Varianten differenziert
werden:
1.- K:d3 2.Sf4+ A Kd4 3.Lc3#; 1.- Ke5 2.Lc3+ B K:d5
3.Le4#
und
1.- K:d5 2.Le4+ C Ke5/Kd4 3.Lc3#. (Nebenvariante 1.- La7 2.Lc3+).
Philip Richardson
Westminster Papers 1875
#3 (4+5)
Der heute weitgehend vergessene Amerikaner Philip
Richardson (12.10.1841-28.9.1920) zählte zu Lebzeiten zu den
stärksten Partiespielern New Yorks, obwohl er sich kaum an Turnieren
beteiligte. Einige Wettkämpfe gegen seine spielstärksten Zeitgenossen
(u. a. ein 2:0 gegen den auch Partien spielenden Sam Loyd) zeigten
ihn auf gleicher Höhe mit seinen Gegnern, nur gegen Steinitz und
Mackenzie, den anerkannt stärksten Spielern seiner Zeit, fiel er
zurück. Als Photograph hatte er bei hellem, gutem Wetter keine Zeit
zum Schachspielen, deshalb erschien er vorzugsweise bei schlechtem
Wetter im Schachclub, was ihm den Spitznamen "The Stormy Petrel"
(der stürmische Albatros) einbrachte. Seine Turnierabstinenz ist wohl
der Hauptgrund, weshalb auch große Datenbanken nur sehr wenige Partien
Richardsons enthalten. Ähnlich steht es mit seinen Problemen, die er
über einen Zeitraum von mehr als 60 Jahren komponierte; in der PDB
finden sich 31 seiner Aufgaben, darunter viele Selbstmatts, aber auch
dieses kleine Stück mit eleganten Damenzügen: 1.Db8! Ke4 2.Df8 Kd4/d4
3.D:b4/Da8#; 1.- Kc5 2.Da7+ Kc6, Kd6 3.Tf6#; 1.- e4 2.Db6+ Ke5
3.Df6#.
Bekannt ist Paul W. Schellenberg heute hauptsächlich durch seine 1912 unter
dem
Titel Lachschach erschienene Sammlung von Schachhumoresken und weniger durch seine mehr
als
ein Jahrzehnt andauernde Mitgliedschaft im Vorstand des Deutschen Schachbunds. An seinen 175.
Geburtstag wurde in Heft 290 erinnert (10.4.1843-18.10.1920), jetzt jährt sich sein
Todestag
zum 100. Mal.
Henk L. Schuld
Haagsche Post 1917
1. Preis
#3 (9+13)
Henk L. Schuld (21.2.1875-1.9.1920) hatte im Alter von
ungefähr 15 Jahren einen schweren Unfall, der ihn erblinden ließ.
Dennoch begann er danach, sich mit der Konstruktion von
Schachproblemen zu befassen und gehörte Anfang des letzten
Jahrhunderts zu den besten niederländischen Komponisten; auf ihn gehen
etwa 200 Probleme zurück. Sein Spezialgebiet war der Dreizüger, davon
hier eine Kostprobe. 1.Sc6! [2.T:f6 nebst 3.Tf4#, 2.- Kg5/L:f6
3.Sf3/D:f6#];
1.- T:c6 2.Da5 nebst 3.De1#, 1.- d3 2.D:d3 [3.De4#, Dg3#], 1.- e4 2.Dd6 [3.Dg3#, Df4#], 1.-
Ld5
2.D:d5 nebst 3.De4#, 1.- Le6 2.D:h8 nebst 3.D:f6# und 1.- Lg6 2.S:e5 nebst 3.Sf3#.
Hermann Weißauer (4.10.1920-2.8.2014) ist für die
regelmäßigen Besucher von Problemistentreffen noch so präsent, dass es
verwundert, dass der von Franz Pachl verfasste Nachruf in Heft 269
schon sechs Jahre zurückliegt. Jetzt können wir seinen 100.\
Geburtstag begehen. - Zehn Tage älter als Weißauer war Heinz Winterberg
(24.9.1920-15.10.1999), der bis zu seinem
Lebensende zur "Stammbesetzung" der Andernacher Märchenschachtreffen
gehörte. Der 1982 pensionierte Realschul-Rektor war mit etwa 800
Aufgaben ein recht produktiver Komponist und pflegte hauptsächlich die
kleine Form und das Märchenschach. Auf ihn geht das nach seinem
Wohnort benannte "Haaner Schach" zurück.
1890 erschien Johann Bergers Theorie und Praxis der Endspiele, das für mehr als ein
halbes Jahrhundert das Endspiel-Standardwerk bleiben sollte. Erst mit dem Erscheinen des
monumentalen vierbändigen Lehr- und Handbuchs der Endspiele von André
Chéron
(25.9.1895-12.9.1980) ab 1952 trat Bergers Werk in den Hintergrund. Der dritte bedeutende Autor
auf
diesem Gebiet ist der mittlerweile 98-jährige Juri Awerbach, dessen ebenso umfangreiches
Endspielwerk etwas später als Chérons erschien. Awerbach verriet 1986 in einem in
EG veröffentlichten Nachruf auf Chéron, dass beide über lange Zeit
miteinander korrespondierten und wechselseitig ihre Analysen verbesserten oder gelegentlich auch
widerlegten. Awerbach sah aber eine unterschiedliche Arbeitsweise zwischen beiden, und er hielt
Chérons
Ansatz für den eines Schachkomponisten, der stets den kürzesten und präzisen Weg
zum
Erfolg sucht, was aber nach seinem (Awerbachs) Geschmack zu einer etwas sperrigen Lösungsdarstellung
mit vielen Varianten führt - da scheint die Sichtweise eines Partiespielers
durchzuscheinen,
dem es nicht so wichtig ist, wie das angestrebte Ergebnis erreicht wird. Den Bezug zur
Schachkomposition hat Chéron, der jetzt 125 Jahre alt geworden wäre, immer gepflegt,
denn er war immer auch Problemist und veröffentlichte schon in den 1930er Jahren mehrere
Problembücher, darunter die Miniatures stratégiques françaises (1936).
Das
hat ihn aber nicht davon abgehalten, auch die praktische Seite des Schachs zu pflegen und in den
1920er Jahren dreimal die französische Meisterschaft im Partieschach zu gewinnen.
Martin Gohn
Deutsches Wochenschach
1917
Remis (3+3)
Auf den rumänischen Komponisten Martin Gohn (22.09.1895-1957) gehen
etwa
140 Probleme und Studien zurück. Er war in allen Genres aktiv, sein Schwerpunkt lag
aber
auf dem Gebiet der Mehrzüger und Studien; auf dem letztgenannten Feld gehörte er
zu
den Mitarbeitern Retis.
1.Kf5! (1.Kf6? Kg8 2.e5 Lc7 3.e6 Ld8+! 4.Kf5 f6 5.Kg6 Kf8 6.h4 Ke7 7.Kf5
La5)
1.- Ld6 (1.- Lc7 2.e5 Ld8 3.e6 f6 4.Kg6 Kg8 5.h4!) 2.e5 Le7 3.e6 f6
4.Kg6 Kg8 5.h3! Ld8 6.h4 Le7 7.h5 Ld8 8.h6 Le7 9.h7+ Kh8 10.Kf7 Ld8 11.Ke8 La5
12.Kf7
remis.
In der hier wiedergegebenen, kurz vor seinem Tod veröffentlichten
Studie kommt es nach der Einleitung 1.Kc1 a2 2.L:a2 L:a2
3.h5 zu einem Kampf zweier weißer Freibauern gegen den schwarzen
König und Läufer. Um den h-Bauern mit Lg8 aufzuhalten, ist jetzt
3.- f6 erzwungen; der schwarze König strebt danach zum Damenflügel,
um den auf der b-Linie entstehenden Freibauern aufzuhalten. Das
gelingt auch, wenn Weiß vorschnell mit 4.c:b4 fortsetzt, denn nach
4.- K:e4 5.b5 Ke5! wechselt der schwarze König bequem auf den Damenflügel, ohne
die Diagonale a2-g8 zu verstellen, und Schwarz hält remis. Aber Weiß hat noch
zwei vergiftete Bauern: 4.e5! f:e5 verstellt das wichtige
Transferfeld für den schwarzen König. 5.c:b4 Kd4 (5.- Ke4 6.b5
Kd5
7.h6). Schwarz hat anscheinend die Lage unter Kontrolle, selbst nach
6.e3+! Ke4 7.b5 Kf5 scheint sich die Möglichkeit zu
bieten, mittels schwarzem Rollentausch die weißen Bauern aufzuhalten!?
Aber nach dem letzten Nadelstich 8.e4+!\ schwindet auch
diese Hoffnung, da nach 8.- Kg5 dem schwarzen Läufer das Feld d5 fehlt und nach
8.- Ke6 9.h6 oder 8.- Kg5 9.b6 einer der Freibauern entscheidet.
The Hong Oe
Chess Life 1956
#2 (9+6)
The Hong Oe (26.9.1895-21.2.1967) gilt als der Nestor des
indonesischen Schachs und gehörte zu den wenigen Problemkomponisten
aus dieser für uns entlegenen Weltgegend. Der vor 125 Jahren geborene
Spezialist für orthodoxe Zwei- und Dreizüger publizierte seine Werke
breit gestreut, hier ein Beispiel seines Schaffens: Satz: 1.- S:e3
2.Sc3#, 1.- Kd5 2.Db7#;
1.Dd6? [2.S3f2#] 1.- Sd3 2.Dc6#, aber 1.- Kd3!;
1.Dc4? [2.S3f2#] 1.- L:f4 2.D:d4#, aber 1.- S:d3!;
1.Da2! [2.S3f2#] 1.- S:e3 2.S1f2#, 1.- S:d3 2.Dg2#, 1.- L:f4
2.T:d4#, 1.- Kd3 2.Lf5#.
Eduard Pietzcker
DIE WELT 1960
h#5 (2+8)
Auch Eduard Pietzcker (30.10.1895-1.8.1970) wäre jetzt
125 Jahre alt geworden. Er gehörte schon seit den 1920er Jahren zu
den Hamburger Schwalben um Palatz, Roese und Klüver. Die meisten
seiner Probleme, überwiegend Selbst- und Hilfsmatts, entstanden aber
erst nach dem Zweiten Weltkrieg. Das hier ausgewählte Stück ist fast
schon ein revolutionäres Hilfsmatt: 1.Dh1+ - das einzige Feld, von
dem aus die schwarze Dame nicht stört. 1.- Lg1 2.g2+ Kf2 3.Kc5 Ke3 4.Tc6 Lf2
5.Ld6 Ke4#. Beruflich war der promovierte Jurist Pietzcker als
Syndikus in der Hamburger Kirchenverwaltung tätig und beendete seine
Laufbahn 1960 als Präsident des Landeskirchenamts.
(GüBü)