Heft 305, Oktober 2020

Kalenderblatt

Lew Loschinski
Wladimir I. Schif

Platow-MT 1954

1. Preis (v)

wKh3, wTc1h6, wLg2g7, wSb2g8, wBb4c3h4, sKf4, sDd5, sTb6b8, sLa3a6, sSd8, sBe3e4e5f5h7

#4 (10+11)

Der vor 50 Jahren verstorbene russische Komponist Wladimir Iosifowitsch Schif (5.5.1897-31.10.1970) komponierte Drei- und Mehrzüger, zusammen etwa 75 Probleme - kein großer Ausstoß, aber von durchwegs hoher Qualität. Viele seiner Kompositionen entstanden als Gemeinschaftsaufgaben mit einem anderen Großen, nämlich Lew Loschinski. Hier sei eine Gemeinschaftsaufgabe der beiden gezeigt: Der drohende Plachutta auf b4 wird durch zwei antikritische Damenzüge entschärft, erlaubt aber zwei weitere Plachuttas auf b7 und e3: 1.Te4! [2.Sb4+ D:b4 3.L:c4+ D:c4 4.Sb6# oder 2.- T:b4 3.Sb6+ T:b6 4. L:c4#]; 1.- Db8 2.Lb7+ D:b7 3.Df7+ D:f7 4.Sb6# oder 2.- T:b7 3.Sb6+ T:b6 4.Df7#; 1.- Dg1 2.Se3+ D:e3 3.D:g5+ D:g5 4.Sb6# oder 2.- L:e3 3.Sb6+ L:b6 4.D:g5#. Nebenspiele: 1.- Db5 2.L:b5 Tc7 3.T:c7; 1.- Db3 2.De8 Th7+ 3.K:h7; 1.- Le3 2.S:e3+ S:e3 3.D:g5+; 1.- Tc7 2.S:c7+ Kc6, Kc5 3.Sd5+, 3.Sa8+; 1.- Tb7 2.L:b7+ D:b7 3.Df7+, 3.Sb6+; 1.- Th7+ 2.D:h7 Sd4 3.S:d4. Der wBg4 fehlte in der originalen Fassung, was nach 1.- Dg1 den Dual 2.Dh3 erlaubte. Der Korrekturvorschlag stammt von Joachim Brügge (siehe PDB, P1342312). Der kleine Dual im Nebenspiel 1.- Th7 2.D/K:h7 kann dem Stück nicht wirklich etwas antun.

Otto Trinks

Chemnitzer Tageblatt 1926

1. Preis

wKh3, wTc1h6, wLg2g7, wSb2g8, wBb4c3h4, sKf4, sDd5, sTb6b8, sLa3a6, sSd8, sBe3e4e5f5h7

#4 (10+12)

Der österreichische Komponist Otto Trinks (26.7.1901-28.10.1945), der neben Halumbirek zu den Pionieren der modernen strategischen Schule gehörte, ist vor 75 Jahren verstorben. Sein Gebiet war der Mehrzüger, er komponierte zwar nur wenig, aber auf sehr hohem Niveau. 1.Se7! [2.S:d5#] und die schwarze Dame kann trotz ihrer vielen Abzugsmöglichkeiten das Matt nicht verhindern: 1.- Da2 2.c4! [3.Sd5/Tf1#] 2.- D:c4 3.Tf1+ D:f1 4.Sd5# oder 2.- L:c4 3.Sd5+ L:d5 4.Tf1#, 1.- Db3 2.Sc4! [3.L:e5/Sd5/Tf1#] 2.- D:c4 3.Tf1+ D:f1 4.Sd5# oder 2.- L:c4 3.Sd5+ L:d5 4.Tf1#, 1.- Dd7 2.Td6! [3.Lh6/Sd5#] 2.- T:d6 3.Sd5+ T:d5 4.Lh6# oder 2.- D:d6 3.Lh6+ D:h6 4.Sd5#. Wie vorher schon bei Schif/Loschinski sehen wir auch hier wieder drei Plachuttas, angereichert durch weitere interessante und thematische Verstellungen: 1.- Dg8/Df7 2.Te6! [3.L:e5/Sd5#] 2.- D:e6 3.Lh6+ D:h6 4.Sd5# 1.- Da8/Db7 2.Tc6! [3.Lh6/Sd5#] 2.- D:c6 3.Lh6+ D:h6 4.Sd5# (2.- D:e7 3.Lh6+) 1.- Dd2 2.Sd3+! D:d3 3.Tf1+ D:f1 4.Sd5# 1.- Da5 2.b5! [3.Sd5/Tf1#] 2.- D:b5 3.Tf1+ D:f1 4.Sd5#.

Eliahu Fasher

Palestine Post 1953

3. Preis

wKf3, wTc3, wLb4d3, wSd5, sKd4, sLb8, sBc7

#3 (5+3)

Eliahu Fasher (31.10.1920-30.3.2004), der vor einem Jahrhundert geboren wurde, kam schon früh mit dem Schach in Berührung. Insbesondere der Besuch Rubinsteins in Palästina (um 1930) entfachte seine Begeisterung für das Spiel. Er war ab 1955 Herausgeber der israelischen Zeitschrift Haproblemai, und zu seinen vielfältigen publizistischen Aktivitäten gehörte auch die Herausgabe einiger Problemschachbücher, darunter Haproblemai Ha?Israeli [The Israeli Problemist] (1964), eine Sammlung von Problemen Joseph Goldschmidts (1981) und eine kleine Zusammenstellung von 60 + 100 Chess Problems (1980). Hier ein Dreizüger von Fasher mit dem Fleck-Thema: 1.Tc6! mit 3 Drohungen: 2.Sf4 A [3.Lc3#], 2.Lc3+B K:d3/K:d5 3.Sb4/Le4#; 2.Le4 C nebst 3.Lc3#, die in den Varianten differenziert werden: 1.- K:d3 2.Sf4+ A Kd4 3.Lc3#; 1.- Ke5 2.Lc3+ B K:d5 3.Le4# und 1.- K:d5 2.Le4+ C Ke5/Kd4 3.Lc3#. (Nebenvariante 1.- La7 2.Lc3+).

Philip Richardson

Westminster Papers 1875

wKh1, wDc8, wTf3, wBb3, sKd4, sBb4b5d5e5

#3 (4+5)

Der heute weitgehend vergessene Amerikaner Philip Richardson (12.10.1841-28.9.1920) zählte zu Lebzeiten zu den stärksten Partiespielern New Yorks, obwohl er sich kaum an Turnieren beteiligte. Einige Wettkämpfe gegen seine spielstärksten Zeitgenossen (u. a. ein 2:0 gegen den auch Partien spielenden Sam Loyd) zeigten ihn auf gleicher Höhe mit seinen Gegnern, nur gegen Steinitz und Mackenzie, den anerkannt stärksten Spielern seiner Zeit, fiel er zurück. Als Photograph hatte er bei hellem, gutem Wetter keine Zeit zum Schachspielen, deshalb erschien er vorzugsweise bei schlechtem Wetter im Schachclub, was ihm den Spitznamen "The Stormy Petrel" (der stürmische Albatros) einbrachte. Seine Turnierabstinenz ist wohl der Hauptgrund, weshalb auch große Datenbanken nur sehr wenige Partien Richardsons enthalten. Ähnlich steht es mit seinen Problemen, die er über einen Zeitraum von mehr als 60 Jahren komponierte; in der PDB finden sich 31 seiner Aufgaben, darunter viele Selbstmatts, aber auch dieses kleine Stück mit eleganten Damenzügen: 1.Db8! Ke4 2.Df8 Kd4/d4 3.D:b4/Da8#; 1.- Kc5 2.Da7+ Kc6, Kd6 3.Tf6#; 1.- e4 2.Db6+ Ke5 3.Df6#.

Bekannt ist Paul W. Schellenberg heute hauptsächlich durch seine 1912 unter dem Titel Lachschach erschienene Sammlung von Schachhumoresken und weniger durch seine mehr als ein Jahrzehnt andauernde Mitgliedschaft im Vorstand des Deutschen Schachbunds. An seinen 175. Geburtstag wurde in Heft 290 erinnert (10.4.1843-18.10.1920), jetzt jährt sich sein Todestag zum 100. Mal.

Henk L. Schuld

Haagsche Post 1917

1. Preis

wKa1, wDd8, wTf5, wSe7g1, wBb3b5h2h3, sKh4, sTb6, sLf7h8, sSa8, sBa3b7c5d4e5f6h5h7

#3 (9+13)

Henk L. Schuld (21.2.1875-1.9.1920) hatte im Alter von ungefähr 15 Jahren einen schweren Unfall, der ihn erblinden ließ. Dennoch begann er danach, sich mit der Konstruktion von Schachproblemen zu befassen und gehörte Anfang des letzten Jahrhunderts zu den besten niederländischen Komponisten; auf ihn gehen etwa 200 Probleme zurück. Sein Spezialgebiet war der Dreizüger, davon hier eine Kostprobe. 1.Sc6! [2.T:f6 nebst 3.Tf4#, 2.- Kg5/L:f6 3.Sf3/D:f6#]; 1.- T:c6 2.Da5 nebst 3.De1#, 1.- d3 2.D:d3 [3.De4#, Dg3#], 1.- e4 2.Dd6 [3.Dg3#, Df4#], 1.- Ld5 2.D:d5 nebst 3.De4#, 1.- Le6 2.D:h8 nebst 3.D:f6# und 1.- Lg6 2.S:e5 nebst 3.Sf3#.

Hermann Weißauer (4.10.1920-2.8.2014) ist für die regelmäßigen Besucher von Problemistentreffen noch so präsent, dass es verwundert, dass der von Franz Pachl verfasste Nachruf in Heft 269 schon sechs Jahre zurückliegt. Jetzt können wir seinen 100.\ Geburtstag begehen. - Zehn Tage älter als Weißauer war Heinz Winterberg (24.9.1920-15.10.1999), der bis zu seinem Lebensende zur "Stammbesetzung" der Andernacher Märchenschachtreffen gehörte. Der 1982 pensionierte Realschul-Rektor war mit etwa 800 Aufgaben ein recht produktiver Komponist und pflegte hauptsächlich die kleine Form und das Märchenschach. Auf ihn geht das nach seinem Wohnort benannte "Haaner Schach" zurück.

1890 erschien Johann Bergers Theorie und Praxis der Endspiele, das für mehr als ein halbes Jahrhundert das Endspiel-Standardwerk bleiben sollte. Erst mit dem Erscheinen des monumentalen vierbändigen Lehr- und Handbuchs der Endspiele von André Chéron (25.9.1895-12.9.1980) ab 1952 trat Bergers Werk in den Hintergrund. Der dritte bedeutende Autor auf diesem Gebiet ist der mittlerweile 98-jährige Juri Awerbach, dessen ebenso umfangreiches Endspielwerk etwas später als Chérons erschien. Awerbach verriet 1986 in einem in EG veröffentlichten Nachruf auf Chéron, dass beide über lange Zeit miteinander korrespondierten und wechselseitig ihre Analysen verbesserten oder gelegentlich auch widerlegten. Awerbach sah aber eine unterschiedliche Arbeitsweise zwischen beiden, und er hielt Chérons Ansatz für den eines Schachkomponisten, der stets den kürzesten und präzisen Weg zum Erfolg sucht, was aber nach seinem (Awerbachs) Geschmack zu einer etwas sperrigen Lösungsdarstellung mit vielen Varianten führt - da scheint die Sichtweise eines Partiespielers durchzuscheinen, dem es nicht so wichtig ist, wie das angestrebte Ergebnis erreicht wird. Den Bezug zur Schachkomposition hat Chéron, der jetzt 125 Jahre alt geworden wäre, immer gepflegt, denn er war immer auch Problemist und veröffentlichte schon in den 1930er Jahren mehrere Problembücher, darunter die Miniatures stratégiques françaises (1936). Das hat ihn aber nicht davon abgehalten, auch die praktische Seite des Schachs zu pflegen und in den 1920er Jahren dreimal die französische Meisterschaft im Partieschach zu gewinnen.

Martin Gohn

Deutsches Wochenschach
1917

wKg5, wBe4h2, sKh8, sLb8, sBf7

Remis (3+3)

Auf den rumänischen Komponisten Martin Gohn (22.09.1895-1957) gehen etwa 140 Probleme und Studien zurück. Er war in allen Genres aktiv, sein Schwerpunkt lag aber auf dem Gebiet der Mehrzüger und Studien; auf dem letztgenannten Feld gehörte er zu den Mitarbeitern Retis. 1.Kf5! (1.Kf6? Kg8 2.e5 Lc7 3.e6 Ld8+! 4.Kf5 f6 5.Kg6 Kf8 6.h4 Ke7 7.Kf5 La5) 1.- Ld6 (1.- Lc7 2.e5 Ld8 3.e6 f6 4.Kg6 Kg8 5.h4!) 2.e5 Le7 3.e6 f6 4.Kg6 Kg8 5.h3! Ld8 6.h4 Le7 7.h5 Ld8 8.h6 Le7 9.h7+ Kh8 10.Kf7 Ld8 11.Ke8 La5 12.Kf7 remis. In der hier wiedergegebenen, kurz vor seinem Tod veröffentlichten Studie kommt es nach der Einleitung 1.Kc1 a2 2.L:a2 L:a2 3.h5 zu einem Kampf zweier weißer Freibauern gegen den schwarzen König und Läufer. Um den h-Bauern mit Lg8 aufzuhalten, ist jetzt 3.- f6 erzwungen; der schwarze König strebt danach zum Damenflügel, um den auf der b-Linie entstehenden Freibauern aufzuhalten. Das gelingt auch, wenn Weiß vorschnell mit 4.c:b4 fortsetzt, denn nach 4.- K:e4 5.b5 Ke5! wechselt der schwarze König bequem auf den Damenflügel, ohne die Diagonale a2-g8 zu verstellen, und Schwarz hält remis. Aber Weiß hat noch zwei vergiftete Bauern: 4.e5! f:e5 verstellt das wichtige Transferfeld für den schwarzen König. 5.c:b4 Kd4 (5.- Ke4 6.b5 Kd5 7.h6). Schwarz hat anscheinend die Lage unter Kontrolle, selbst nach 6.e3+! Ke4 7.b5 Kf5 scheint sich die Möglichkeit zu bieten, mittels schwarzem Rollentausch die weißen Bauern aufzuhalten!? Aber nach dem letzten Nadelstich 8.e4+!\ schwindet auch diese Hoffnung, da nach 8.- Kg5 dem schwarzen Läufer das Feld d5 fehlt und nach 8.- Ke6 9.h6 oder 8.- Kg5 9.b6 einer der Freibauern entscheidet.

The Hong Oe

Chess Life 1956

wKa8, wDa6, wTb4, wLg4, wSd1d3, wBc5e3f4, sKe4, sLe5, sSe1f1, sBd4h7

#2 (9+6)

The Hong Oe (26.9.1895-21.2.1967) gilt als der Nestor des indonesischen Schachs und gehörte zu den wenigen Problemkomponisten aus dieser für uns entlegenen Weltgegend. Der vor 125 Jahren geborene Spezialist für orthodoxe Zwei- und Dreizüger publizierte seine Werke breit gestreut, hier ein Beispiel seines Schaffens: Satz: 1.- S:e3 2.Sc3#, 1.- Kd5 2.Db7#; 1.Dd6? [2.S3f2#] 1.- Sd3 2.Dc6#, aber 1.- Kd3!; 1.Dc4? [2.S3f2#] 1.- L:f4 2.D:d4#, aber 1.- S:d3!; 1.Da2! [2.S3f2#] 1.- S:e3 2.S1f2#, 1.- S:d3 2.Dg2#, 1.- L:f4 2.T:d4#, 1.- Kd3 2.Lf5#.

Eduard Pietzcker

DIE WELT 1960

wKf1, wLa7, sKc6, sDe4, sTg6, sLh2, sBb4b5c4g3

h#5 (2+8)

Auch Eduard Pietzcker (30.10.1895-1.8.1970) wäre jetzt 125 Jahre alt geworden. Er gehörte schon seit den 1920er Jahren zu den Hamburger Schwalben um Palatz, Roese und Klüver. Die meisten seiner Probleme, überwiegend Selbst- und Hilfsmatts, entstanden aber erst nach dem Zweiten Weltkrieg. Das hier ausgewählte Stück ist fast schon ein revolutionäres Hilfsmatt: 1.Dh1+ - das einzige Feld, von dem aus die schwarze Dame nicht stört. 1.- Lg1 2.g2+ Kf2 3.Kc5 Ke3 4.Tc6 Lf2 5.Ld6 Ke4#. Beruflich war der promovierte Jurist Pietzcker als Syndikus in der Hamburger Kirchenverwaltung tätig und beendete seine Laufbahn 1960 als Präsident des Landeskirchenamts.

(GüBü)


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