Kalenderblatt
Vor 25 Jahren verstarb Jan Heribert Knöppel
(23.9.1918-15.7.1995). Er komponierte vielseitig, vom Zweizüger bis
zur Retroanalyse. Von 1962 bis 1964 war er Mitarbeiter von Springaren, ab 1966 gehörte
er zum Redaktionsteam der
nordisch-internationalen Zeitschrift Stella Polaris, die
eine dänisch/finnisch/norwegisch/schwedische Gemeinschaftsproduktion
war.
Julius Buchwald
Tijdschrift van den NSB
1948
1. Preis
#3 (12+12)
Der in Wien geborene Julius Buchwald (2.4.1909-9.8.1970)
emigrierte nach der deutschen Besetzung Österreichs zunächst nach
England und später in die USA. Er gehörte in den 1940er Jahren zu den
erfolgreichsten Zweizügerkomponisten - insgesamt komponierte er über
2500 Probleme - und belegte mehrfach Spitzenplätze in der von ihm
selbst initiierten und vom IPB (International Problem Board)
unterstützten Kompositions-Weltrangliste.
(Bei dieser Liste, die später von der PCCC nicht weiterverfolgt wurde,
war die Anzahl der im betrachteten Zeitraum insgesamt erzielten
Auszeichnungen entscheidend.)
Von Beruf war Buchwald Kunstgewerbler und Experte für antike Drucke,
nebenbei betätigte er sich auch als Kunstmaler und Keramiker, spielte
Bridge und komponierte Musik - kein Wunder, dass er bei dieser
Bandbreite von Interessen immer sehr beschäftigt war. Im hier
gezeigten Dreizüger droht Weiß nach dem Schlüssel 1.L:g6 mit 2.T4f5+
Ke4/Kd4 3.Dd5/De3#. Dagegen verteidigt sich Schwarz antikritisch mit
1.- Lb7 oder 1.- Lg1, aber diese Züge haben auch einen kritischen
Effekt, den Weiß jetzt nutzt: 1.- Lb7 2.a:b6 [3.d4#] 2.- Sc6
3.Te4# bzw. 1.- Lg1 2.g:f3 [3.Te4#] 2.- Sf2 3.d4#.
Der vor 100 Jahren in Sizilien geborene Santi Pirrone
(11.7.1920-12.6.2006) komponierte überwiegend Zwei- und Dreizüger und
veröffentlichte einige Artikel in Il Due Mosse und in
Sinfonie Scacchistiche. Auf ihn geht auch ein
Zweizügerthema zurück.
Ernst Bachl
H. Römmig-JT 1954
3. Preis
#2 (10+7)
Viele Leser werden sich noch an Hermann Weißauer (1920-2014)
erinnern, der bis zum Ende seines Lebens unermüdlich für die
Popularisierung des Problemschachs geworben hat und sich als Mittel
dafür seiner Problemspalte in der Europa-Rochade bediente,
daneben Löseturniere und Problemistentreffen organisierte und immer
wieder das persönliche Gespräch suchte. All dies hat er als
Meisterschüler seines vor 125 Jahren geborenen Lehrers Ernst Bachl
(16.7.1895-9.2.1982) in dessen Sinn umgesetzt und
weitergeführt. Wie kaum ein anderer ging Bachl auf im Geben, sein
Bestreben zielte in erster Linie darauf hin, neue Talente zu entdecken
und zu fördern. Eigene Leistungen traten demgegenüber in den
Hintergrund - sowohl im Problemschach als auch als Spieler, der er
als Allrounder auch war. Er brachte es mit viel Understatement selbst
auf den Punkt: "Ich bin ein Du-Mensch. Ich habe mich ausgegeben, habe
mich gleichsam verschenkt und bin im Problem und auch in der Partie
ein kleiner Mann geblieben." So "klein" war er sicher nicht, wie
man auch Rainer Kuhns in der Kuhn-Murkisch-Reihe erschienenem Buch
Schach-Herold Dr. Ernst Bachl entnehmen kann, in dem auch
seine 204 Problemkompositionen enthalten sind, darunter natürlich auch
das hier gezeigte Stück. 1.Dg5! [2.Dg1#] Te:f4/Tf:f4 2.Sc4/Sf5#.
Nietvelt-Paraden (die schwarze Selbstfesselung wird nach Ausführung
der Drohung wieder aufgehoben, so dass der entfesselte schwarze Turm die Drohung
parieren könnte). Verführungen sind 1.De7? Te:e7/Tf:e7 2.Sc4/Sf5#
mit Paradenwechsel gegenüber den Matts der Lösung (aber 1.- Le5!) und
1.Df6? T:f6/L:f6 2.c4/Sf5# mit Nowotny-Verstellung (aber 1.- Ta4!).
Nikolai Grigorjew
La Stratégie (TT) 1936
1./2. Preis ex aequo
Gewinn (3+2)
Nikolai Dmitrijewitsch Grigorjew (14.8.1895-10.11.1938)
war als Partiespieler in den 1920er Jahren mehrfach Meister von Moskau
und Organisationschef dreier großer, ebenfalls in Moskau
durchgeführter internationaler Turniere. Daneben redigierte er von
1922 bis 1933 die Schachecke der Zeitung Iswestia und war
einer der anerkanntesten Endspielspezialisten seiner Zeit. Sein
Spezialgebiet waren Bauernendspiele. Einen totalen Triumph feierte er
1936 beim Thematurnier der französischen Zeitschrift La
Stratégie, in dem Studien mit zwei weißen gegen einen schwarzen
Bauern gefordert waren. 10 der 12 Auszeichnungen gingen an Grigorjew,
darunter die ersten fünf Preise. Hier eine der beiden Siegerstudien
aus diesem Turnier: 1.Kg3! (1.Kg2? Ke4 2.Kf1 Kf5! 3.Kf2
Kf4 oder 1.Kh2? Kd4! 2.Kg1 Ke5! 3.Kg2 Ke4! 4.Kf1 Kf5, jeweils mit
Remis) 1.- Ke4 2.Kg2! (2.Kf2? Kf4=) 2.- Ke3
(2.- Kf4 3.Kf2) 3.Kf1 Ke4! 4.Ke1 Ke3 5.Kd1 Kf4 6.Kd2 Ke4
(6.- Kg4 7.Ke3) 7.e3 Kf3 8.Kd3 Kg3 9.Ke4! Kg4 10.Ke5!
K:h4 11.Kf4 Kh3 12.e4 (12.Kf3? h4! =) 12.- Kg2 13.e5!
(13.Kg5? Kg3! =) 13.- h4 14.e6 h3 15.e7 h2 16.e8D h1D
17.De2+ und Weiß gewinnt.
Wilhelm Maßmann
Neue Leipziger Zeitung
1935
2. Preis
#3 (4+2)
An den "Vater der Schwalbe" Wilhelm Maßmann
(6.7.1895-17.12.1974) wird an anderer Stelle dieses Hefts ausführlich
erinnert. Hier sei nur kurz etwas statistisches Material ergänzt:
Maßmanns berühmte Miniaturensammlung umfasste am Ende seines Lebens
etwa 16000 Aufgaben, er selbst komponierte mehr als 1600 Probleme, von
denen mehr als die Hälfte wiederum Miniaturen sind. "Ich kann beim
Komponieren machen, was ich will - immer wird eine Miniatur daraus!"
soll er einmal überspitzt formuliert haben. %(zitiert in DSBl1970 p173)
Und was für Miniaturen dabei herausgekommen sind, zeigt das Beispiel:
1.Se7? und 1.Se3? sind die Probespiele, die durch 1.- Lc2! bzw.
1.- Ld7! pariert werden. Der Schlüssel 1.Tg2! [2.Sg6+ nebst Sdf4#]
erzwingt zwei Hinlenkungen, die als Schlagrömer genutzt werden: 1.-
Le8 2.Se7 Lg6 3.S:g6# oder 1.- Lc2 2.Se3 Lf5 3.S:f5#. Und das alles
mit nur sechs Steinen! Schon früh war Maßmann publizistisch tätig.
Seit 1920 leitete er für 15 Jahre die Schachspalte des Essener Anzeigers, er
schrieb Artikel über die "Schwierigkeit in
Schachaufgaben" (in Rannefords Schachkalender 1921) und
über die "Schönheit der Schachaufgabe" (1922/23 im Kongreßbuch
Teplitz-Schönau). 1926 folgte die berühmte Übersetzung des
Loyd-Buchs aus der Christmas-Serie. Seine in 60 Jahren
zusammengetragene Büchersammlung bildet den Grundstock der
Schachbuchsammlung in der Schleswig-Holsteinischen Landesbibliothek.
Godfrey Heathcote
British Chess Magazine
1904
1. Preis
#3 (5+4)
Godfrey Heathcote (20.7.1870-24.4.1952) ist einer der
Hauptrepräsentanten der alten englischen Kompositionsschule, der es
nicht nur - wie der böhmischen Schule - um Mattreinheit ging,
sondern insgesamt um die elegante Erscheinungsform eines Problems,
angefangen bei der ansprechenden Ausgangsstellung, über den Schlüssel
und dem - möglichst bis in die Nebenvarianten dualfreien ?
Lösungsverlauf. Eine breite Übersicht über das Schaffen des vor 150
Jahren geborenen Heathcote bieten die Chess Idylls, die
A. C. White 1918 in seiner Christmas Serie herausgab. Heathcotes
Kompositionen, fast ausschließlich Zwei- und Dreizüger, lassen sich in
drei Schaffensperioden unterteilen. Die erste von 1886 bis 1894
beginnt mit den ersten Problemen des 16jährigen, der sich dann rasch
zu einem hervorragenden und in vielen Turnieren erfolgreichen
Komponisten entwickelte. Nach einer berufsbedingten Pause ist die
zweite, von 1897 bis 1903 dauernde Periode gekennzeichnet durch eine
Verfeinerung seines Stils, und die ab 1904 komponierten Probleme
zeigen ihn auf der Höhe seines Schaffens. Wir wollen uns hier zwei
Aufgaben aus diesem Zeitraum ansehen:
Der Dreizüger zeigt alles, was damals und auch heute noch Eindruck
machte: elegante Stellung, guter Schlüssel, attraktives Variantenspiel
und enorme Schwierigkeit. 1.Tc2 [2.Sc6+ Kc5 3.De5#], 1.- Kc5 2.Da3+
Kd4/Kb5 3.Sc6/Lc6#, 1.- Sd3 2.De3+ S:e3/K:e3 2.Sc6/Sf5#, 1.- Se3
2.Df4+ Kd3 2.De4#, 1.- b5 2.Sf5+ Kc5 2.Dd6#.
Godfrey Heathcote
Hampstead & Highgate
Express 1905
1. Preis
#2 (10+11)
Im Zweizüger droht
nach 1.T1c7! 2.Sc3#, was Schwarz durch einen beliebigen Abzug des
Sd4 parieren kann. 1.- S:b3 2.Dd3#, 1.- Sc2 2.b4#, 1.- Se2
2.D:h5#, 1.- Sf3 2.De4#, 1.- Sf5 2.Te5#, 1.- Se6 2.Ted7#, 1.-
Sc6 2.Tcd7# und 1.- Sb5 2.Tc5#. Wir sehen hier ein komplettes Rad
des schwarzen Springers, dargestellt mit nur einem einzigen Schlagfall
in der Lösung und (mit Ausnahme von 1.- De4 2.Sc3/D:e4#) dualfrei bis in die
Nebenvarianten (1.- T:a4/Tc5
2.T(:)c5#).
Ohne Lg1 ginge beispielsweise nach der Nebenvariante 1.- Df1 die
dualistische Fortsetzung 2.Sc3 oder 2.De4; das zu vermeiden war
damals wichtiger als die Materialökonomie.
Der vor 175 Jahren geborene amerikanische Büchersammler John Griswold White
(10.8.1845-27.8.1928) trug zu seinen Lebzeiten
über 12000 Schachbücher zusammen, die er der Bibliothek seiner
Heimatstadt Cleveland vermachte. Es ist sehr erfreulich, dass die
Sammlung weiter und immer noch gepflegt und vergrößert wurde, so dass
sie nach wie vor als die weltgrößte Schachbuchsammlung gilt und der
Schachöffentlichkeit für Forschungszwecke zur Verfügung steht. Dass
ihr Begründer nicht nur von der Sammelleidenschaft getrieben wurde,
sondern auch am Inhalt seiner Schätze interessiert war, ist belegt
durch den Eifer, mit dem er die für deren Verständnis nötigen
Fremdsprachen lernte - er soll 29 Sprachen lesen gekonnt haben.
Charles L. Fitch
American Chess Magazine
1897
#2 (8+8)
Charles Lewis Fitch (24.7.1845-8.9.1930) gehörte zur
Gruppe amerikanischer Komponisten, die sich gegen Ende des 19.
Jahrhunderts um Shinkman und dessen Neffen Otto Wurzburg
zusammenfanden und, wie A. C.. White meinte, aus Grand Rapids eine
Hochburg der Problemkomposition machten, der mehr gute Probleme
entstammten als irgendeiner anderen Stadt vergleichbarer Größe. Obwohl
Fitch als Komponist keine großen Ansprüche stellte, zeichneten sich
seine Probleme durch Originalität aus. Viele seiner Aufgaben wurden
unter dem Pseudonym Marc publiziert. Hier eines der Lieblingsprobleme
des Autors, in dem sich der sicher stehende weiße König durch den
Schlüssel 1.K:f7 einer achtfachen Schachprovokation aussetzt.
Nachtrag: Udo Degener hat zu den Kalenderblättern der Hefte 301 und 303
einige Ergänzungen mitgeteilt, die hier nachgetragen seien. Zunächst klärt er das
"Geheimnis" um den
im Februar-Heft erwähnten Fritz Loepert und liefert die folgenden
Lebensdaten:
Fritz Loepert stammt aus einer jüdischen Familie und wurde geboren in
Greifenberg/Pommern (heute Gryfice). Sein Vater Hermann Loepert (geb. 1890 in Greifenberg) war
Kaufmann und besaß, gemeinsam mit dem Bruder Siegfried, die Mühle in Greifenberg
(Enteignung 1936). Sein Großvater war der Kaufmann Sally Loepert (geb. 1850 Schlawe, gest. 1910
Greifenberg).
1936 emigrierte Fritz Loepert nach Brasilien, zusammen mit der Mutter
Thea Loepert, geb. Fliess und seiner Schwester Liselotte Loepert.
Am 10.10.1936 traf das Auswandererschiff Neptunia im Hafen von Santos ein.
Weitere Familienangehörige, wie sein Onkel Siegfried Loepert (geb. 1884)
emigrierten ebenfalls nach Brasilien.
Auf www.familysearch.org kann die Sammlung der "Immigration Cards",
Brasilien, 1902-1980 eingesehen werden. Dort ist auch Fritz Loepert zu
finden. Die Standesamtsregister von Greifenberg sind momentan bis 1910 online
einsehbar (Archiv Stettin, www.szczecin.ap.gov.pl) und werden jährlich
ergänzt. Aufgrund der Schutzfristen (110 Jahre für Geburten) wird der
Geburtseintrag von Fritz Loepert erst nach 2032 einsehbar sein.
Die zweite Meldung bezieht sich auf den Nachtrag zu Antonio
Bottacchi in der Juni-Schwalbe. Dort war offengeblieben,
ob der Bottacchi-Preisträger zum Densmore-MT in der Pittsburgh Gazette Times veröffentlicht
wurde. Udo Degener schreibt
nach Einsicht in Digitalisate der PGT (die seiner Email beigefügt
waren): Preisträger A erschien durchaus in der PGT am 17.11.1918. In
dieser Ausgabe waren erschienen: als Nr. 3169 = Densmore Nr. 106
(Bottacchi), 3170 = Nr. 107 (Bottacchi), 3171 = Nr. 108 (Sparke), 3172
= Nr. 109 (Sparke) und 3173 = Nr. 110 (Bottacchi (der 1. Preis)).
(GüBü)