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Heft 301, Februar 2020

 


Artikel Seite
Bernd Gräfrath: Bewährtes auf neuem Wege 421
Aktuelle Meldungen 421
Thomas Brand: Godehard Murkisch 80 425
Hemmo Axt: Gerhard W. Jensch 27.1.1920 - 26.10.1990 426
Entscheid im Informalturnier 2018, Abteilung Selbstmatts in 4 und mehr Zügen 428
Bernd Schwarzkopf: Ergebnis des Konstruktionswettbewerbs der Schwalbe 432
Karl-Heinz Siehndel: Zum Verhältnis von Thema-Varianten zum Nebenspiel in einem direkten Schachproblem 434
Peter Hoffmann: Le Tour de Babson: Wer kommt nicht ans Ziel? 437
Bernd Gräfrath: Beweispartien mit zu ergänzenden Steinen 439
Dieter Werner: Erweitertes Berlin-Thema 441
Bernd Schwarzkopf: Einspruch gegen den Preisbericht in der Schwalbe 298-2, Seite 289-294 "Informalturnier Rochade Europa, 2012-2013, Hilfsmatt" 443
Rainer Kuhn: Informalturnier Rochade Europa 2012/2013, Hilfsmatts 443
Urdrucke 444
Lösungen der Urdrucke aus Heft 298-1, August 2019 454
Bemerkungen und Berichtigungen 477
Buchbesprechung 478

 

Gerhard W. Jensch 27.1.1920-26.10.1990

von Hemmo Axt, Frasdorf

In diesem Januar wäre Gerhard W. Jensch 100 Jahre alt geworden, und aus diesem Anlass soll an ihn erinnert werden.

In der Mitte des vorigen Jahrhunderts gehörte GWJ zu den prägenden Gestalten im Problemschach, auf nationaler und internationaler Ebene. Zunächst war er ein starker Partiespieler, aber schon bald wandte er sich auch dem Problemschach zu, bemerkenswert früh - sehen Sie einmal aufs Erscheinungsjahr der I unten! Eigentlich lag Schach + Kunst = Schachkomposition bei ihm nahe, war er doch vielseitig künstlerisch interessiert (zum Beispiel arbeitete er nach dem Krieg als Regieassistent an der Frankfurter Oper). Das machte das Zusammensein mit ihm so spannend, es wurde halt nicht nur problem-fachgesimpelt auf der Dachterrasse seines Alterssitzes in Ligurien, mit Blick über die Olivenhügel hinab bis zum Meer, an klaren Morgen bis Korsika, an lauen Frühsommerabenden beim Chor der Nachtigallen, da ging es um Philosophie, Musik, Literatur ...

Noch einmal kurz zu seinen Verdiensten: Maßgeblich beteiligt war GWJ an der Gründung der PCCC, der Permanenten Kommission für Schachkompositionen der FIDE, 1956, und dort lange Jahre der Delegierte des DSB, gehörte dann dem Präsidium an, von 1971 bis 1974 als deren Präsident. 1974 organisierte er die FIDE-Tagung in Wiesbaden.

Auch national war er aktiv, ab 1962 als Vertreter des Problemschachs im erweiterten Vorstand des DSB. Für uns Schwalben ganz wichtig: Er setzte sich für die Aufnahme der Schwalbe in den DSB ein, die dort 1971 beschlossen wurde und 1972 erfolgte.

Publizistische Tätigkeiten waren ebenfalls vielfältig - Schachspalten imWiesbadener Kurier und derSüddeutschen Schachzeitung, vor allem aber brachte er den Problemteil desSchach-Echo auf ein hohes Niveau von internationaler Geltung. GWJ zeigte sich offen gegenüber neuen Entwicklungen im Märchenschach, die auch imSchach-Echo ihren Platz fanden.

Natürlich muss man hier seine Erfindung des Stereoschachs erwähnen, eine hochinteressante Variante des Raumschachs, sehr gut spielbar (wenn man ein Modell parat hat), es gab sogar ein internationales Turnier in Vasia. Dass es sich nicht sehr verbreitete, lag sicher daran, dass man dazu unbedingt ein dreidimensionales Modell benötigt. (Deshalb habe ich auch kein Stereoschachproblem ausgesucht.)

Erstaunlich, dass GWJ da noch zum Komponieren kam, wenn auch nicht in dem Umfang, den er sich oder wir uns gewünscht hätten. Ich habe sechs Aufgaben herausgesucht, andere als die, die 1990 anlässlich seines 70. Geburtstags und seines Todes im gleichen Jahr sowie zum 25. Todestags 2015 in der Schwalbe zitiert wurden. Eine meiner Lieblingsaufgaben von GWJ erschien da schon in Heft 121 und Heft 275, es ist der Achtzüger.

An GWJ erinnere ich mich immer wieder gern.

I) Gerhard W. Jensch

Höchster Kreisblatt 1934
Mittelrheinmeister
Dr. Leo Grimm
zum Andenken

wKa4, wTb5, wLf5, wSd5,
   sKc6, sDh4, sLa2, sSa5g1, sBb3b4c7d6d7

#5 (4+10)

I 1.Lg4! [2.S:b4#] 1.- De1 2.Le2! Dh4 3.Lc4! De1 4.Se7+! D:e7 5.Ld5# Ein Frühwerk. Schon hier zeigt sich das Bestreben, vor allem bezüglich des weißen Materials sehr ökonomisch vorzugehen. Auf jeden Fall bedenken Sie aber, dass 1934 Brennpunktaufgaben noch gar nicht so abgeklappert waren.

II) Gerhard W. Jensch

White-Gedenkturnier
1952-1953

Lob

wKd7, wTc4f5, wLf2g8, wSd6f7,
   sKd5, sTd4g4, sSh6, sBb4d3e5f6

#2 (7+8)

II 1.Se4! [2.T:d4#] 1.- K:c4+,K:e4+/T:c4/Td:e4/Tg:e4/S:f5 2.Sfd6/S:f6/Tc5/S:h6/Sfg5# Zwar gar nicht modern, aber doch ganz überraschender schachprovozierender Opfer-Schlüssel. Beachten Sie auch hier: keine weißen Bauern!

III) Gerhard W. Jensch

1. Internationales
Problemturnier des
Schachvereins Dortmund-
Hombruch-Barop 1951

3. Preis Dreizüger

wKg7, wDc8, wTe4, wSe6g4,
   sKf5, sTb4b5, sSf3, sBb6c2d5

#3 (5+7)

III Da hat tatsächlich ein Schachverein ein internationales Problemturnier veranstaltet! 1.Kh6! [2.Sg5#] 1.- c1D+ 2.Tf4+! D:f4+ 3.Sg5# (ist doch hübsch!?) sowie 1.- T:e4 2.Sg7+! Kf4 3.Sh5# (nicht 2.Sd4+ 3.Se2+? T:e2), 1.- d:e4 2.Sd4+! Kf4 3.Se2# (nicht 2.Sg7+? 3.Sh5+? T:h5) Der attraktive Inhalt erschließt sich von selbst.

IV) Gerhard W. Jensch

Süddeutsche Schachzeitung
1953

wKf8, wTe5, wBd5e3f4f5g7,
   sKf6, sDh2, sTc3g3, sLa8f2, sSa2, sBc5g2h5

Gewinn (7+10)

IV GWJ hat natürlich, vielseitig wie er war, auch Studien komponiert. Hier eine Aufgabe, die eigentlich untypisch für seinen Stil ist und deutlich vom Mehrzüger inspiriert, aber doch mit einem anregenden (etwas lauten) Lösungsverlauf und einem bemerkenswerten Abschluss. 1. e4! [2.Te6#] 1.- L:d5 2.T:d5 [3.Td6#] 2.- Tcd3 3.T:d3 Ld4 4.Ta3! [5.Ta6#] 4.- Sb4 5.Ta7! [6.Tf7#] 5.- T:g7 6.T:g7 D:f4 7.Tg6+! Ke5 8.Te6#!

V) Gerhard W. Jensch

Probleemblad 1969

2. ehrende Erwähnung

wKh1, wLe3g8,
    sKd6, sDd7, sTf2, sLd2f7, sSa3b3, sBc5e2f5g6h2

h#4 (3+12)

V Man glaubt kaum, dass diese Aufgabe 50 Jahre alt ist! (Und GWJ hat sie ohne Computerhilfe gebaut.) Es gab nur eine ehrende Erwähnung ... 1.Lc4 Lh6 2.Lg5 Ld5 3.Le7 Lf3 4.Le6 Lf4# Perfekte Harmonie.

VI) Gerhard W. Jensch

Schach-Echo 1969

3. Preis

wKe5, wDh3, wLb6, wSb4f2, wBc6e7f6g5,
   sKg1, sDg2, sTb2, sLh1, sBa7c4d3e2g6

s#3 Längstzüger (9+9)

VI Zum Abschluss noch etwas einfaches Märchenschach. 1.Dg3! T:b4 2.Kd6! Tb1 3.De5! D:c6#, 1.- Td2 2.Sd5! Ta2 3.Df4! D:d5#, 1.- a5 2.Se4+! Kf1 3.Kf4! D:e4# Drei Echos, die dank der Längstzügerbedingung recht elegant in Szene gesetzt werden. (In der PDB wird die Stellung ohne den sBg6 angegeben, was zu einem Dual in der 3. Variante führt - auch 3.Kf5. Mir fehlen gerade die entsprechenden Jahrgänge des Schach-Echos, so habe ich nicht feststellen können, ob dort eine Korrektur erschien. Plausibel ist es, den sBg6 hinzuzufügen, denn es gibt ja ohnehin keine Mustermatts, jedes Mal ist das Diagonalfeld rechts unter der schwarzen Dame doppelt gedeckt, und alles bleibt korrekt. Sollte GWJ korrigiert haben, dann sicher so.)

 


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