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Heft 271, Februar 2015

 


Artikel Seite
Editorial 1
Aktuelle Meldungen 1
Problemschachtreffen in Andernach 14. bis 17. Mai 2015 3
Entscheid im Informalturnier 2012, Abteilung Selbstmatts 4
Entscheid im Informalturnier 2007-2009, Abteilung Schachmathematik / Sonstiges 12
Entscheid im Informalturnier 2008, Abteilung Retro 14
18. - 20. September 2015: Schwalbe-Treffen in Aalen-Treppach 21
Armin Geister: Mattverteidigung im Pattproblem 22
Jürgen Kratz: Der Königsstern-Sagoruiko 24
Stefan Eisert: Ein Paradox 26
Eberhard Schulze: Sechstes Treffen der Baden-Württembergischen Problemschachfreunde 27
Hans Gruber: Dreizüger-Revue (11): Ein schönes Bukett 27
Urdrucke 28
Lösungen der Urdrucke aus Heft 268, August 2014 36
Bemerkungen und Berichtigungen 56
Web-Site Besprechung 57
Turnierberichte 58

 

Mattverteidigung im Pattproblem

von Armin Geister, Berlin

Aufgaben mit direktem Patt, zumal mehrzügige, finden sich in der Schwalbe kaum 1). Dagegen ist vor allem das Selbstpatt, aber auch die Pattforderung in Segmenten wie h=, sh= (teils mit der Bedingung des Längst - oder Serienzügers) gut repräsentiert. Da das "Patt in n Zügen" bei der Schwalbe in die Rubrik "Märchenschach" fällt, bleibt seine Affinität zum orthodoxen Mattproblem etwas im Schatten. Gewiß erscheint vom Partieschach her die Forderung, ein Patt herbeizuführen, wo ein (vielleicht sogar einzügiges) Matt möglich ist, ähnlich fremd wie andere von einer Schachpartie abweichende Aufgabengattungen. Dennoch sind in Hinsicht auf die gedankliche Struktur beim Lösen und Nachvollziehen von Problemen direktes Matt und direktes Patt einander sehr nah. In beiden Fällen zieht Weiß an und führt auf konventionelle Art im Widerstreit ein schwarzes Ende herbei. Anders freilich als bei einer Remisstudie vollzieht Weiß das direkte Patt ungeachtet einer Chance zum Mattsetzen von Schwarz (nicht aber ungeachtet möglicher Konstellationen, entgegen eigenem Bestreben in ein Matt gelenkt zu werden!).

A
Martin Hoffmann

Schweizerische
Schachzeitung 1971

3. Preis

wKa3, wTf1, wLb1, wBc2d2h2, sKa1, sTf2, sBc3h3

#5 (6+4)

Im folgenden möchte ich Wege und Aspekte des direkten Patts für den Bereich logisch angelegter Mehrzüger an einem Thema aufzeigen, bei dem weiße Patt- und schwarze Mattstrategie sich gegenüberstehen. Aus dem Problemspektrum des direkten Matts ist schwarze Pattverteidigung, gerichtet gegen einen weißen Fehlversuch, bestens bekannt. In Aufgabe A scheitert das Probespiel 1.Td1? (droht 2.La2#) an 1.- T:d2! bzw. nach 2.Tc1 Td1! 3.T:d1 an schwarzem Patt! Dieses wird mit 1.Th1! (1.Tc1? c:d2!) 1.- T:h2 2.Td1! T:d2 3.Tc1 Td1 4.T:d1 h2 vermieden, so daß mit 5.La2# abgeschlossen werden kann. In der Umkehrung (von Matt und Patt) würde entsprechend ein weißer Pattangriff im Fehlversuch an schwarzer Mattverteidigung scheitern müssen, während in der Lösung (nach Vorplan oder richtigem Auswahlschlüssel) der gleiche oder ein gleichartiger Pattangriff Erfolg hätte. Und um das Thema weiter (konsequent) einzugrenzen, möge an die Stelle des im Fehlversuch schädlichen weißen Mattzuges in der Lösung ein bloßes (unschädliches) Schachgebot treten.

B
Armin Geister

Urdruck

wKb5, wDa4, wTh2, wLa1, wSh3, wBe5f3, sKe1, sLh8, sBa5

=4 (7+3)

Aus solchen Überlegungen ist B hervorgegangen, wo neben einem beweglichen sL auch der sK zugfähig ist (nach f1). Zieht Weiß sofort 1.e6? (mit der Idee, den sL abzufangen), käme es zwar nach 1.- L~\ 2.L:L Kf1 3.Lc3 bzw. \mbox{1.- Kf1 2.L:h8 Ke1 3.Tf2} zum gewünschten Patt, jedoch nach 1.- L:a1! 2.D:a1 zu unerwünschtem Matt. Deshalb greift Weiß zum Vorplan 1.Lc3+! Kf1, um nun 2.e6 zu spielen, mit der Hauptvariante 2.- L:c3 3.Dd1+! (Da1+?) 3.- Le1 4.Ka4 = und der Nebenvariante 2.- L~\ 3.L:L Ke1 4.Tf2 =.

C
Josef Breuer

Deutsche Schachblätter
1949

1. Preis

wKd7, wDa8, wSe6, wBa7d4f5g4, sKf7, sTh8

#4 (7+2)

Wie im direkten Matt das hinderliche schwarze Patt ohne Verteidigungsspiel entstehen kann, als unmittelbare Folge eines weißen Fehlversuchs, so in gleicher Weise im direkten Patt ein mißliches schwarzes Matt. Spielt in der berühmten Aufgabe C Weiß 1.D:h8?, ist Schwarz sofort patt. Mittels der Besch" aftigungslenkung 1.Dh1! (erzwingt 1.- T:h1) gelingt es, die wD durch einen wT zu ersetzen, damit vorausschauend dem sK das Feld f6 freizuhalten und schwarzes Patt zu vermeiden: 2.a8=T! Th8 3.T:h8 Kf6 4.Tf8#. Solchem Muster entspricht im direkten Patt ein aus dem Fehlversuch uno actu entspringendes schwarzes Matt.

D
Armin Geister

Urdruck

wKf4, wDd7, wTe8, wLh1, wSa5e6, sKd5, sTg2, sSd6, sBd3

=5 (6+4)

Dahin mündet in D das Spiel, wollte Weiß mit 1.L:g2? an den beweglichen (zur Umwandlung strebenden) schwarzen Bauern herankommen. Die Lösung verlangt eine Umstellung vom wL als Schlagfigur auf die wD, deren Wegzug den sS entfesselt und dadurch letztlich dem sK das Feld d6 zugänglich macht. Der stille Zug 1.Dd8! (Zugzwang) hält die Lage in der Schwebe, bereitet aber ein tatkräftiges Eingreifen der wD vor: 1.- d2 2.Dg5+ Sf5 3.D:g2+! (3.L:g2+? Kd6 führt nicht zum Erfolg) 3.- Kd6 4.D:d2+ Sd4 5.Lc6 =. (Am Rande sei vermerkt, daß auch 1.Tb8? d2 2.Tb1 d1=D 3.T:d1 an schwarzem Matt zerbricht). Sofern der sK mit Schachgeboten bedrängt und das Pattnetz wesentlich um ihn herum gesponnen wird, darf auch ein Musterpatt (wie in D) hervorgehoben werden.

Mögen direktes Matt und direktes Patt in Grundmustern sich auch sehr ähneln, so sind doch Differenzen erkennbar. Ein bedeutsamer Unterschied betrifft die Rolle des schwarzen Königs. Im direkten Matt konzentriert sich das weiße Spiel wesentlich auf ihn, zugespitzt im letzten weißen Zug, der stets (in Gestalt des tödlichen Schachgebots) auf den sK gerichtet ist. Das direkte Patt zielt primär nicht auf den sK, sondern auf die Bewegungsunfähigkeit der schwarzen Figuren in ihrer Gesamtheit, und es darf das weiße Spiel eben nicht mit einem Schachgebot enden. In solcher Hinsicht (nur) liegt das direkte Patt weit ab vom direkten Matt, weiter als das Hilfsmatt, auch als das Selbstmatt, wo durchweg Könige bezwungen werden. Trotz derart relativer Bedeutungslosigkeit hebt sich der sK im Pattproblem allerdings durch seine Verletzlichkeit gegenüber Schachgeboten von den anderen schwarzen Figuren entscheidend ab. Dieser Umstand, gesteigert zu einem drohenden schwarzen Matt, ist das Kernstück des hier aufgeworfenen Themas. Und: Mit einer schwarzen Mattverteidigung gegen einen Pattangriff rückt wieder der sK in den Vordergrund!

Im direkten Matt gibt es zwei Pattverteidigungen: Das Gegenspiel kann auf schwarzes (eigenes) Patt oder auf weißes (gegnerisches) Patt zielen 2).

Jene Zielsetzung gilt als 'Normalfall', diese als Besonderheit (Balken-Thema). Demgemäß wäre im direkten Patt bei schwarzer Mattverteidigung danach zu unterscheiden, ob sie auf ein schwarzes oder auf ein weißes Matt ausgerichtet ist. Bei letzterem scheitert ein weißer Fehlversuch nicht daran, daß Schwarz sich (wie im oben beschriebenen 'Normalfall') matt setzen läßt, sondern seinerseits matt setzt! Diese Konfiguration ist in Aufgabe E gegeben. Zum Schlagen oder Blocken des beweglichen sBh4 eignet sich der wL, soweit er b2 gedeckt halten muß, nicht. Vielmehr muß, ehe der sB angegangen wird, durch Wegzug des wT (vorzugsweise nach b1, um nach h1 gelangen zu können) der sL herausgefordert werden. Erfolgt jedoch 1.Tb1? (droht 2.L:a1) sofort, wird der L geschlagen (1.- L:d4) - und Weiß (!) ist matt. Um den Hauptplan (wT nach b1) durchführen zu können, braucht zunächst der wL Schutz. Dies geschieht mit 1.Lg7! (Zugzwang), wonach auf 1.- h3 2.Tb1! spielbar ist; denn jetzt mündet L:L (2.- L:g7) nur noch in ein (harmloses) Schachgebot, das Weiß parieren kann: 3.K:g7 h2 4.Th1 =. Nebenvarianten sind 2.- L~\ 3.L:L h2 4.Th1 = und 1.- L:b2 2.L:b2 h3 3.Le5 h2 4.L:h2 =. Übrigens: Wird der wL durch 1.Td2? gedeckt, pariert 1.- L:d4+! 2.T:d4? - und Schwarz (!) ist matt. So findet sich in E (über Probespiel und Verführung) sowohl ein weißes als auch ein schwarzes Verteidigungsmatt.

E
Armin Geister

Urdruck

wKh8, wTb2b3, wLd4g8, wBf2h5h7, sKa4, sLa1, sBa5f3h4

=4 (8+5)

Selbst bei völlig unbeteiligtem sK ist ein ökonomisches Patt erstrebenswert. Nachtwächter sollten vermieden werden. Ein solcher ist der wT auf h1 (bei E am Ende der Hauptvariante) nicht; denn er ist als Block für den sB auf h2 im Sinne der Pattforderung unerläßlich (anders als würde der wT den sB schlagen und dann nutzlos sein). Sicherlich wirkt es oft besser, wenn die für das Patt notwendige Blockierung eines sB durch einen wB oder durch den wK erfolgt (wie am Ende der Hauptvariante von B).

Bereits die schwarze Verteidigung mit Herbeiführung eines weißen Mattzuges beim Fehlversuch eines weißen Pattangriffs, in der Lösung dann zum weißen Schachgebot abgewertet (wie bei B und D), mag Gedanken an das Berlin-Thema aufkommen lassen (schwarze Mattverteidigung gegen weißen Mattangriff). Stärker noch läßt sich das Berlin-Thema wohl assoziieren, wenn die schwarze Verteidigung auf Realisierung eines schwarzen Mattzuges (weißen Matts) angelegt ist, mit Entschärfung in der Lösung zum bloßen schwarzen Schachgebot (wie bei E). Allerdings fehlt hier die Pointe des Berlin-Themas, wonach zunächst der 'falsche' König ins Matt gerät, und es bleibt eben ein Unterschied, ob Weiß matt oder patt setzen soll. Gleichwohl hat mir das Berlin-Thema (in Verbindung mit dem Balken-Thema) den Weg zur "Mattverteidigung im Pattproblem" gewiesen, womit das gegen ein drohendes (weißes) Matt gelingende Patt gewissermaßen ein "Berliner Patt" wäre.

Fußnoten:
1) In den Jahren 1986-1997 veröffentlichte Gerhard Maleika eine stattliche Problemreihe mit der Forderung "Patt in 2 Zügen", und Nicolai Sinowjew ist mit einigen Mehrzügern vertreten (vgl. Gerhard E. Schoen: "Neue Längenrekorde im Direkten Patt-Wenigsteiner", Die Schwalbe, Heft 190, August 2001, S. 174 f).
2) Zu dieser von mir so getroffenen Unterscheidung vgl. meinen Beitrag "Eigenes und gegnerisches Patt" in der Schwalbe, Heft 269, Oktober 2014, S. 617ff.

 


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