Heft 271, Februar 2015

Kalenderblatt

Witali Tschechower

Schachmaty w SSSR 1952

wKa1, wTb7, wLb6, wBc2c3f2g3, sKc8, sDe6, sBd5f3g4

Remis (7+5)

Witali A. Tschechower (22.12.1908-11.2.1965) nahm als erfolgreicher Partiespieler an mehreren sowjetischen Meisterschaften teil, bevor er sich in den 1930er Jahren auf die Studienkomposition konzentrierte. Bevorzugt kombinierte er partieähnliche Stellungen mit paradox erscheinenden Lösungen, so auch im hier gezeigten Beispiel: 1.Tc7+ Kb8 2.Tc4!! Dieser Zug verhindert zwar 2.- D:b6 wegen 3.Tb4, aber sieht 2.- d:c4 nicht aussichtslos aus für Weiß? Tatsächlich gelingt es ihm aber, eine uneinnehmbare Festung aufzubauen mit dem wK auf b1 oder b2 und dem L auf der Diagonalen d8-h4 oder a7-e3\@. Spielt S Db5, geht der wK nach a1 zurück, um das Eindringen des sK über a3 mit einem L-Schach zu verhindern. Die weitere Zugfolge kann z. B.\ sein: 3.Ld4 De1+ 4.Kb2 Kb7 5.Lc5 Ka6 6.Ld4 Kb5 7.La7 De7 8.Ld4 Ka4 9.Ka2 Da3+ 10.Kb1 Ka5 11.Le5 Kb5 12.Lf6 Ka4 13.Ld4 De7 14.Kb2 De4 15.Kb1 Dd5 16.Kb2 Df5 17.Le3 Dh7 18.Ld4 und Schwarz kommt nicht weiter. Weiß darf den T nicht sofort hergeben (1.Ld4? K:b7), weil es dem sK dann gelingt, über c4 in die wStellung einzudringen.

Vor einem halben Jahrhundert verstarb auch Pehr Henrik Törngren (29.10.1908-19.1.1965), der ein bekannter schwedischer Psychoanalytiker war und sich in jungen Jahren intensiv mit Schachproblemen befasste. 1928 erschien sein Buch Schackproblemet: en handbok för alla problem vänner, das er gemeinsam mit (seinem Bruder?) Eric Törngren verfasste und das auch auf deutsch erschien. Es war das erste schwedische Problembuch, das über eine reine Aufgabensammlung hinausging. Später schrieb Törngren medizinische Fachbücher und übersetzte Schriften von Thomas Mann und Sigmund Freud.

Das amerikanische Brüderpaar Isador und Morris Hochberg kam um 1930 zum Schach und leitete einige Jahre den Problemteil des Chess Correspondent. Die 1911 bzw. 1913 geborenen Brüder teilten ein tragisches und kurzes, vor nunmehr 75 Jahren zu Ende gegangenes Leben. Noch im Kindesalter wurden beide in kurzem Abstand von einer schwerwiegenden Krankheit befallen, die zu weitgehender Lähmung führte und ihnen jede Bewegungsfreiheit nahm, es nicht einmal mehr ermöglichte, einen Zug auf dem Schachbrett auszuführen. Trotz ihrer Handicaps führten sie ein reiches intellektuelles Leben, in dem ihre redaktionelle Tätigkeit einen wichtigen Platz einnahm. In den wenigen Jahren, die ihnen fürs Schach blieben, gaben die Brüder ein Buch Chess Plays heraus, dem wohl weitere Bände folgen sollten, da sie es als "Band 1" kennzeichneten. Aber Anfang 1940 wurden beide innerhalb weniger Wochen Opfer ihrer Leiden und verstarben am 15.2. (Morris) bzw. am 8.5.1940 (Isador).

Rudolf Weinheimer

Der Strom 1934

wKf7, wDe8, wTa4d7, wBe2g3, sKe4, sTc2, sLd2, sSa2b4, sBc6e3e5f5h7

#3 (6+10)

Der Wiener Bäckermeister Rudolf Weinheimer (3.1.1862-28.2.1940) war "ein Komponist von Weltruf, und seine Aufgaben, meist Mehrzüger, zeichneten sich durch Tiefe der Anlage aus", schrieb die DSZ 1940 im Nachruf. Wir hatten ihm schon im Heft 253 (Februar 2012) zu seinem 150.\ Geburtstag eine Notiz gewidmet, jetzt jährt sich sein Todestag zum 75. Mal. Seine hier gezeigte Aufgabe böte heute bei einem Löseturnier sicherlich eine gute Gelegenheit, das Feld auseinanderzuziehen. 1.Df8 droht 2.Ke6 nebst 3.D:f5#, wogegen sich Schwarz mit 1.- Tc1 verteidigt, um auf f1 zu decken. Aber wie geht es weiter? Nach 2.Dh6 droht nichts - aber Schwarz muss sich verwundert die Augen reiben und hier völlig unerwartet feststellen, dass er in Zugzwang ist.

Joseph W. Abbott

Brentano's Chess
Monthly 1882

3. Pr. Int. Probl.-Turn. 1882

wKh1, wDa7, wLd1h4, wSc2c7, wBa5c5e3g2g6, sKe5, sSa4g1, sBc3e7f6g4h7

#4 (11+8)

Vor 175 Jahren wurde Joseph William Abbott geboren (5.2.1840-5.8.1923). In der seit 1865 erscheinenden technisch-wissenschaftlichen Wochenzeitung English Mechanic eröffnete er 1872 eine Schachspalte, deren Leitung er 1876 an James Pierce übergab (vgl. Kalenderblatt in Heft 266 - April 2014). Später (1888) redigierte Abbott auch kurz die berühmte Schachecke in den Illustrated London News. 1887 erschien seine Collection of 121 Chess Problems, eine Sammlung eigener Aufgaben. Wie damals üblich, enthält das Buch nur Diagramme mit unkommentierten Lösungen. Im Vorwort verrät der Autor, dass es sich ausschließlich um Nachdrucke handelt und er nennt 17 Probleme, die Turnierauszeichnungen erhalten haben - das aber "without entering into particulars of time and place." Die einzige Ausnahme bildet das hier wiedergegebene Titelproblem, zu dem "Time and Place" und auch die Art der Auszeichnung genannt werden: 1.Da8! [2.Dd5] 1.- Sb6 2.Sa3 S:a8 3.Sc4+ nebst 4.Lc2#; 2.- e6 3.Lc2 [4.De4, Lg3#] 3.- Sd5/f5 4.Sc4/Dh8#; 1.- e6 2.L:g4 [3.Lg3] 2.- Se2 3.Se8 nebst L# oder 2.- f5 3.Dh8+ Ke4 4.Dd4#; 1.- Kf5 2.Sd4+ K:g6 3.De8+ nebst 4.Sf5#. Die Preisrichter hoben seinerzeit die Schwierigkeit und Eleganz des Problems hervor.

Sören A. Sörensen

1309v DSZ 1862

wKc3, wTb6, wLd1, wSb4c2, wBa5e3f5, sKc5, sTc8, sLf8h7, sBb5e4e5

#3 (8+7)

Der dänische Kapitän, Schachspieler und Problemist Sören Anton Sörensen (31.1.1840-11.2.1896) gab mehrere Jahre das dänische Nordisk Skaktidende heraus, in dem er sich in erster Linie als Partie-Theoretiker äußerte. Als Problemist komponierte er mit Alfred Arnell viele Gemeinschaftsaufgaben, 1879 erschien in Kopenhagen eine von beiden herausgegebene Zusammenstellung der besten Probleme nordischer Komponisten aus dem Zeitraum 1858-1878\@. Sörensens hier wiedergegebener Dreizüger zeigt einen "Schlagrömer niederer Art" (so J. Breuer in seinem Buch zu Nr. 287) und erschien mehr als 40 Jahre vor dem Römer-Stammproblem: 1.Lh5? mit der Drohung 2.Lf7 scheitert an 1.- Lg6! 2.Sd4 Lf7!, daher 1.Lf3! L:f5 2.Sd4 Le6 3.S:e6#. Dass das römische Geschehen noch nicht in der Intention des Autors lag, zeigt die unlösbare Erstfassung, in der der wLd1 schon auf h5, der wSc2 auf e2 und der wT auf a6 stand, also keine römische Spur vorhanden war. Es ist ein kleiner historischer Witz, dass zu den Unlösbarkeit reklamierenden Lesern auch der damals 18-jährige Johannes Kohtz gehörte, der den Römer 1905 aus der Taufe hob.

Noch ein Kapitän, jetzt ein englischer: Vor 225 Jahren wurde William Davies Evans geboren (27.1.1790-3.8.1872), den die Schachwelt als Captain Evans in Erinnerung behalten hat, insbesondere die Partiespieler, für die er das im 19. Jahrhundert sehr aktuelle Evans-Gambit propagiert hatte. Eine auch heute noch bedeutendere Erfindung geht auf ihn zurück, nämlich die dreifarbigen (rot/grün/weiß) Positionslichter für Schiffe, die sich schnell international durchsetzte, weil damit die Sicherheit des Schiffsverkehrs bedeutend verbessert werden konnte. Als Problemist ist Evans nicht besonders hervorgetreten, doch es gibt einige um 1850 herum im Chess Player's Chronicle erschienene Viersteiner von ihm.(GüBü)

 


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