Sie befinden sich hier
Artikel | Seite |
---|---|
Frank Richter: Manfred Zucker 15.04.1938 - 23.10.2013 | 293 |
Aktuelle Meldungen | 294 |
Hans Peter Rehm: Stephan Eisert 70 | 297 |
Stephan Eisert: Schachnovelle | 300 |
Hartmut Laue: Volker Gülke, unser Jubilar! | 301 |
Armin Geister: Das Berlin-Thema im Hilfsmatt | 302 |
Hans Gruber: Dreizüger-Revue (6) | 304 |
Eberhard Schulze: Nochmal SEPA | 304 |
Hubert Gockel: Preisbereichte Sindelfingen | 305 |
Hartmut Laue: Selbstmatts im 9. WCCT | 307 |
Thomas Brand: Elsässisches Schach | 311 |
Entscheid im Informalturnier 2009, Abteilung Hilfsmatts in 2-3 Zügen | 313 |
Entscheid im Informalturnier 2010-2012, Abteilung Schachmathematik/Sonstiges | 318 |
Protokoll der Jahreshauptversammlung, Sindelfingen, 5.10.2013 | 322 |
Urdrucke | 326 |
Lösungen der Urdrucke aus Heft 261, Juni 2013 | 335 |
Bemerkungen und Berichtigungen | 350 |
Turnierberichte | 350 |
Manfred Zucker 15.04.1938 - 23.10.2013
Ein Nachruf von Frank Richter, Trinwillershagen
Die Nachricht von Manfreds Tod hat mich schwer erschüttert. Es ist unvorstellbar, ihn nicht mehr wiedersehen zu können, mit ihm über das Problemschach fachsimpeln oder einfach nur über das Leben allgemein quatschen zu dürfen. Mit seinem Ableben hat das Problemschach speziell in Sachsen, allgemein in Deutschland und weltweit eine seiner herausragendsten Persönlichkeiten und Protagonisten verloren. Manfreds Weggang hinterläßt eine Lücke, die nicht schließbar ist.
Es ist definitiv nicht übertrieben, wenn ich ihn nicht nur als meinen, sondern als problemschachlichen Vater einer ganzen Generation bezeichne. Noch sehr gut erinnere ich mich an meine ersten Schritte im Genre des Kunstschachs: In einem Urlaub in Oberwiesenthal bei meinen Großeltern versuchten mein Vater und ich, eines dieser merkwürdigen Schachrätsel mit der Unterschrift "Matt in zwei Zügen" aus der von einem "MZ" redigierten Schachspalte der Karl-Marx-Städter Tageszeitung Freie Presse zu entschlüsseln. Das war Mitte der 70er Jahre, die Materie war uns fremd und wir gaben nach einigen Stunden vergeblicher Löseversuche auf. Ein paar Jahre später las ich dann regelmäßig SCHACH, auch die Rubrik "Probleme+Studien", ebenfalls betreut von diesem MZ, und hier gelang es mir eines Tages, gleich vier Zweizüger zu lösen. Hocherfreut sandte ich meine Lösungen an MZ und war sehr überrascht, von diesem sicher vielbeschäftigten Mann alsbald persönlich Antwort zu erhalten, die mich zur weiteren Beschäftigung mit den Aufgaben ermutigte. Es folgten eigene Kompositionsversuche, jede meiner Einsendungen wurde postwendend von Manfred beantwortet - sehr freundlich, sehr motivierend eröffneten mir seine Briefe mit der charakteristisch-klaren, eigenwillig schräggestellten Handschrift die phantastische Gedankenwelt der Kompositionskunst, vermittelten mir grundlegende Kriterien und Werte und spornten mich an, endlich einmal ein veröffentlichungsreifes Problem zu bauen. Als das gelang, hatte ich das Gefühl, dass es Manfred fast noch mehr erfreute als mich.
Anfang der 80er Jahre durfte ich Jungspund ihn dann auch einmal persönlich besuchen. Seine unnachahmlich-freundliche Art sorgte dafür, dass ich mich sofort in der Welt der großen DDR-Problemschachnamen wie zu Hause fühlte. Und es war fast wie ein Ritterschlag, als er mich auf einem Lehrgang im Ostseebad Rerik ans Brett winkte und mir vorschlug, gemeinsam an einer Idee zu basteln. Auch das gehörte für ihn zur Nachwuchsförderung - uneigennützig, kooperativ und auf gleichberechtigter Ebene mit der Jugend umzugehen.
Rückblickend frage ich mich, woher er eigentlich die Zeit für all das nahm. Er stand mitten im Berufsleben, betreute zwei große Problemschachspalten mit hoher Erscheinungsfrequenz, großen Umfängen und Hunderten von Lösern, komponierte, preisrichterte, verfasste Artikel, fungierte als Turnierleiter, spielte Partieschach etc. etc. Und ich war bei weitem nicht der einzige junge Autor, der diese Förderung erfuhr, egal, wen man fragt, ob Trommler, Schreckenbach, Reinhold, Linß, Degener, Degenkolbe... - jeder von ihnen könnte genau dieselben Erfahrungen beschreiben wie ich auch. Genauso intensiv pflegte er den brieflichen Kontakt mit ausländischen Autoren. Eine gar nicht hoch genug einzuschätzende Leistung von ihm.
Viele andere Fakten, Erinnerungen, Würdigungen ließen sich an dieser Stelle noch aufzählen. Ich beschränke mich auf das bisher gesagte, und verweise auf die Bücher über MZ's problemschachliches Schaffen: "Ausgewählte Schachaufgaben" aus der Kuhn/Murkisch-Serie, "Ausgewählte Miniaturen" von W. A. Bruder sowie "Sachsendreier: Böttger - Fiebig - Zucker" aus dem Verlag udo degener. Abschließend sollen drei ausgewählte Aufgaben aus Manfreds umfangreichem Schaffen uns noch einmal den seinen Problemen eigenen Stil mit dem Qualitätssiegel "Typisch MZ" veranschaulichen - klare Ästhetik, sparsame Konstruktion, attraktiv und löserfreundlich. Sie repräsentieren die Genres, die er am meisten liebte und bearbeitete: den logischen Mehrzüger, das Selbstmatt und Stücke mit der weißen Dame und ihrem Kavalier (dem Springer).
Du fehlst uns, Manfred! Sehr!
Manfred Zucker
Problemturnier des DSV
der DDR 1972
2. Preis
#6 (4+7)
Manfred Zucker
Schach 2002
4. Preis Inf.-T. 2002/03
s#7 (5+4)
Manfred Zucker
Schach 1994
s#10 (3+6)
Das Berlin-Thema im Hilfsmatt
von Armin Geister, Berlin
Das Berlin-Thema, wonach eine Matt-Verteidigung im Probespiel zu bloßem Schachgebot abgewertet wird 1), ist insofern außergewöhnlich, als hier das Matt (das Ziel des Schachspiels) thematisiert erscheint - mit der Pointe, daß zunächst (vom Probespiel her) die 'falsche' Seite, die, die matt setzen soll, selber matt gesetzt wird.
Erik Zierke hat die Spannweite des Berlin-Themas, dem vor allem Ralf Krätschmer seit Jahren verbunden ist, kürzlich in einem beeindruckenden Aufsatz gründlich dargelegt 2). Dort finden sich neben den vorherrschenden orthodoxen Kompositionen auch Selbstmattprobleme, Studien und sogar eine Märchenaufgabe (Rex multiplex). Das Hilfsmatt jedoch bleibt ausgespart. Es scheint in das logische Gefüge des Berlin-Themas nicht recht zu passen. Ein strategisches Ringen, bei dem ein Versuch an einem Gegenspiel scheitert, ist dem Hilfsmatt wesensfremd. Jedoch: Was bei streng logisch angelegten Werken als Probespiel gilt, das mag im Hilfsmatt ein entsprechend konstruierter Fehlversuch sein, in dessen Verlauf Weiß (!) schneller als Schwarz matt gesetzt wird. Hier, wo Weiß und Schwarz kooperativ ein schwarzes Matt (von der Duplexform sei abgesehen) herbeiführen sollen, wäre das Berlin-Thema derart zu erfüllen, daß eine zur Lösung gehörende Zugfolge (analog zum 'Hauptplan', vorschnell gespielt, in ein weißes Matt mündet, welches im Rahmen der richtig gesetzten, zur Lösung führenden Zugfolge zu einem harmlosen Schachgebot gerät - mit folgendem schwarzen Matt.
In strenger Auslegung dürfte der thematische Fehlversuch nur am weißen Matt scheitern, nicht auch an einem anderen Umstand. Könnte Weiß (in gedanklicher Konstruktion) das ihn matt setzende Schachgebot zurückweisen, müßte ein schwarzes Hilfsmatt im Rahmen der geforderten Zügezahl möglich sein. Indessen haben sich die Definitionen für das Berlin-Thema seit 1975 verschiedentlich gewandelt 3). Man könnte meinen, für das ohnehin eigenständige ('unlogische' Hilfsmatt sei eine offen weiterentwickelte Auslegung des Berlin-Themas (wie zitiert) gerade passend. Gleichwohl neige ich bei meinen Betrachtungen zu jener Definition von 1975, wo weder auf das explizite Merkmal der Transformation eines weißen Matts in ein schlichtes Schachgebot verzichtet noch die weiße Parade auf ein Fluchtfeld für den wK eingeschränkt wird (möglich ist auch eine Linienverstellung).
Auch im Hilfsmatt stellt es sich als Herausforderung dar, auf 'berlinische' Weise zwei (auf Weiß und Schwarz verteilte) Mattnetze zu spinnen. Aber nicht zuletzt die bald vierzig Jahre alte Geschichte eben des Berlin-Themas belegt eindrucksvoll, daß Sperriges mit der Zeit gelockert und zugleich entfaltet werden kann. In solchem Sinn sei der Versuch unternommen, die Idee anhand von drei auf unterschiedliche Art beispielhaften Aufgaben zu verdeutlichen - in der Hoffnung, damit zu weiteren Gedanken und kompositorischen Vertiefungen anzuregen.
A) Armin Geister
Urdruck
h#3 (2+6)
B) Armin Geister
Urdruck
h#2 (4+9)
Vielleicht können mögliche grundsätzliche Bedenken gegen die Konstruktion einer Pseudo-Logik im Hilfsmatt durch Beispiele wie A und B (und sonstige) nicht ausgeräumt werden; jedoch selbst bei ablehnender Haltung lassen sich wohl einer zumindest sinngemäßen Übertragung des Berlin-Themas auf das Hilfsmatt manche Reize abgewinnen. - Im übrigen: Auch jenseits von 'logischem' Haupt- und Vorplan sind Hilfsmatt-Kompositionen mit Bezug zum Berlin-Thema vorstellbar, wenn man sich Überlegungen von Hemmo Axt zuwendet 4). In den Beispielen A und B sind die Fehlversuche 1.Tb1? bzw. 1.Th7? keine regelrechten Verführungen; guten Hintersinn erhalten diese Züge lediglich durch ein Muster, wie es von 'logischen' Planverknüpfungen her geläufig ist. Anders verhält es sich, wenn die Fehlversuche als echte (eigenständige) Verführungen anzusehen sind. Für das Berlin-Thema im Hilfsmatt würde es bedeuten, daß hier eine thematische Verführung ins weiße (!) Matt, die Lösung dagegen in ein für Weiß (und bezüglich des gemeinsamen Ziels, Schwarz matt zu setzen!) harmloses Schachgebot münden müßte.
C) Armin Geister
Urdruck
h#3 (4+14)
1) "Ein weißer Angriff führt allein deswegen nicht zum Ziel, weil Schwarz schneller als Weiß das Matt erreicht (Probespiel). Der schwarze Mattzug wird in der Lösung durch ein oder mehrere zusätzliche Manöver zu einem unschädlichen Schachgebot abgewertet" (so für das Thematurnier der Deutschen Schachblätter, März 1975).
2) Erik Zierke: "Wie läßt sich das Berlin-Thema attraktiv darstellen? - für Ralf Krätschmer, der es sich gewünscht hat" (Die Schwalbe, Heft 259, Februar 2013, S. 7ff)
3) Zunächst: "Ein logisches Probespiel endet unmittelbar nach dem weißen Erstzug im weißen Matt. Ein Sicherungsplan verschafft dem weißen König ein Fluchtfeld, wodurch der Mattzug des Probespiels in der Lösung zum harmlosen Racheschach wird." Schließlich: "Das Berlin-Thema liegt vor, wenn ein logisches Probespiel (bzw. Kontrollspiel) zum Matt des falschen Königs führt. Der Mattzug ist notwendig, um mindestens ein Hindernis nachzuweisen." (so im genannten Aufsatz von Erik Zierke auf den Seiten 7 f)
4) Thematische "Verführungen im Hilfsmatt" sind jüngst in einem Aufsatz von Hemmo Axt dargestellt und analysiert worden (\textsl{Die Schwalbe}, Heft 258, Dezember 2012, S. 654ff).
Impressum Datenschutz
Anschriften: siehe Vorstand
Internetauftritt: Gerd
Wilts