Heft 264, Dezember 2013

Todesfälle

Mario Matouš

1. Pr. Posalek/Vlasek-60-JT

Studie des Jahres 2007

wKh8, wTh5, wLg7, wSd8f3, wBc6d3e6, sKd6, sTc2, sLa3, sSa8e2, sBa5b2c7e7f4g3

#3 (3+5)

Der tschechische Studienkomponist Mario Matouš verstarb Anfang Juli im Alter von 66 Jahren (16.6.1947 - 4.7. 2013). Er konnte in den letzten Jahren viele schöne Erfolge verzeichnen; ein ganz besonderer war sicherlich die Zuerkennung der "Studie des Jahres" 2007 für das folgende Stück. 1.Kf2 (1.D:f1+? Kh2 2.Df2+ Lg2 3.Dh4+ Kg1 4.Df2+ ergibt nur remis, und auf 1.Dh4+? Sh2 gewinnt Schwarz.) Jetzt droht Weiß 2.D:f1+ Kh2 3.Dg1+ Kh3 4.Dg3#. 1.- Lg2 (1.- Da6? 2.Lf3+ oder 1.- Sh2? 2.Lf3+ L:f3 3.Dc1+ gewinnt leicht) 2.Lf3 erneuert die Mattdrohung..2.- Dg7 3.Dh4+. Nicht 3.D:f1+? Kh2 4.Dg1+ Kh3 5.L:g2+ Kh4 6.Dh2+ Kg5 7.Dg3+, weil Schwarz die Dame mit 7.- Kf6 decken kann. Weiß manövriert daher in der Folge die sD auf ein entfernteres Feld. 3.- Sh2 4.Dh8!! Dg6 Die wD ist wegen der Mattdrohung auf g2 tabu. 5.Dh7 Dg5 6.Dh6 Dg8. Hier kann die sD nicht mehr vom sK gedeckt warden, daher 7.Dc1+ Sf1 8.D:f1+ Kh2 9.Dg1+ Kh3 10.L:g2+ Kh4 11.Dh2+ Kg5 12.Dg3+ nebst 13.D:g8 und W gewinnt.

Der Tod griff noch weitere Male viel zu früh zu: Alexander Lehmkuhl (23.7.1950 - 20.8.2013) gehörte zu meinen Problembekannten der ersten Stunde, als ich Mitte der 1970er Jahre in dieses Metier eintauchte. Später wurde es ruhig um ihn, bei einem gelegentlichen Wiedererscheinen erzählte er von philatelistischem Engagement. Erst in den letzten Jahren kam er wieder zu Treffen. Jetzt ist er einer Krankheit erlegen. - Der israelische Komponist Theodor Tauber (18.8.1950 - 3.9.2013) war Märchenschachspezialist und besuchte auch einige Male das Andernacher Treffen. Ich erinnere mich noch gern an einen Tagesausflug in seinem Auto, zu dem TT am Rande des PCCC-Treffens 1999 in Netanya John und Ann Rice sowie mich einlud. Er zeigte uns damals eine Reihe von Sehenswürdigkeiten entlang der israelischen Küste bis kurz vor die libanesische Grenze. - Als "Problemfreund, Schach-Enthusiast, Förderer und Lehrmeister..." wird Manfred Zucker (15.04.1938 - 23.10.2013) in der Zeitschrift Schach, deren Problemteil er von 1973 bis 2000 redigierte, gewürdigt. Für die Schwalbe hat Frank Richter einen Nachruf auf "MZ" verfaßt.

Kalenderblatt

Vor fünfzig Jahren verstarb der italienische Studienkomponist Rinaldo Bianchetti (17.11.1882-21.11.1963), der Mitte der Zwanziger Jahre und dann noch einmal von 1946-1957 Studienredakteur von L'Italia Scacchistica war. Sein 1925 veröffentlichter Contributo alla teoria dei finali di soli pedoni wurde 1932 herangezogen, um einen Plagiatsvorwurf gegen Marcel Duchamps und Vitaly Halberstadt zu begründen, den die so Beschuldigten aber entschieden zurückwiesen. Der Streit kann in L'Italia Scacchistica 1932, S. 273-274 und in L'Echiquier 1932, S. 1810-1811 nachgelesen werden.

K. A. K. Larsen

Tijdskrift NSB 1930

1. Preis

wKh8, wDg8, wTc8e3, wLa4b8, wSe6e8, sKd5, sDd2, sLa1b1, sSa5e4, sBb6c3e2e7f6

#2 (8+11)

Karl Adolf Koefoed Larsen (2.5.1896-22.12.1963) darf man wohl als den bedeutendsten dänischen Problemisten bezeichnen. Er entstammt einer Schachfamilie, denn schon sein Vater Peter Andreas Larsen (1868-1946) war ein erfolgreicher Studien- und Problemkomponist und ein Bruder leitete später einen der größten dänischen Schachvereine. KAK Larsen - unter diesem Kürzel wurde er bekannt - debutierte 1912 als Komponist mit einem Zweizüger. 1923 machte er zusammen mit R. Prytz den Vorschlag, einen dänischen Problemistenverband zu gründen, aber es sollte noch bis 1932 dauern, bis es dazu kam. Aus seinem Schaffen in dieser Zeit hier ein Zweizüger: 1.Dg4 [2.Df5], auf 1.- Se~ folgt 2.Td8. Schwarz hat mit Sc5 und Sd6 zwei Verteidigungen zweiten Grades, auf die Weiß dualvermeidend mit 1.- Sc5 2.S6c7 und 1.- Sd6 2.S8c7 fortsetzt. Ein großartiges Problem, schwärmte Josef Breuer und wies auf die Thema B I-Nutzung nach Thema B II hin. Auf 1.- Sc4/Dd4/c2 folgt 2.Lc6/Sf4/D:e4.

Vor 75 Jahren verstarb der russische Studienkomponist Sergej Michailowitsch Kaminer (26.8.1908-2.11.1938), der mit nur 30 Jahren ein Opfer stalinistischer Verfolgung wurde. Über ihn erschien zum 100. Geburtstag eine Notiz in Heft 232.

Es gab zwei Bremer Schachspieler und Problemisten mit dem Namen August Kohlrausch, Vater und Sohn. Der vor 75 Jahren verstorbene Senior (27.12.1865-10.11.1938), Ehrenmitglied der Bremer Schachgesellschaft, sah die Problemkunst als sein eigentliches Gebiet an. Er komponierte mehrere hundert Aufgaben, die aber wohl heute, wo der Begriff "Bremer Problemist" in erster Linie als Umschreibung von GM Herbert Ahues verstanden wird, weitgehend vergessen sind. Umso erfreulicher ist, dass der Bremer Schachverband in diesem Jahr vor der ebenfalls in Bremen durchgeführten deutschen Meisterschaft eine erste Bremer Lösemeisterschaft organisierte, dieses Turnier als August-Kohlrausch-Memorial bezeichnete und damit auf eine breitere historische Basis hanseatischen Problemschaffens hinwies.

Wazlaw Hebelt

Schachmaty w SSSR 1952

1. Preis

wKh8, wTh5, wLg7, wSd8f3, wBc6d3e6, sKd6, sTc2, sLa3, sSa8e2, sBa5b2c7e7f4g3

#3 (8+11)

Der weißrussische Komponist Wazlaw Hebelt, häufig auch mit Gebelt transkribiert, wurde vor 100 Jahren geboren (10.12.1913-16.10.1999). Er publizierte hauptsächlich Zwei- und Dreizüger; hier ein Beispiel: 1.Lc3 [2.Se5 ~/Kc5 3.Sef7/Sc4#]. Der L kann nicht gut genommen werden wegen 1.- T:c3/S:c3 2.Sd2/Sd4. Daher 1.- Lb4 2.Le5+ Kc5 3.L:c7# oder 1.- Sb6 2.Sg5 Kc5 3.Se4# mit Modellmatts und Fernblocks auf b4 bzw. b6.

Vor 150 Jahren wurde in dem Dorf Kuczurmare in der Nähe des damals zur habsburgischen k.u.k.-Monarchie gehörenden, heute in der Ukraine gelegenen Czernowitz Georg Marco geboren (29.11.1863-29.8.1923). Dort entwickelte er sich auch schon früh zu einem guten Schachspieler. Als er 1882 in Wien ein Medizinstudium begann, stürzte er sich intensiv und mit Erfolg ins dortige Schachleben. Eine krankheitsbedingte längere Unterbrechung seines Studiums bedeutete letztendlich dessen Abbruch und Marco entschied sich 1890 für die - wie er es 1914 nennt - dornenvolle Laufbahn eines Schachmeisters. Neben seinen Turnieraktivitäten widmete er sich ganz besonders der Schachpublizistik. 1898 gründete er die Wiener Schachzeitung, die er bis zu ihrem vorläufigen Ende 1916 herausgab und zu einem der bedeutendsten Schachmagazine machte. Daneben gab er einige Turnierbücher heraus und arbeitete zusammen mit Eduard Mazel, dem Problemredakteur seiner WSZ, an einer großangelegten "Problemgalerie", die nichts weniger beabsichtigte als "der Schachwelt die Geistesschätze aller Problemheroen aller Nationalitäten möglichst vollständig zu einer Enzyklopädie vereint zugänglich zu machen". Kein Wunder, dass dieses Projekt damals nicht realisiert werden konnte. Was davon in Marcos Nachlass gefunden wurde, gab Josef Krejcik 1924 unter dem Titel Meister des Problems heraus. Es enthält Aufgaben von Cheeny (110), Healey (110), Anderssen (94), Schrüfer (157), Mendheim (148), Shastree (125), Cywinski (37) und eine von de Boer.

J.B. of Bridport

Ill. London News 29.4.1854

wKb5, wDg2, wTc1, sKd3, sBd4h5

#3 (3+3)

12 Tage vor Georg Marcos Geburt verstarb der Komponist John Brown, in der Problemwelt besser bekannt als J. B. of Bridport (30.5.1827-17.11.1863). Er war Mitte des 19. Jahrhunderts einer der bedeutendsten englischen Komponisten und ist der Übergangsphase zuzurechnen, in der sich das Problemschaffen als selbständige Kunstform vom Partieschach löste. Nach seinem frühen Tod - er starb mit 36 Jahren an Tuberkulose - gaben Freunde 1865 eine Sammlung seiner Aufgaben unter dem Titel Chess Strategy heraus; heute eine begehrte Rarität für Büchersammler. Viele seiner Probleme erschienen in Stauntons Schachspalte in der Illustrated London News, so auch das hier gezeigte Stück: Nach 1.Ta1? Ke3! entkommt der sK, aber nach 1.Th1! Ke3 2.Th4 Kd3/d3 folgt 3.Th3/Te4#. Die schönste Variante ergibt sich aber nach 1.- Kc3 2.Th2 Kb3/d3 3.Db2# und zeigt einen Pseudo-Turton, denn Th1 geschieht nicht wegen der Verdopplung auf h2, sondern um die vierte Reihe zu kontrollieren. Erst kürzlich hat sich ein englischer Schachspieler und Hobby-Geschichtsforscher aus der Umgebung von Bridport mit John Brown befasst und einige interessante Details zu seiner Biographie herausgefunden. Er setzt sich dafür ein, das auf dem Friedhof von Bradpole gelegene Grab von John Brown zu restaurieren. [GüBü]

 


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