Kalenderblatt
Die Erinnerung an unseren ehemaligen
Mehrzüger-Sachbearbeiter Rainer Ehlers
(18.09.1963-7.10.2011) ist noch zu frisch, um hier aus Anlass
seines 50. Geburtstags viel zu schreiben. Kürzlich erst ist
der Einsendeschluss zu seinem von der Schwalbe ausgeschriebenen
Gedenkturnier abgelaufen, der Preisrichter ist an der Arbeit.
Auch an Ludwig Zagler (26.9.1938-30.11.2007),
der jetzt 75 Jahre alt geworden wäre, werden sich noch viele
erinnern.
Jean Bertin (30.5.1901-3.11.1988) war
Mitarbeiter der ersten Stunde bei der französischen
Problemzeitschrift Thèmes 64, deren Kasse er von
1956 bis 1974 führte. Schon zuvor trat er in einer
Tageszeitung als Redakteur einer Problemspalte hervor und
publizierte 1951 eine Monographie über Georges Legentil, der
später weitere Bücher folgen sollten, u. a. über
Pierre Drumare (1985). Sein 1964 erschienenes Initiation
au problème d'échecs wurde in Frankreich zu einem
Standardwerk der Schachkomposition. Ich nahm Bertin, der vor 25
Jahren verstarb, noch bei einigen Treffen in den 80er Jahren als
einen sehr freundlichen ruhigen alten Herrn wahr, ohne aber mit
ihm in näheren Kontakt gekommen zu sein.
Leon Loewenton
FIDE-Revue 1955
5. Platz im 1. Wettbewerb
Gewinn (4+3)
Vor einem halben Jahrhundert verstarb der Problemist und
Partiespieler Leon Loewenton
(6.1.1889-23.9.1963), der für sein Heimatland Rumänien
an der ersten Schacholympiade 1924 antrat und nebenher einen
257-Züger komponierte, den er den Teilnehmern des Turniers
widmete. Loewenton komponierte sehr vielseitig, in seinen
letzten Jahren emigrierte er nach Frankreich (1962) und
beschäftigte sich intensiv mit s#-Längstzügern,
Hilfsmatts und mit der Retroanalyse (er leitete er die
Retro-Abteilung von Europe Echecs). Unter seinen etwa
1200 Kompositionen finden sich ungefähr 50 Studien, eine
sehr prägnante Miniatur sei hier wiedergegeben (s. Diagr.):
Bei der gegebenen Materialkonstellation scheint der Gewinn
illusorisch, aber W kann die bedrängte Stellung des sK
ausnützen. 1.Tg1! T:g1 (nach 1.- Td2 2.Tc1! sieht sich
Schwarz plötzlich einer tödlichen Bedrohung auf c8
gegenüber) 2.L:d4 mit Mattdrohung auf b6, daher 2.- Tc1
3.Lb6+ Tc7. Die Gefahr scheint gerade noch abgewendet, aber nach
dem ruhigen 4.Kg8! gehen der sT und die Partie verloren.
Georg Ernst
Zum Gedenken
C. Kockelkorns
15074vv Dt.Wochenschach
9.3.1919
(Korrektur GüBü)
#5 (9+11)
Georg Ernst (26.12.1876-20.9.1938) begann in
den 1890er Jahren, sich mit Problemschach zu befassen. Als er
1905 Das Indische Problem kennenlernte, war er fasziniert
und wurde ein begeisterter Anhänger der neudeutschen
Schule, der sich auch publizistisch zu Wort meldete,
insbesondere von 1911-1916 als Leiter der Problemspalte im
renommierten Deutschen Wochenschach. Daneben schrieb er
eine Reihe von Artikeln mit schachhistorischem oder
problemtheoretischen Hintergrund, u. a. den Artikel über
Szirmay in der berühmten Festschrift 1911 des Akademischen
Schachclubs München. Eine NL in seiner hier gezeigten
Kockelkorn-Gedenkaufgabe wurde bei der Erstveröffentlichung
im Deutschen Wochenschach nicht entdeckt, erst bei einem
Nachdruck 1939 in den Deutschen Schachblättern
gefunden und damals unzureichend korrigiert. Jetzt geht der
Kampf um die große Diagonale nur noch im beabsichtigten
Sinn: Weiß möchte mit Kc6 den Bb7 decken und damit
a7# drohen, aber das scheitert zunächst an der Öffnung
der Diagonalen durch 1.- d4+. Daher 1.Se4! (jetzt droht 2.Kc6 -
aber auch Sc5 oder Sd6), daher stellt Schwarz die bisherige
Konstellation wieder her durch 1.- d:e4. Es folgt 2.Tf3 mit
erneuter Verstellung und der unmittelbaren Drohung Tf8#, daher
noch einmal das gleiche Manöver: 2.- e:f3, wonach
Weiß im Rücken des nach f3 gelenkten Bauern die
Diagonale erobert: 3.Le4 T:e4 und jetzt 4.Kc6 nebst 5.a7#.
Wie sein Bruder Hans war auch Paul F. Johner
(10.9.1887-25.10.1938) Musiker von Beruf und ein starker
Schachspieler; beide wurden mehrfach Landesmeister der Schweiz.
Daneben widmeten sich beide der Schachkomposition. Paul Johner,
der seit Beginn seines Musikstudiums in Deutschland lebte, wurde
stark beeinflusst durch Kohtz und Kockelkorns Das Indische
Problem. Obwohl in Berlin lebend, leitete er viele Jahre die
Schachspalte der Züricher Post und stand damit
gewissermaßen in direkter Konkurrenz zu seinem Bruder,
dessen Publikationsorgan die Neue Zürcher Zeitung
war.
Der gebürtige Mecklenburger Friedrich A. L.
Kuskop (23.10.1844-26.10.1938) wanderte 1881 nach Neuseeland aus
und befasste sich erst dort eingehender mit dem Schachspiel. Nach
seiner Erblindung 1893 begann er mit dem Lösen und
Komponieren von Schachproblemen und schuf etwa 400 Probleme, von
denen viele in Turnieren ausgezeichnet wurden. Seine Karriere als
Problemkomponist ist vergleichbar mit derjenigen des bekannteren
A. F. Mackenzie, der ebenfalls einen Großteil seiner Werke
blind komponierte und dessen Probleme 1905 im ersten Band der
Christmas Serie von A. C. White publiziert wurden. Eine seiner
letzten Aufgaben sandte der 90jährige Kuskop an die Schwalbe,
es erschien im ersten Heft des Jahrgangs 1934.
Pierre Drumare
Thèmes 64 1968
1. Preis
#4 (15+11)
3
wTürme; 3 wNachtreiter
Im Jahre 1913 wurde ein Thema formuliert, das über lange
Zeit als unbezwingbar galt, bis es schließlich Leonid
Jarosch vor nunmehr 30 Jahren als erstem gelang, den Babson-Task
darzustellen. Nicht nur die Formulierung des Themas, sondern
auch die Geburt einer der Hauptfiguren im Ringen um seine
Darstellung, des Franzosen Pierre Drumare
(26.10.1913-15.4.2001) liegen jetzt 100 Jahre zurück.
Drumare begann Anfang der 1950er Jahre, sich mit Problemschach
zu befassen und gehörte bald danach zu den Gründern
der "Amis du Problème d'\'Echecs", die die Zeitschrift Thèmes
64 herausgaben. Drumare komponierte nur wenige Aufgaben (etwa
70), was durch seine zeitraubende Beschäftigung mit Tasks
erklärt werden kann; insbesondere der Babson-Task legte ihn
im produktiven Sinn lahm. Sein Freund Jean Bertin hatte seinen
Ehrgeiz geweckt als er Drumare darauf hinwies, dass dieser Task
schon seit langem jedem Realisierungsversuch widerstand. Die
Folge waren eine 22 Jahre anhaltende tägliche Arbeit am
Thema, bevor er trotz einiger bemerkenswerter Zwischenerfolge
(Beispiel mit Nachtreitern statt Springern s. Diagr.,
Lösung 1.c:d3 droht 2.Ng3#. 1.- f1D 2.h:g8D (droht 3.Nf8
nebst 4.Nd4#) 2.- Df3 3.D:g4 D:g4 5.D:g4# oder 2.- D:g1 3.T:g1
nebst 4.Ld1#; 1.- f1T 2.h:g8T T:f3 3.Tg4 T:f4+4.T:f4# oder 2.-
Tg1 3.T:g1, 4.Ld1#; 1.- f1L 2.h:g8L g3 3.Lgb3 T:d3 4.Lb5#; 1.-
f1N 2.h:g8N (Zugzwang) 2.- Nh2/N:g3+ 3.N:g3+ Kf2 4.N8e4#, 2.-
N:h5 3.N:h5 nebst 4.Nhg3#, 2.- g3 3.d4 oder 3.Nh6, Nh3) 1982
resigniert in Thèmes 64 seine Gewissheit
verkündete, dass die vierfache Echo-Umwandlung niemals in
einem orthodoxen Problem dargestellt werden könne. Im PS zu
diesem Artikel ruft er Peter Hoffmann noch ein Bravo! zu
für dessen damals gerade in der Schwalbe publizierte
Fassung mit illegaler Stellung; ein "Monster", wie er selbst
auch schon eines geschaffen hatte. - Und dann sollten nur noch
knapp sechs Monate vergehen, bis das Erscheinen der
Jarosch-Aufgabe die Problemwelt wie einen Donnerschlag
aufrüttelte. In der Folge gab es schnell weitere
Darstellungen, darunter dann auch eine von Drumare.
- Zum Babson-Jubiläum haben Peter Hoffmann und Erik
Zierke übrigens eine umfangreiche Dokumentation erstellt,
die auf www.berlinthema.de zu finden ist. [GüBü]
WFCC: Beim diesjährigen Treffen im
georgischen Batumi wurde dem Antrag der Schwalbe stattgegeben,
die in den verspätet herausgekommenen Heften 257 (Okt. 12)
und 258 (Dez. 12) erschienenen Originale für das FIDE-Album
2010-2012 zuzulassen: "The originals published in the October
2012 and December 2012 issues of Die Schwalbe, which
appeared in February-March 2013, are allowed to participate in
the 2010-12 album." heißt es auf der WebSite der WFCC. Die
im Rahmen des WCCC ausgetragenen Löseweltmeisterschaften
ergaben an der Spitze ein gewohntes Bild: Polen gewann mit der
Mannschaft zum fünften Mal in Folge Gold. Der zweite Platz
ging an Deutschland (wie schon 2012), Bronze sicherte sich
Serbien. In der Einzelwertung kam es zum gleichen Resultat wie
2012 in Kobe: Piotr Murdzia vor Arno Zude und Kacper Piorun
lautete der Einlauf.