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Rainer Ehlers (18.9.1963 - 7.10.2011) zum Gedenken
Ein Nachruf von Carsten Ehlers (Braunschweig)
Am 7. Oktober verstarb, wie bereits im Oktober-Heft kurz vermeldet, mein Bruder Rainer, unser amtierender Sachbearbeiter für Mehrzüger, an den Folgen seiner schweren Krebserkrankung. Diese war 1989 während seines Studiums aufgetaucht und wurde damals zunächst scheinbar besiegt, freilich auf Kosten eines strahlengeschädigten rechten Beines, das immer mehr Probleme machte, so daß 2007 der Unterschenkel amputiert werden mußte. Die Krebserkrankung kehrte jedoch 2005 in Form von Lungenmetastasen zurück, gegen deren Wachstum es kaum ein Mittel gab.
Mit dem Problemschach kamen wir über die Schachecke der Landeszeitung für die Lüneburger
Heide (kurz: LZ) Ende 1986 in Berührung, damals redigiert von Godehard Murkisch.
Ein Zweizüger von Wichard von Alvensleben mit sehr versteckter Lösung faszinierte uns,
danach versuchten wir uns oft im Team an der Lösung der Urdrucke.
Nach zwei Jahren begannen die ersten Kompositionsversuche, und von Anfang an zeigte Rainer hier
mehr Talent als ich. 1989 erschien in der LZ sein Erstling, ein Dreizüger.
Als Godehard Murkisch 1999 die LZ-Schachecke nach 20 Jahren abgeben wollte und die Zeitung sie
durch eine reine Nachdruck-Ecke ersetzen wollte, gehörte Rainer zu den Vorkämpfern für
einen Erhalt. Auf seine Initiative hin gingen Protestschreiben einer Reihe namhafter
Schachfreunde bis hin zu Großmeistern bei der Chefredaktion ein - mit Erfolg:
man folgte nun Murkischs Vorschlag, die Redaktion Hanspeter Suwe zu übertragen.
Als regelmäßiger Teilnehmer an der Lüneburger Problemrunde, die bis heute halbjährlich
stattfindet und die er nach dem Tode Winfried E. Kuhns,
der uns in seiner ureigenen Art den liebevoll-ironischen Namen "Ehlers-brothers" gegeben hatte,
zusammen mit mir organisierte, beschritt Rainer auch den steinigen Weg der Nachwuchssuche und
-pflege, z. B. mit Aushängen an der Uni. Leider blieb das Echo darauf gering.
Im Jahr 2002 organisierte Rainer mit Winfried E. Kuhn und Claus Wedekind, die leider 2004
verstarben, das Schwalbe-Treffen in Bad Bevensen. Als er kurz darauf gefragt wurde, ob er in
Nachfolge von Gerhard E. Schön die Mehrzügerspalte in der Schwalbe übernehmen
würde, hatte er sich längst auf orthodoxe Mehrzüger spezialisiert.
Dennoch war er überrascht, daß man ihm als relativem Neuling die Kompetenz zutraute.
Er selbst tat es und leitete die Spalte von Juni 2003 bis Oktober 2011 mit großem
Engagement, in den letzten Jahren assistiert von mir. Schwache eingesandte (insbesondere nicht
auskomponierte) Probleme bereiteten ihm schlechte Laune, eine schöne Einsendung konnte ihm
den Tag aufhellen. Er prüfte kritisch den Gehalt der Einsendungen und ging Streit um
Themendefinitionen nicht aus dem Weg. Obwohl er stets um die Sache bemüht war, resümierte
er noch vor kurzem, er habe wohl eine
Handvoll Komponisten vergrault, die mit seiner Einschätzung ihrer Aufgaben nicht
einverstanden gewesen seien - für acht Jahre Spaltenleitung aber bekanntermaßen keine
hohe Zahl. Andererseits erschienen mehrere Aufgaben, zu denen er im Hintergrund Verbesserungen
beigetragen hatte.
Anfragen, ein Preisrichteramt zu übernehmen, erteilte Rainer allerdings stets eine Absage.
Abgesehen von dem Zweifel, sich beizeiten aufraffen zu können, konnte er seinen
Gesundheitszustand nie für lange Zeit in die Zunkunft abschätzen. Die Mehrzüger-Rubrik
der Schwalbe übernimmt nun mit Hans Peter Rehm ein Experte, wie man ihn sich
renommierter und kompetenter nicht wünschen kann.
Krankheitsbedingt hat Rainer nie sein Studium der Betriebswirtschaft abgeschlossen oder einen Beruf ausgeübt. Neben dem Problemschach und allen Sparten der Naturwissenschaften, in denen er über ein hervorragendes Wissen verfügte, interessierten ihn auch Reime und Wortspiele. So trug er eine ganze Reihe von Schüttelreimen zum Thema Schach zu dem Büchlein Wenn mich der Wecker wachschellt..., 2007 herausgegeben von Andreas Thoma, bei. Zu Hans Peter Rehms Siebenzüger (1. Preis Die Schwalbe 1993) reimt er darin: "Rehms Damentänze füllen Hallen, auch wenn dort keine Hüllen fallen", und zu den Schwalbe-Förderungsturnieren fiel ihm ein: "Zipf tut sich allenthalben schwer: Wo kriegt man Nachwuchs-Schwalben her?"
Bis zu seinem Tod hat Rainer ca. 47 Aufgaben (drei davon zusammen mit mir) veröffentlicht, von denen über 20 ausgezeichnet wurden, sechs davon mit Preisen. Bekannt und ausgezeichnet wurde Rainer vor allem wegen seiner logischen Mehrzüger mit Schnittpunktkombinationen, ganz vereinzelt komponierte er auch Zwei- und Dreizüger und Retro- und Hilfsmattaufgaben. Da er in letzterem Genre zunächst nicht unter seinem Namen auftreten wollte, entwickelte er ein Pseudonym in Form eines Anagramms: als Lars Rügenheuer, Berlin = Rainer Ehlers, Lüneburg nahm er an mindestens einem Turnier teil.
Im Mehrzüger war ihm immer wichtig, neue Ideen, Themen oder zumindest Themenkombinationen zu entwickeln. So kommt es, daß sein Gesamtwerk sich nicht durch Quantität auszeichnet, das Studium seiner Aufgaben sich aber oft lohnt, um einen neuen Gesichtspunkt im Bereich der orthodoxen Mehrzüger zu entdecken. Der These, der orthodoxe Mehrzüger sei inhaltlich ausgeschöpft, widersprach er so nicht nur in Wort, sondern auch mit Taten. Kompositions-Hindernisse führten dazu, daß er eine Aufgabe liegenließ und nach Monaten oder Jahren wieder anfaßte. Manchmal erzählte er, er sei mit dem entscheidenden Kniff vor Augen nachts hochgeschreckt, oder die optimale Stellung sei ihm urplötzlich beim Zähneputzen eingefallen. Selbst formal bereits korrekte Aufgaben blieben oft liegen, weil er die Erfahrung gemacht hatte, daß ihm nach Monaten noch eine Verbesserung oder Erweiterung einfiel. Einmal geschah dies auch gezwungenermaßen: einen Achtzüger, eingesandt zum Turnier NDS Schachbund 75, hatte der Preisrichter aufgrund eines Computerfehlers fälschlicherweise als inkorrekt disqualifiziert. Nachdem der Ärger sich in Elan zum Weiterkomponieren gewandelt hatte, feierte Rainer sieben Jahre später - die Aufgabe war um zwei Steine und vier Züge angewachsen - mit dem 1. Preis im Johandl-Turnier (Die Schwalbe, April 2007) seinen wohl größten Erfolg. Rainers ambitionierte Kompositionen wurden oft erst gestoppt durch die verfügbare Anzahl an Figuren, obwohl er durchaus auf Materialökonomie bedacht war. In den letzten Jahren arbeitete er intensiv an einem Batterie-Thema, welches er gerne etablieren wollte. Hierzu wird posthum noch eine Aufgabe erscheinen, da mir eine korrekte Aufgabe vorliegt, die Rainer immer noch zu erweitern suchte. Prüfstellungen im PC und einige Aufzeichnungen kann ich hoffentlich in dem einen oder anderen Fall auch noch zu einer Veröffentlichung bringen.
Hier nun eine Reihe von Beispielaufgaben aus seinem Schaffen:
Tagesspiegel Berlin
23.08.1992
#5 (6+1)
The Problemist Supplement
V/1997
#6 (14+5)
Jubiläumsturnier 50 Jahre
WELT-Schachecke 1998
3. Preis
#6 (10+9)
Schach in
Schleswig-Holstein 2003
1. Preis
#4 (10+7)
The Problemist
XI/2007
Lob
#7 (12+15)
Springaren 2009
Geburtstagsturnier Bo
Lindgren 80 Jahre
1. Preis
#7 (11+15)
Lüneburger Landeszeitung
09.01.2010, Fassung 2011
Godehard Murkisch zum
70. Geburtstag gewidmet
#6 (10+14)
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