Da der
vorgesehene Preisrichter anscheinend verschollen ist, haben mich Hans Gruber und
Martin Wessels gebeten, auch diesmal als Preisrichter einzuspringen. Es nahmen
nur 17 Urdrucke teil: Heft 187 11001 (L. Makaronez), 11002 (P. le Grand),
11003 (H. Gockel) Heft 188 11062 (M. Wessels), 11063 (J. Fomitschew).
11064 (W, Schawyrin) Heft 189 11126 (M. Tschernjawski), 11127 (J. Bogdanow),
11128 (A. Mironow) Heft 190 11194 (L. Makaronez & I. Jarmonow; sSe6g7,
nicht f6h7, siehe Heft 191. S. 252), 11195 (S. Tkatschenko) Heft 191
11252 (L. Makaronez & M. Marandjuk), 11253 (H. Zajic) Heft 192 11306
(W. Betzen), 11307 (J. Simadhinata; siehe auch Heft 197, S. 578). 11308 (H. le
Grand & P. le Grand), 11309 (L. Makaronez)
Offenbar
begann schon da die Dreizügerflaute, die uns jetzt voll erreicht hat (mein
erster Eindruck von den neuen FIDE-Album Einsendungen ist der, dass 80% davon
in den Zeiten, als Matthews, Loschinski, Visserman usw. aktiv waren, kaum für
ein Lob gut genug gewesen wären).
Preis:
Nr. 11062 von Martin Wessels Symbolisch kann man den Schedej-Zyklus (früher
auch Droh-Lacny genannt)
so angeben: 1. Phase [A] x/y B/C, 2. Phase [B] x/y C/A. Dabei bezeichnen große
Buchstaben weiße
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Preis:
11062 Martin Wessels |
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#3 |
(9+8) |
und kleine schwarze
Züge, Drohzüge sind in eckiger Klammer. Im Zweizüger (die Phasen
sind da Verführung
und Lösung) sah man zahlreiche Darstellungen. Anscheinend gibt es viel mehr
Zweizügerverfasser mit der hochentwickelten Phantasie und Technik, die man
zur Darstellung und Realisierung solch schwieriger Schachvorgänge benötigt.
Im Dreizüger können die zwei Phasen verschiedene Varianten sein und
man hat außerdem noch, wie hier zu sehen, die Möglichkeit, die 2. Phase
oder Züge darin eine Zählzeit später stattfinden zu lassen (zeitgesplitteter
Schedej). Seltsamerweise ist das Thema im Dreizüger rar und ich habe auch
nach 2001 kaum Darstellungen gesehen, auch nicht im Märchenschach, wo das
leichter ist (dort konzentrieren sich die Zyklenautoren fast ausschließlich
auf Zweizüger). Die vorliegende Bearbeitung ist sehr sparsam und gelungen.
Die folgende Version hätte nach Meinung des Preisrichters (nicht des Verfassers!)
den deutlich besseren Schlüssel 1.Sc2-b4!: Streiche den überflüssigen
sBh3, versetze Sh7 nach f8 und Sb4 nach c2. - 1.Sf8 [2.Sg6 (A) L:g6/K:e4 3.Te6/Dd3#]
1.- T:e4 (a) 2.Sd3 (B) K:d5 3.Da2#, 1.- L:e4 (b) 2.f4+ (C) T:f4 3.D:f4#, 1.- d3!
2.De3 [3.S:d3 (B)#] T:e4 (a)/L:e4 (b) 3.f4 (C)/Sg6 (A)# (1.- K:e4 2.Dd3 K~ 3.D:f5#).
1.
ehrende Erwähnung: Nr. 11064 von Waleri Schawyrin Darstellungen
gegenseitiger
Verbahnung schwarzer Langschrittler gibt es seit mehr als 100 Jahren (Otto Würzburg).
Das Moderne an dieser Bearbeitung ist, daß die Zweitzüge und Mattzüge
der Hauptvarianten 1.- Dd5/Ld5 mit anderer Funktion in weiteren Varanten auftreten;
nach 1.- Dd7 2.D:d7+ Dd5/Ld5 setzen die Zweitzüge matt (man nennt das Babuschka-Thema),
und nach 1.- Tc8/Dc6 werden aus den Mattzügen Zweitzüge. Dem Löser
imponiert diese Entwicklung nicht unbedingt, da es (außer bei unerwarteten
Wechseln) nicht überrascht, wenn starke Züge in verschiedenen Abspielen
Erfolg haben. Früher pflegten die Verfasser daher nach Möglichkeit zu
vermeiden, wonach die Modernen nun oft streben. Hier gefällt strategisch,
daß man durch die Versuche 2.Sc6+/Sf3+ nach dem Schlüssel unerwünschte
Verteidiger der Mattfelder einschaltet. Insgesamt eine ansehnliche Aufgabe. Die
Buchstabenarithmetik wird aber hier auch dadurch gestört, daß die Themazüge
nach weiteren Paraden, die bei der Lösungsbesprechung nicht angegeben sind,
vorkommen, z.B. muß 2.Sf3+ nicht nur nach 1.- Ld5, sondern auch nach 1.-
Lc6,Da2,Da6 gespielt werden. - 1.Lb5 [2.Tc4+ K:c4 3.D:c4#, aber nicht 2.Sc6+ (A)?
L:c6! oder 2.Sf3+ (B)? D:f3!] 1.- Dd5 (a) 2.Sc6+ (A) D:c6 (2.- L:c6 geht nicht)
3.S:e2 (C)#, 1.- Ld5 (b) 2.Sf3+ (B) L:f3 (2.- D:f3 geht nicht) 3.Lc3 (D)#, 1.-
Dc6/Tc8 2.S:e2+ (C)/Lc3+ (D) Ke4/Ke3 3.L:c6/Db6#, 1.- S:e6 2.Td7+ Dd5 (a)/Ld5
(b) 3.Sc6 (A)/Sf3 (B)#.
1.
Ehr. Erwähnung: 11064 Waleri Schawyrin |
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2.
Ehr. Erwähnung: 11003 Hubert Gockel |
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Lob:
11195 Sergej Tkatschenko
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#3 |
(11+11) |
#3 |
(10+14) |
#3 |
(11+12) |
2. ehrende
Erwähnung: Nr. 11003 von Hubert Gockel Ein weiterer
Schedej-Zyklus, aber diesmal in zwei parallelen Varianten. Der Mechanismus ist
reizvoll. Es scheint heute allgemein üblich zu sein, Züge, die in Kurznotation
gleich aussehen, als gleiche Züge aufzufassen, wie hier: Db5 ist einmal Da4-b5,
das andere mal De8-b5, ähnlich Dc6. Streng genommen muß man bei den
Buchstabenthemen aber zwei Klassen unterscheiden: a) (anspruchsvolle Klasse) mit
identischen Zügen - b) (erleichterte Klasse) mit Zügen, bei denen nur
die Zielfelder und dort anlangenden Steine übereinstimmen, b) ist aber nicht
abzulehnen, weil es die Darstellungsmöglichkeiten erweitert. Ein höherer
Platz war wegen der Kurzdrohung nicht drin. - 1.c3? Sf3! - 1.D:e8? Sd7!; 1.Sh5
[2.Sf4#] 1.- Tf3 2.c3 [3.Td4 (A)#] Sc6 (a)/Sd7 (b)/Tf4 3.Db5 (B)/Dc6 (C)/S:f4#,
1.- Lh6 2.D:e8 [3.Db5 (B)#] Sc6 (a)/Sd7 (b) 3.D:c6 (C)/Td4 (A)#.
Lob:
Nr. 11195 von Sergej Tkatschenko Ein beliebtes Mattwechselschema
(Zagorujko 2x3) aus dem #2 wurde hier in das Variantengefüge im reellen Spiel
eines #3 transportiert. Der Neuheitswert ist dann, daß die Phasen nicht
allein durch Schlüsselzüge, sondern auch durch Paraden differenziert
sind. Wenn die Paraden, wie hier, einheitlich sind, ist das durchaus ein Vorzug.
- 1.De2 [2.Dc4+ D:c4 3.L:c4#] 1.- Tb:f1 2.Db5 [3.c6#] Sd6/Le5/ L:d4 3.c:d6/T:e5/T:d4#,
1.- Th:f1 2.Dd3 [3.De4#] Sd6/Le5/L:d4 3.T:d6/d:e5/D:d4#, 1.- Sd6 2.T:d6+ Ke4 3.Dd3#,
1.- Le5 2.T:e5+ Kc6 3.Db5#, 1.- L:d4 2.T:d4+ K:c5 3.Db5#, 1.- f:e2 2.Lg2+ Lf3
3.L:f3#.
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Hugo
Kastner: Das große Humboldt Schachsammelsurium. Tag für Tag Anekdoten,
Kurioses, Kalendarium, Biografien, Partien, Rekorde ... humboldt
Verlag (Schlütersche Verlagsgesellschaft), Hannover 2008, ISBN 978-3-89994-138-8.
464 Seiten, kart., mit zahlreichen Diagrammen und farbigen Abbildungen. Preis:
19.80 Euro. Ein wirklicher Schmöker! Auf unterhaltsame Weise (fast wird
man an Kurt Richter erinnert) bietet das Schachsammelsurium das, was der Titel
verspricht: Ein buntes Allerlei zum Schach, sortiert nach Kalenderblättern
(1 Tag = 1 Seite), aber dennoch zeitlos. Oft wird ein kalendarischer Anlaß
verwendet, um das Thema der Seite zu gestalten, beispielsweise wird am Todestag
von Wladimir Korolkow (1.5.1987) eine prachtvolle Studie des Großmeisters
der Komposition vorgestellt. Dies zeigt, daß Hugo Kastner es verstanden
hat, alle Facetten des Schachspiels zu würdigen, auch in einem erfreulichen
Umfang - zudem gut recherchiert und aufbereitet - das Problem- und Studienschach.
Die Texte sind zugleich unterhaltsam und reichhaltig, und der Leser kommt nicht
ungeschoren davon: Quiz-Seiten oder Wie-zieht-der-Meister?-Fragen machen die Lektüre
spannend. Historische und künstlerische Gesichtspunkte des Schachspiels (etwa
Arnold Schönbergs Koalitions-Schachspiel) sind ebenso wie Ausflüge in
die Welt der Philatelie oder der Sammelbilder reich bebildert. Ein Buch, das man
ungern aus der Hand legt - und sei es nur, um herauszufinden, was es mit dem "Steinering"
auf sich hat. (Zwei Tipps: Es geht um den 21. Dezember! Und: Trennen Sie das Wort
an der richtigen Stelle!) (Hans Gruber)
Andreas Schönholzer:
100 Schachprobleme. Kirchlindach 2007, Eigenverlag des Autors, 51 Seiten
Format A4, br., 9,- EUR. Zu beziehen über den Bücherwart der Schwalbe.
Aus der NZZ (Neue Zürcher Zeitung) habe ich erfahren, dass der bekannte
Schweizer Problemkomponist Andreas Schönholzer eine Sammlung von 100 seiner
Aufgaben herausgebracht hat. Bereits in der ersten Sammlung von Schachproblemen
schweizerischer Komponisten von Ort/Kummer und Schudel sind 3 Probleme von Schönholzer
nachgedruckt. In der zweiten Sammlung "Kunstschach in der Schweiz" von
Henneberger werden sage und schreibe 29 Probleme gezeigt. Nun ist also kurz vor
dem siebzigsten Geburtstag des Autors am 19. Dezember 2007 eine Monografie erschienen.
Nach dem Aufschlagen des Buches zeigt sich der Autor hinter dem Schachbrett sitzend
mit seiner Schwyzerörgeli. Nach einer kurzen biographischen Einleitung werden
auf 51 DIN A4-Seiten 100 Probleme gebracht. 4 große Diagramme auf der linken
Blattseite mit ausführlichen Lösungsangaben und persönlichen Erinnerungen
auf der rechten Seite erleichtern das Lesen in dem Büchlein ungemein. Der
Autor hat in über 40 Jahren Kompositionstätigkeit ungefähr 500
Aufgaben veröffentlicht und dabei 200 Auszeichnungen erhalten, 17 davon 1.
Preise. Der Autor hat sich nach einer langen, vor allem klassisch geprägten
Phase mit Zwei-, Drei-und gelegentlichen Mehrzügern nun überwiegend
dem Hilfsmatt zugewandt. Einige nachgedruckte Preisprobleme vor allem aus dem
osteuropäischen Raum belegen dies. Eine rundum empfehlenswerte und gehaltvolle
Sammlung. (Ralf Krätschmer) |