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Peter
Hoffmann: Zwei neue Babson-Typen |
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Zwei
neue Babson-Typen von Peter Hoffmann, Braunschweig |
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In
seinem "Open Chess Diary", Eintrag Nr. 226 vom 1. September 2003, erstellt
Tim Krabbe eine Liste der 24 möglichen Babsonkombinationen und schließt
ebenso lapidar wie launig: "2 down, 22 to go". 25 Jahre nach seiner
Erstdarstellung mag der Task von manchem als "erledigt" betrachtet werden,
aber die genannten Zahlen zeigen ein anderes Bild, und so stellt sich die Frage,
welche der noch offenen Verknüpfungen überhaupt machbar sind.
Die ersten beiden
Stücke, Verbindungen aus 3/4-Zyklus und 1/4-Echo, verwenden eine Matrix,
mit der die Entwicklung eines vollständigen Zyklus nur unter Einsatz einer
UW-Figur gelang (Die Schwalbe, April 2005, S.115, Nr.1). Aus DL-LT-TS-SD
wird nun DT-TS-SD-LL, wobei der Beginn DT für den Babson Task neu ist. |
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"Partielle
Retroanalyse" und "Retro-Strategie" im geänderten Kodex von Werner Keym, Meisenheim |
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Folgende
Neufassung des Artikels 16 des "Kodex für Schachkomposition" wurde
auf der PCCC-Tagung am 4.9.2008 in Jürmala (Lettland) beschlossen: Article 16 - Castling and En-passant capture (1) Castling convention. Castling is permitted unless it can be proved that it is not permissible. (2) En-passant convention. An en-passant capture on the first move is permitted only if it can be proved that the last move was the double step of the pawn which is to be captured. (3) Partial Retrograde Analysis (PRA) convention. Where the rights to castle and/or to capture en-passant are mutually dependent, the solution consists of several mutually exclusive parts. All possible combinations of move rights, taking into account the castling convention and the en-passant convention, form these mutually exclusive parts. In the special case where White's right to castle excludes Black's right to castle (and vice versa), an alternative is possible: the party exercising this right first is entitled to castle (Retro Strategy (RS) convention). (4) Other conventions should be expressly stipulated, for example if in the course of the solution an en-passant capture has to be legalised by subsequent castling (a posteriori (AP) convention). Artikel 16 - Rochade und En-passant-Schlag (1) Rochade-Konvention. Die Rochade wird als zulässig angesehen, sofern ihre Unzulässigkeit nicht bewiesen werden kann, (2) En-passant-Konvention. Der En-passant-Schlag im ersten Zug ist nur zulässig, wenn bewiesen werden kann, dass der letzte Zug der Doppelschritt des zu schlagenden Bauern war. (3) Partielle Retroanalyse (PRA) Konvention. Falls die Rechte zu rochieren und/oder en- passant zu schlagen wechselseitig voneinander abhängen, besteht die Lösung aus mehreren einander ausschließenden Teilen. Alle Kombinationen von Zugrechten, die möglich sind und die die Rochade-Konvention und die E.p. -Konvention berücksichtigen, bilden diese einander ausschließenden Teile. Im besonderen Fall der wechselseitigen Abhängigkeit von weiß-schwarzen Rochaden ist eine Alternative möglich: Die Rochade ist für die Partei zulässig, die dieses Recht zuerst ausübt (Retro-Strategie (RS) Konvention). (4) Andere Konventionen sollten ausdrücklich angegeben werden, beispielsweise falls im Lauf der Lösung ein En-passant-Schlag durch eine nachfolgende Rochade legalisiert werden muss (a posteriori (AP) Konvention). [Übersetzung von WK] Diese Neufassung übernimmt inhaltlich meinen "Vorschlag zur Optimierung des Artikels 16 des Kodex" (Die Schwalbe, Juni 2008, Heft 231, S. 470-474) mit geringen sprachlichen Änderungen. Artikel 16 ist erstmals widerspruchsfrei. Er enthält fünf Begriffe (Rochade-, En-passant-, PRA-, RS-, AP-Konvention) und eine neue, klare Definition für "Partielle Retroanalyse". PRA- und RS-Probleme sind gleichberechtigt und benötigen keine zusätzliche Angabe ("PRA" oder "RS"). Die Bezeichnung "Retro-Varianten" kommt nicht mehr vor und steht für andere, auch neuartige Möglichkeiten zur Verfügung. Bei der PRA-Konvention geht es um eine Kombination von Zugrechten. Das heißt: 1) Man untersucht gemäß der Rochade- und E. p.-Konvention, ob eine Rochade zulässig und/oder ein E.p.-Schlag unzulässig ist. 2) Wenn nein, dann ist das kein Fall für PRA. Wenn ja, dann legt man alle möglichen Reihenfolgen dieser Zugrechte unter Berücksichtigung der Rochade- und E. p.-Konvention fest und erhält so mehrere Aussage-Kombinationen. 3) Man scheidet diejenigen Kombinationen aus, die sich nur durch die Anordnung, aber nicht durch den Inhalt, d. h. die verschiedenen Zugrechte, unterscheiden. 4) Aus den verbleibenden Kombinationen ergeben sich die einander ausschließenden (Teil-) Aufgaben mit den jeweiligen (Teil-)Lösungen, die gemeinsam die Lösung des Problems bilden. Gut ist: Die PRA-Konvention lässt sich viel leichter praktisch anwenden als theoretisch beschreiben. In Nr. I lauten die Aussagen: A: OO-O ist zulässig, B: 0-0 ist zulässig. Wenn man diese Zugrechte gemäß der Rochade-Konvention in allen möglichen Reihenfolgen berücksichtigt (dabei werden die gegenteiligen Aussagen mit A' und B' bezeichnet), so erhält man die Aussage-Kombinationen AB' (wenn 0-0-0 zulässig, dann 0-0 unzulässig) und BA' (wenn 0-0 zulässig, dann 0-0-0 unzulässig). Die Kombination AB (0-0-0 und 0-0 zulässig) ist inkorrekt, da die Rochaden einander ausschließen. Die Kombination A'B' (0-0-0 und 0-0 unzulässig) verstößt gegen die Rochade-Konvention, da nicht bewiesen werden kann, dass beide Rochaden unzulässig sind. Die Lösung ist entweder 1.Dd4! (im Fall AB') oder 1.DgS! (im Fall BA').
In Nr. II lauten die Aussagen: A: d5:c6 e.p. ist unzulässig, B: d5:e6 e.p. unzulässig, C: h5:g6 e.p. unzulässig. Das ergibt die sechs Kombinationen ABC' (wenn A und B gelten, dann gilt C nicht), ACB', BAC', BCA', GAB', CBA', von denen jeweils zwei inhaltlich gleich sind. Im Fall ABC' löst 1.h5:g6 e.p.!, im Fall ACB' 1.d5:e6 e.p.!, im Fall BCA' 1.d5:c6 e.p.+!. Ein dreiteiliges Problem. In Nr. III lauten die Aussagen: A: 0-0 ist zulässig, B: 0-0-0 ist zulässig. Die Kombination AB' (wenn 0-0 zulässig, dann 0-00 unzulässig) hat zwei Lösungen (1.0-0 und 1.Tf1), die Kombination BA (wenn 0-0-0 zulässig, dann 0-0 unzulässig) aber gar keine. Also gibt es keine PRA-Lösung. Vielmehr ist Nr. III ein typisches RS-Problem mit einander ausschließenden weiß-schwarzen Rochaden und es löst allein 1.0-0!. Das sieht der Löser schnell. In Nr. IV lauten die Aussagen: A: 0-0 ist zulässig, B: 0-0-0 ist zulässig, C: c5:b6 e.p. ist unzulässig. Das ergibt die sechs Kombinationen AB'C, ACB', BA'C', BC'A', CAB', CB'A, von denen vier bzw. zwei jeweils inhaltlich gleich sind. Also verbleiben die zwei inhaltlich verschiedenen Kombinationen AB'C (wenn 0-0 zulässig, dann 0-00 und e.p. unzulässig) und BA'C' (wenn 0-00 zulässig, dann 0-0 unzulässig und e.p. zulässig). Daher löst entweder 1.0-0! oder 1.c5:b6 e.p.+!. Man kann Nr. IV alternativ als RS-Problem interpretieren, dann ist die Lösung allein 1.0-0!. - Meines Wissens existieren neben Nr. IV nur vier Retro-Probleme, die sowohl durch PRA als auch durch RS gelöst werden können (PDB P0000814, P0000850, P0000902, P0004955). In allen Fällen ist die RS-Lösung eine Teilmenge der PRA-Lösung. Das erkannten die Löser dieser Probleme damals mühelos. Entkräftet wird damit der Einwand, der Komponist solle die spezielle Forderung (d. h. "PRA" oder "RS") angeben und nicht der Findigkeit der Löser überlassen. Durch die Neufassung wird eine über 50 Jahre dauernde Kontroverse beendet, so hoffe ich. Mein Dank gilt allen, die sich für die Neufassung eingesetzt haben, besonders Hans Gruber. Willkommen sind Hinweise und Ergänzungen an W.Keym@gmx.net. |
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Der
(inhaltliche) Hintergrund der Regeln von Problemschulen von Erik Zierke, Schwerin |
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Regelwerke
und ihr Hintergrund Problemschulen werden oft als Regelwerk eingeführt, der Sinn dieser Regeln jedoch nicht weiter hinterfragt. Anhand der zwei bekanntesten Problemschulen möchte ich ausführen, daß die Regeln von Problemschulen (meist) keine vom Himmel fallenden Dogmen sind, sondern einen sehr vernünftigen Hintergrund haben. Dieser Hintergrund stellt sich, wenn man ihn greifen will, als schwammig heraus, deshalb muß er in meßbare Regeln gefaßt werden. Diese Regeln aber repräsentieren nur den Hintergrund, weshalb zwischen ursprünglichem Anliegen und dem Regelwerk zwangsläufig eine Diskrepanz besteht. Die neudeutsch-logische Schule Wenn ich die neudeutsch-logische Schule motivieren will, verweise ich immer auf die 1. Schwarz ist fast in Zugzwang, nur der sL ist noch beweglich. Der Löser wird sich auf die drohende doppelte Fluchtfeldschaffung 1.- L:f5 fokussieren. (Mit 1.De6? gibt es auch eine Verführung, die nur an dieser scheitert.) Da darauf ein Diagonalmatt folgen muß, bleibt Weiß nur 1.Da4!, und der Löser kann ziemlich sicher sein, die Lösung gefunden zu haben. Damit besteht die Gefahr, daß er das eigentliche Anliegen des Autors - den Hinterstellungscharakter des Schlüssels auf einen beliebigen Läuferabzug - gar nicht bemerkt!
Wie wäre dieses Manko zu beheben? Die einfachste (zugegeben nicht ökonomischste) Möglichkeit wäre +wLa2. Jetzt ist der Löser gezwungen, sich mit dem Unterschied zwischen 1.Da4! und 1.Lb3? zu befassen. Letzteres scheitert nur an 1.- L~, womit es (fast) unmöglich ist, daß der Löser die Lösungsvariante 1.- L~ 2.Se3# übersieht. (Nebenbei ist mit den beiden genannten Verführungen der Schlüssel jetzt sogar doppelzweckig-zweckrein.) Dies ist der Hintergrund der neudeutsch-logischen Schule: Es soll sichergestellt werden, daß der Löser den gewollten Inhalt unbedingt bemerkt. Dies wird meßbar gemacht mit der Forderung der Ökonomie der Zwecke. Aber nur wenn man den Ausgangspunkt dieser Forderung sieht, wird verständlich, warum selbst nach hundert Jahren immer noch darüber gestritten wird, was genau einen Zweck darstellt. Und nur dieser Hintergrund macht verständlich, daß die 2 einen 1. Preis bekommen konnte. Gemäß des Regelwerks ist sie zweckgetrübt, da c5-e7 aus zwei Gründen eine (für Weiß) schlechte Diagonale ist (Masse d6 und schlechtes Feld e7). Doch es kann kein Zweifel bestehen, daß der gewollte Inhalt (Wechsel wL von guter zu schlechter zu guter Diagonale) vom Löser unbedingt erkannt werden muß, um sie lösen zu können; die 2 entspricht damit voll und ganz dem Geist der neudeutsch-logischen Schule, Auf der anderen Seite können selbst bei strenger Befolgung des Regelwerkes Auswüchse entstehen, die nicht mehr mit dem ursprünglichen Anliegen konform gehen. So etwa, wenn ein komplexer Basisplan durch einen einfachen Vorplan eingeleitet wird (hierzu kann ich auf die 12732 verweisen). Oder aber, wenn inmitten der Kombination von ungedeckten Satzfluchten, Kompensationszwecken und Nebenvarianten eben doch die Gefahr besteht, daß der gewollte Inhalt übersehen wird, wie der Fernblock in der 3. Die böhmische Schule Die böhmische Schule wird immer mit der Forderung nach (mindestens) drei Mustermatts eingeführt. Es verärgert mich, daß dabei die Regel, daß diese Mustermatts auch auf Paraden folgen dürfen, die eine bestehende Drohung gar nicht parieren, oft belächelt wird, vgl. hierzu die Variante 1.- g3 in der Lösungsphase der 4. Diese Regel wird jedoch nicht nur verständlich, sondern sogar selbstverständlich, wenn man begreift, daß es der böhmischen Schule eigentlich um etwas anderes geht: Der böhmische Komponist soll eine meisterhafte Beherrschung des weißen Figurenmaterials nachweisen. Dies wurde lediglich meßbar gemacht mit der Forderung, daß an drei Stellen ein Matt ökonomisch (bezogen auf die weißen Figuren) und "gerade so" ein Matt sein muß.
Dieser Hintergrund macht auch die zugelassene Ausnahme verständlich, daß im Fesselungsmustermatt der gefesselte Stein blocken darf, obwohl dieses Feld dann dem König aus zwei Gründen unzugänglich ist. Das Matt Tf5# in der 5 wirkt nicht sehr ökonomisch: Ohne Db4 und Sd4 wäre es immer noch ein Matt. Kommt eine solche Fesselung so dynamisch zustande wie in der 5, hat sicher keiner den Eindruck, der Fesselungsstein wäre unökonomisch. Stücke jedoch, in denen eine solche Fesselung statisch besteht, riechen nach Wieseln. Wenn allerdings der gefesselte Stein zusätzlich blockt, ist kein Stein mehr fürs Matt überflüssig. (Nebenbei beachte man in der 5 das so seltsame wie originelle Orthogonal-diagonal-Echomatt.) Ebenso erklärt der Hintergrund, wie ein böhmischer Autor die 6 verfassen konnte. Zwar entstehen hier keine Mustermatts, doch dieses perfekte dreifache Echomatt zeugt zweifellos von der geforderten Beherrschung des weißen Figurenmaterials. Wie andererseits die böhmischen Regeln sich von ihrem eigentlichen Anliegen entfernen können, zeigt die Verführungsphase der 4, und wäre dies die einzige Phase, wäre das Stück zweifellos unter Durchschnitt. Das dreifach genutzte Mattnetz ist so statisch, daß die Mustermatts weder überraschend kommen noch von irgendeiner Materialbeherrschung zeugen können. (Als zweiphasiger Böhme ist die 4 freilich selbst heute noch hochoriginell.) Fazit Was wollte ich nun mit diesem Artikel sagen? Ich würde mir wünschen, daß, wenn das nächste Mal (konstruktiv) über ein Regelwerk (bzw. über die Zugehörigkeit eines Stückes zu einem solchen) gestritten wird, man nicht zu sehr auf seinem Wortlaut beharrt, sondern auch auf seinen "Geist" geachtet wird. Wie immer sind mir Rückmeldungen jedweder Art willkommen: Erik Zierke, Hegelstr. 5, 19063 Schwerin |
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