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Heft 216, Dezember 2005

 


Ausschreibung zum 8. WCCT
Aktuelle Meldungen
Entscheid im Informalturnier2002, Abteilung Märchenschach
Erik Zierke: Ideenanaloge Probespiele (II)
Werner Frangen: Der Indianer!
Andrej Kornilow: Feilen an Ketten –
ein kompliziertes Retrothema von Dr. L. Ceriani
(als pdf-file)
Urdrucke
Lösungen aus Heft 213, Juni 2005
Bemerkungen und Berichtigungen
Löserliste
Turnierberichte
Buchbesprechungen
Korrektur eines Klassikers

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Entscheid im Informalturnier 2002 der Schwalbe
Abteilung: Märchenschach – Preisrichter: Klaus Wenda, Wien
(als Auszug im Internet)

Der Jahrgang brachte (inklusive der Nr. 11513a) insgesamt 81 Probleme. Nebenlösig bzw. dualistisch waren Nr. 11635, 11640, 11704, 11713v, sodass 77 Bewerbungen zur Beurteilung verblieben. Obwohl 42 Hilfsspiele 35 direkten Aufgaben gegenüber standen, nahm ich nach näherem Studium der Bewerbungen von einer sich anbietenden Teilung in Hilfsspiel und direktes Spiel, die sich seit einigen Jahren in feenschach bewährt hat, Abstand. Dies deshalb, weil sich das allgemeine Niveau der Aufgaben mit direktem Spiel als deutlich höher erwies, als jenes der (Serien)Hilfsmatts und -patts. Die Verwendung von Märchenbedingungen und/oder -figuren konnte nicht darüber hinweg täuschen, dass in den meisten Fällen, auch wenn sie in Satz und Spiel eingekleidet waren (als Beispiel sei der Viersteiner Nr. 11577 angeführt), nur einfache Mattführungen vorlagen, die durch die heterodoxen Elemente auf den ersten Blick spektakulär wirkten, aber tiefgründigeren strategischen Inhalt vermissen ließen. Probleme dieser Art, die zumeist mit (mehr oder minder deutlich sichtbarer) Computerhilfe technisch einwandfrei konstruiert sind, haben durchaus ihren Stellenwert in einer Schachzeitung wie der Schwalbe, die vielen Geschmäckem gerecht werden will und soll. Sie bieten (das gilt auch für einige aus der Gattung direktes Spiel) den Lösern Unterhaltung und Entspannung, gehören aber in der Regel nicht in einen Preisbericht, der vorwiegend Originalität, Innovation, Phantasie und strategische Gestaltungskraft honorieren soll. Diesen Postulaten entsprachen die direkten Aufgaben des Jahrganges in höherem Maß, wenngleich auch hier das Fehlen von komplexen logischen Mehrzügem und Selbstmatts, wie sie z. B. die Turniere Wenda-60 und Rehm-60 auszeichneten (vgl. Preisberichte feenschach H. 151/2003 bzw. Schwalbe H. 208/2004), mit Bedauern anzumerken ist.
Der Gedanke der Zwillingsfassung des #4 Nr. 11516 ist interessant, die beiden Phasen sind aber – jede für sich betrachtet – zu einfach. Das ser.-s#19 Nr. 11703 ist nur eine (geschickt konstruierte) Weiterentwicklung bereits bekannter Schemata. Das #7 Nr. 11715 scheiterte an der doppelten Widerlegung des Probespiels und dem im Mattbild unnützen wGa4. Die Holstumwandlung S-G wäre in logisch einwandfreier, ökonomischer Form durchaus für ein Lob in Frage gekommen.

Letztlich gelangte ich zu folgender Reihung von 18 Problemen:

1. Preis: 11582
Reto Aschwanden
#3 (13+14)
= Nachtreiter
12 Kamikaze-Steine

1. Preis: 11582 von Reto Aschwanden
Eine eindrucksvolle Kombination des zeitverzögerten Schedej-Zyklus Typ I und Typ II. Die nähere Illustration der Terminologie (die den Umfang dieses Preisberichtes sprengen würde) findet sich in dem anschaulich einprägsamen Aufsatz von Wessels, Schwalbe H. 196/2002 S. 477 ff. Das Grundthema hat streng orthodoxe Wurzeln, wie das im erwähnten Aufsatz zitierte Pionierstück von Rehm (#3 Schwalbe 1992, 1. Preis) belegt. Der scharfsinnig erdachte Einsatz der Kamikaze-Steine führt aber durch den (übrigens auch in Anticirce zu beobachtenden) Effekt, dass ein w und ein sStein gleichzeitig eine Linie räumen zu attraktiven, märchenhaften Abspielen ganz unabhängig von der systematischen Einordnung der vom Autor angestrebten Themenverbindung. Der würdige Spitzenreiter zeigt (wie viele andere Stücke, so beispielsweise auch das #2 feenschach 1999/2000 1. Preis, siehe fs 155/2004 S.261 ff.), dass der Verfasser auch innerhalb des traditionellen Rahmens der 64 Felder außerordentliches zu leisten vermag. – 1.Lf5! [2.Dd4+A T:d4 3.Le4# B] 1.– L:d3 a 2.Le4+ B T:e4 3.Lc4# C; 1.– T:d3 b 2.Lc4+ C T:c4 3.Dd4# A; 1.– D:a4 2.S:b4 [3.Lc4# C] Ld3 a 3.Dd4# A; 2.– Td3 b 3.Le4# B; 2.– T:e2 3.N:c3# (2.– Td4 3.D:d4#); 1.– N:b6 2.Nb6#, 1.– N:f5/N:f2 2.D:d8#; 1.– Sc5 2.D:c5#

2. Preis: 11706
Arnold Beine
#23 (16+5)
Doppellängstzüger

2. Preis: 11706 von Arnold Beine
Nach den ersten 5 Zügen, die einem vom Autor selbst zitierten 8-zügigen Vergleichsstück von A. Thoma (das ich nicht als Vorgänger werte) entsprechen, entfaltet sich das Spiel erst richtig und hebt das Stück in die Preisränge. Trotz der Bedingung Doppellängstzüger, die auf den ersten Blick eher eingeschränktes Spiel erwarten lässt, wird der Löser in reicher Menge mit subtil begründeten Auswahlzügen belohnt. Eine Fortentwicklung der von der weißen Homebase ausgehenden Gedankengänge ist dem Verfasser unter Verwendung der Madrasi-Bedingung in einem phänomenalen r#22 max. max. Madrasi (Harmonie 2003 1. Preis, siehe Preisbericht Heft 81/2005) gelungen. – 1.Sa3! T:a3 2.Sh3 T:h3 3.g4 Ta3 4.Lh3 T:h3 5.0-0 Ta3 6.f4 Th3 7.Tf3 T:e2 8.Ta3 T:a3 9.h4 (Tempo!) Th3 10.Df1 Ta3 11.Dh3 T:h3 12.a4 (Anti-Kritikus!) Ta3 13.c4 Th3 14.Ta3 T:a3 15.b4 Th3 16.La3 T:a3 17.d4 Th3 18.h5 Ta3 19.h:g6 Th3 20.f5 Ta3 21.f6 Th3 22.f7 Ta3 23.f8D#

Buchbesprechungen
Günther Jahn
Die Schwalbe 1988
3. Preis
#8 (4+3)

Godehard Murkisch Schachproblem-Komponist Günther Jahn – Ausgewählte Aufgaben (Nightrider Unlimited, Treuenhagen 2005, Kuhn/Murkisch-Serie Nr. 43, 267 S. geb. 26 EUR. kart. 18 EUR, zu bestellen beim Autor: Herbartweg 3, 37083 Göttingen, e-mail: murchess@gmx.de) – Wer seit längerem Besucher der Schwalbe-Treffen ist, traf dort bis vor einigen Jahren auch regelmäßig Günther Jahn, um den sich häufig eine Traube von Bewunderern seiner hintergründig-tiefsinnigen Aufgaben scharte, die sich vom Meister selbst seine neuesten Kompositionen erläutern ließen – Versuche, die meist orthodoxen Mehrzüger mit wenigen Steinen vor Ort zu lösen, waren oft aussichtslos, weil fast immer verborgene Feinheiten eingebaut sind, die man sich erst durch langes und genaues Studium der Stellungen erarbeiten muss. Hier unterscheidet sich Jahns Kompositionsstil deutlich vom anderen berühmten "Rätselonkel" Fritz Giegold, dessen Aufgaben mehr auf den unerwarteten Knalleffekt angelegt waren als auf die verborgenen Feinheiten; ein typisches Beispiel hierfür ist der Miniatur-Preisträger aus 1988, der ein prächtiges Duell der wLeichtfiguren gegen den sSiegfried-L zeigt: Nach 1.Se6? Lf6! 2.Ld2 Lc3! 3.Lc1 Ld2! kann 4.Sg5 folgen, da 4.– L:c1? mit 5.Se4 erledigt wird. Aber nach 4.– Le1 5.Se4 Lh4 dauert es für den wL einen Zug zu lange, das Feld g3 zu erreichen, von wo aus der sL ausgehebelt werden könnte. Zum Ziel führt nur 1.Ld4! Lf6! 2.La7!! Ld4 3.Se6! (Nur so; nach 3.Sb5/Se8? Le5! müsste Weiß ein entscheidendes Tempo zur Heranführung des Springers drangeben.) 3.– Le3 (nach 3.– L:a7? folgt 4.Sg5 nebst 5.Se4) 4.Lb8! (von hier aus peilt der wLg3 direkt an) 4.– Lf4/La7 5.Sc5/Sg5 nebst 6.Se4 Le1/Lh4 7.Lg3 8.S#
Es ist auch innerhalb der vielseitigen Kuhn/Murkisch-Reihe eine besondere Attraktion, dass ihr Herausgeber, schon seit langem als Liebhaber rätselvoller Schachaufgaben bekannt, jetzt eine Sammlung Jahn'scher Probleme einer breiten Leserschaft zur Verfügung stellt. Das Buch enthält etwa 450 Kompositionen und damit die nahezu komplette Sammlung der Werke des "Löserschrecks aus dem Allgäu"; da Murkisch meint, dass der Leser nur dann ein Gefühl für die Kompositionskunst Jahns erhält, wenn er eine Reihe der Aufgaben selbst löst, sind in Abweichung von der üblichen Darstellung (Lösungen neben den Aufgaben) etwa 100 Aufgaben "zum Lösen" gegeben – eine schöne Beschäftigung für lange Winterabende, auf die man sich durchaus einlassen sollte; die ausführlichen Lösungen zu diesem Teil sind in einem getrennten Abschnitt des Buchs aufgeführt. Abgerundet wird das Werk mit einem Portrait des Komponisten und einer Würdigung seines Schaffens. Diverse Register erlauben auch eine gezielte Suche und eingestreute Fotos runden den schönen und sehr empfehlenswerten Band ab. (GÜBÜ)

Mario Matous
Ceskoslovensky sach 2000
1. Preis
Gewinn (3+6)

IV. Ceske Album sachovych skladeb 1998-2000 (Zlin 2005, 80 S. geheftet, 5 EUR zuzüglich Porto; zu bestellen bei Michal Dragoun: Kettnerova 1939 / 3, CZ-15500 Praha 5 oder e-mail: m.dragoun@centrum.cz) – Die sehr aktiven tschechischen Problemisten legen mit dieser Broschüre, deren Struktur im wesentlichen den FIDE-Alben entspricht – nur Retros fehlen –, nun schon den vierten Querschnitt ihres Schaffens während eines Dreijahreszeitraums vor. Jeweils zwei Richter beurteilten die eingereichten Aufgaben nach einer von 1 bis 10 reichenden Punkteskala; ab einem Mittelwert von 5 Punkten wurden sie ins Album aufgenommen; eine Hürde, die 178 Kompositionen nahmen. Da jede Abteilung durch eine tabellarische Auflistung der erfolgreichen Komponisten eingeleitet wird, könnte man das Unternehmen auch als eine (inoffizielle) nationale Kompositionsmeisterschaft ansehen. Das Niveau in den verschiedenen Abteilungen war deutlich unterschiedlich; hohe Bewertungen gab es bei den Hilfs- und Selbstmatts, im Märchenschach und bei den Studien – allerdings er-reichte mit M. Matous' Studie nur ein einziger Beitrag die maximale Punktzahl: Nach dem offensichtlichen Beginn 1.g8D kann es S dem Weißen selbstverständlich nicht nachmachmen, aber auch 1.– g1S+ 2.Kg4 g:h4 3.Dd5+ Sf3 4.K:f3 ist schnell erledigt. Daher 1.– Kg1! 2.D:g5 h1D+ 3.Kg4 Ld6! 3.– Kf1 führt sofort ins Verderben mit 4.Dc1+ Ke2 5.Dc2+! Ke3 6.Lf2#. 4.Df6! Nicht 4.Dd2? D:h4+! 5.K:h4 Kf1 6.Dd3+ Kf2 oder 4.Dh6? Lb8! 4.– Lc7! Auf 4.– Lb8 folgt 5.Dh6! und dann 5.– a5/Lc7/Le5 6.Db6+/Dc1+/De3+ + - oder 5.– D:h4+ 6.D:h4! Kf1 7.Dh3 Kf2 8.Df3+ + -. 5.De7! Lb8! 5.– Lf4 6.Db4 6.Dd8! Nicht 6.Db4? D:h4+ 7.K:h4 Kf2. 6.– Le5 7.Dd2!. Jetzt kann sich Schwarz nicht mehr mit 7.– D:h4+ 8.K:h4 Kf1 verteidigen, weil nach 9.Dd3+ Kf2 10.Df5+ der sL mit Schach fällt oder der sK den eigenen Freibauem blockieren muss. Nach 7.– Kh2 könnte man glauben, Schwarz habe sich befreit, doch es folgt ein effektvolles Ende: 8.Lf2! g1D# 9.Lg3#. (GÜBÜ)

John Beasley Some Problems by Auguste d'Orville (Harpenden 2005, 32 S., geheftet; Preis 7 EUR) – Vor etwa 15 Jahren gab Beasley eine kleine Zusammenstellung d'Orvillescher Probleme heraus. Die jetzt vorgelegte Broschüre ist im wesentlichen deren überarbeitete und ergänzte 2. Auflage; einige der Ergänzungen und Korrekturen waren dem Autor wichtig genug, diese Neuauflage herauszugeben – insbesondere die in der Zwischenzeit von Harald Ballo gemachte Entdeckung, dass d'Orville nicht in St. Petersburg, sondern in Offenbach geboren wurde. Neben 36 Problemen sind Artikel zur Biographie und zur Einordnung d'Orvilles in die Problernschach-Geschichte enthalten. Neu aufgenommen wurde eine Zusammenstellung aller dem Autor bekannten Probleme d'Orvilles. Eine Konkordanzliste zwischen d'Orvilles 1842 erschienener Problemsammlung and Alexandres umfangreicher Collection des plus beaux problemes d'echecs (1846) einschließlich der Korrekturen dazu in Korschelts Der gereinigte Alexander (1913) erlaubt den Zugang zu einem großen Teil des Gesamtwerks; wer sich näher mit einem der Gründerväter des modernen Problemschachs befassen möchte, erhält hierdurch einen leichten Zugang zu seinem Werk, da der Alexandre (der selbst kein Register enthält) als Nachdruck ja relativ weit verbreitet ist. (GüBü)

Antonio Bottacchi
L'Italia Scacchistica 1949
4. Preis

#2* (8+9)

Oscar Bonivento Realismo e Romanticismo nell'arte problemistica di Antonio Bottacchi – in 432 problemi commentati (Bologna 2005, 175 S., kart., DIN-A4-Forrnat, Preis 20 EUR) – Der inzwischen 91-jährige Autor schließt mit dem jetzt vorgelegten Band seine Serie von Monographien bedeutender italienischer Komponisten des letzten Jahrhunderts ab. Nach Stocchi (1995, Rezension in Heft 157) Mari (1999; Heft 178), Guidelli (2004; Heft 208) und dazwischen auch sich selbst (2001; Heft 195) widmet er sich jetzt dem wohl etwas weniger als seine Reihenvorgänger bekannten Komponisten Antonio Bottacchi (1900–1969), der seine Kompositionen, überwiegend Zweizüger, zwischen 1917 und Ende der 40er Jahre publizierte, später aber kaum noch aktiv war. Dem Konzept der gesamten Reihe folgend, handelt es sich wieder um eine komplette Dokumentation des Werks, das anhand der Aufzeichnungen des Autors präsentiert wird; wiederum mit vielen Urdrucken (ca. 120),von deren Veröffentlichung der Autor zumindest teilweise aus gutem Grund abgesehen hatte (z. B. sind 20 #1-Duplex-Stellungen als Urdrucke wiedergegeben, die wohl eher als konstruktive Fingerübungen denn als Probleme anzusehen sind) und deren Publikation möglicherweise für schachhistorische Forschungen interessant sein mögen, aber wohl nicht geeignet sind, die zweifellos vorhandenen Leistungen des Komponisten Bottacchi besonders hervorzuheben. Bonivento weist darauf hin, dass das hier gezeigte Beispiel im FIDE-Album 1945-55 als Nr. 1821 enthalten ist und dort falsch als 1. Preis aus dem Jahrgang 1945 zitiert wird. Satz: 1.– L:d5/g:f5 2.D:d5/D:f5#, 1.– Sd4/Sf4 2.Sd3/Sf3#; Nach dem Schlüssel 1.Da4! [2.De4#] kehrt sich das Geschehen um: 1.– Sd4/Sf4 2.D:d4/D:f4#, 1.– L:d5/g:f5 2.Sd3/Sd3#, Bikos-Thema (zwei sParaden werden in verschiedenen Phasen wechselweise mit Schlag bzw. blocknutzend beantwortet). (GüBü)


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