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Heft 311, Oktober 2021

 


Artikel Seite
Aktuelle Meldungen 241
Entscheid im Informalturnier 2019, Abteilung Retro 244
Entscheid im Informalturnier 2020, Abteilung Hilfsmatts in 2-3 Zügen 251
Hans Gruber: FIDE-1 80 255
Michael Schlosser: Dürfen's ein paar Lösungen mehr sein? 257
Wolfgang Erben: 231. Schwalbe-Thematurnier 263
Urdrucke 265
Lösungen der Urdrucke aus Heft 308, April 2021 274
Bemerkungen und Berichtigungen 299
Frank Richter: Nachtrag zu Bauerndoppelschritthäufungen im Hilfsmatt 299

 

FIDE-1 80

von Hans Gruber, Bobingen

Die Verbindung zwischen der Schwalbe und dem österreichischen Problemschach ist seit je eng und außergewöhnlich freundschaftlich - nicht nur, aber auch deswegen, weil in Österreich die neudeutsche Schule von herausragenden Vertretern zu höchster Blüte entwickelt wurde. Mit markanten individuellen Noten ragen hier insbesondere Josef Halumbirek, Stefan Schneider und Klaus Wenda heraus, aber viele andere Komponisten wären in diesem Zusammenhang auch zu nennen. Josef Halumbirek war insbesondere als Problemschachredakteur der Deutschen Schachzeitung eminent einflussreich im deutschen Problemschach, Stefan Schneider war der unumstrittene Leuchtturm in Herbert Grasemanns Wirkungskreis. Trotz dieser Größen fällt es nicht schwer zu konstatieren, dass Klaus Wenda der wichtigste und vielseitigste Impulsgeber Österreichs für die Schwalbe war und ist. Als Präsident der Permanenten Kommission für Schachkompositionen (PCCC; heute WFCC) des Weltschachverbandes FIDE gewann er Sichtbarkeit und höchste Anerkennung weltweit und verkörperte die Gesamtheit problemschachlicher Kreativität, sowohl in der von ihm besonders geliebten neudeutschen Schule als im stets als gleichwertig und gleichgewichtig verstandenen Märchenschach, dem er wie kein Anderer - allenfalls im Duett mit Hans Peter Rehm - Anerkennung verschaffte, und zudem im Gebiet der Retroanalyse, in dem er sich in enger Kollaboration mit dem früheren Schwalbe-Vorsitzenden Wolfgang Dittmann zu neuen Gefilden im Genre des Verteidigungsrückzügers, insbesondere in Verbindung mit Anticirce, aufmachte. Seit weit über einem halben Jahrhundert veröffentlicht Klaus Wenda innovative, einfallsreiche Werke von zugleich hoher Komplexität (seit Jahrzehnten immer in Regionen, die die besten Prüfprogramme auf den schnellsten Computern gerade oder eben noch nicht bewältigen können - alle meine Computer im Lauf der Zeit musste ich oft tagelang mit seinen Problemen beschäftigen) und überragend-überraschendem Neuigkeitswert. Längst wurde dies mit dem Großmeistertitel honoriert, der aber - gerade im Vergleich mit manchen anderen Trägern dieses Titels - seine Qualität beileibe nicht angemessen würdigt. Das Autokennzeichen "W FIDE 1" bildet den Stellenwert unseres Wiener Problemschachfreundes innerhalb der FIDE angemessen ab.

Als Organisator der PCCC-Tagungen in Wiener Neustadt und - allen Teilnehmern besonders herausragend in Erinnerung - in Graz machte er deutlich, dass für ihn das Gemeinwohl und das Beisammensein der Problemisten aller Mühe wert ist. Die Unvergesslichkeit dieser Tagungen ist fraglos zu großen Teilen auch seiner Frau Doris geschuldet, die das "Wie" der Zusammenkünfte komponierte, so dass sie nicht nur Klaus den Rücken freihielt (dies umso mehr nach seinem schweren Unfall, den er - mit gebrochenem Genick - nur knapp überlebte), sondern ihre eigene Note und den österreichischen (fast hätte ich geschrieben: K+K) Charme und Esprit beisteuerte. Das kulturelle, schachliche und schachpolitische Erlebnis der FIDE-Tagung in Graz - unter Einbindung des Landeshauptmanns und der Vizepräsidentin der FIDE - ist auch nach 34 Jahren für die Beteiligten so eindrücklich, dass diese Tagung besser in Erinnerung bleibt als jede nachfolgende.

Die einerseits leger-freundliche, andererseits stringent-konsequente Führung der PCCC durch Klaus Wenda kam nicht von ungefähr; er verstand es, seine beruflichen Erfahrungen als Vorsitzender der Rechtsabteilung einer großen staatlichen Behörde, die ihn im Zusammenwirken mit höchsten politischen und gesellschaftlichen Würdenträgern schulten, auch im Schach zur Geltung zu bringen und dabei immer Überzeugungskraft als herausragender Schachkomponist beizusteuern.

Hans Gruber
Klaus Wenda

Die Presse (Wien) 1986

wKa5, wDd7, wLe6, wSe5, wBe7d4,
sKh4, sTg5, sSf5, sBe2e3e4g3g6h5

h#2 2.1;1.1 (6+9)

Es ist mir eine große Freude, seit vielen Jahrzehnten zum engen Freundeskreis von Klaus und Doris Wenda zu gehören (im Diagramm ein kleiner Tribut an Wien mit einer Veröffentlichung in einer dortigen Tageszeitung: 1.Sxd4 Da4 2.Sb5 Sf3#, 1.Sxe7 Dd8 2.Sd5 Sx g6#) - ich habe davon viel mehr profitiert als selbst beigesteuert: Ich durfte immer wieder live den Kompositionsprozessen zusehen, ich konnte mir Vieles von den Führungsqualitäten abschauen (und sowohl in der Führung der Schwalbe als auch in meiner beruflichen Tätigkeit dem Rat von Klaus Wenda folgen), mir wurde verdeutlicht, wie sehr die Kultur (Musik, Literatur, Bildende Kunst) dazu beiträgt, das eigene Leben, den Beruf und die Beschäftigung mit dem Problemschach auf bessere und angenehmere Weise zu gestalten (als Insider-Information für den Jubilar merke ich an, dass der von ihm gewährte Aufenthalt im schönsten Apartment des Looshauses auf dem Kreuzberg zu den unvergesslichsten Episoden meines Lebens zählt, und es lohnt sich, Adolf Loos zu zitieren: "Baue nicht malerisch. Überlasse solche Wirkung den Mauern, den Bergen und der Sonne.").

Täglich kann ich im zur Schachbibliothek umfunktionierten Wohnzimmer meines Hauses in Bobingen sehen, welche Rolle Klaus Wenda im Problemschach in Österreich, Deutschland und weltweit spielte und spielt. Schon einige Jahre, bevor er seinen 80. Geburtstag am 13. September 2021 feiern konnte (zu dem zu gratulieren der Anlass dieses Beitrags ist), überlegte er sich, wie seine Schachbibliothek als Gesamtes nachhaltig erhalten werden könnte - eine Schachbibliothek, die im Problemschach auf den Schultern von Riesen steht, nämlich die Schachbibliothek, die ursprünglich von Walter von Holzhausen angelegt, dann von Josef Halumbirek übernommen und erweitert und anschließend von Klaus Wenda gezielt ergänzt wurde. Ich musste - bis auf die atemberaubende Aussicht an sich, die mich stocken ließ - keine Sekunde zögern, sein Angebot anzunehmen, diese Sammlung zu übernehmen und zusammenzuhalten. Dieses vorzeitige Erbe ehrt mich ungemein und ist zugleich eine Anerkennung der Rolle der Schwalbe für das Problemschach.

Alles Gute zum 80. Geburtstag!


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