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Kalenderblatt
Der vor 50 Jahren verstorbene Antonio Bottacchi (16.4.1900-22.12.1969) gehörte neben Mari, Guidelli und Stocchi zum "Großen Quartett" der italienischen Zweizügerkomponisten aus der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts. Sein Werk ist weniger bekannt geworden als das der drei anderen, da er nur in wenigen Zeitschriften publizierte, zuletzt ausschließlich in italienischen, und eine bescheidene, introvertierte Persönlichkeit war, die allen Ehrungen gegenüber abgeneigt war. Der schachliche Autodidakt hielt Schachprobleme, die ihn immer gefesselt haben, seit er sie in seiner Jugend kennenlernte, "für den schönsten Traum seines Lebens". Bottacchis Werk wurde von Oscar Bonivento in dem 2005 erschienenen Band Realismo e Romanticismo nell'arte problemistica di Antonio Bottacchi in 432 problemi commentati zusammenfassend präsentiert. Viele seiner ab 1916 komponierten Zwei- und Dreizüger sind im damals aktuellen Good-Companion-Stil gehalten.
Antonio Bottacchi
Densmore MT 1918-1920
1. Preis
#2 (8+9)
Antonio Bottacchi
2650 L'Illustrazione
Italiana 1918
#2 (8+10)
Eine ganze Reihe von Problemisten des letzten Jahrhunderts kam in kriegerischem Umfeld erstmals mit dem Schachspiel in Berührung, sei es beim Verharren im Schützengraben, sei es nach einer Verletzung im Lazarett. Ein Beispiel hierfür ist Matthias Elgaß (19.8.1887-16.12.1969), dessen ca. 1960 von ihm selbst verfasster schachlicher Lebenslauf damit beginnt, dass er am 19. Juli 1918 an der Westfront zum dritten Mal verwundet wurde und in französische Gefangenschaft geriet. Das Erlernen des Schachspiels von Kameraden, begleitet von Versuchen, Schachprobleme zu lösen, gehört anfangs sicherlich in die Kategorie des Zeit-Totschlagens, doch dann erwacht bei manchem das Interesse. So erging es auch Elgaß, der nach seiner Entlassung aus der Gefangenschaft im Sommer 1919 dem Kunstschach treu blieb. Bald danach begann er mit dem Bau von Schachaufgaben und verfasste hauptsächlich 2- bis 6-Züger nach eigenen Einfällen, ohne einer bestimmten Schule zuordenbar zu sein, und versuchte sich manchmal auch an Variationen schöner und schwieriger Probleme anderer Komponisten. Heraus kamen dabei etwa 200 Aufgaben, die überwiegend in verschiedenen Zeitungen und Zeitschriften erschienen und die "in der Mehrzahl von den Lösern sehr beifällig aufgenommen wurden".
Über Arnoldo Ellerman (12.1.1893-21.11.1969), der Zeit seines Lebens in Buenos Aires lebte und niederländische Wurzeln hatte, gab es im Heft 289 schon eine Kalenderblatt-Notiz zum 125. Geburtstag. Jetzt ist an den 50. Todestag des "Königs des Zweizügers" zu erinnern. Diesen Ehrentitel gab man ihm, der auch Herausgeber der Zeitschrift El Ajedrez Argentino war, schon zu Lebzeiten.
Kurt Richter (24.11.1900-29.12.1969) war ein erfolgreicher Partiespieler, dessen scharfes Angriffs"-spiel ihm den Spitznamen "Scharfrichter von Berlin" einbrachte. Nachdem er sich für die Laufbahn eines Schachprofis entschieden hatte, musste er, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen, auch als Schachjournalist tätig sein. Als Nachfolger Frh. von Holzhausens gab er über viele Jahre die Deutschen Schachblätter heraus. Daneben schrieb er in seinem sehr unterhaltsamen Stil eine Reihe von Büchern, beispielsweise das 1958 erschienene Schachmatt, das er im Untertitel eine lehrreiche Plauderei für Fortgeschrittene über den Mattangriff im Schach nannte; dieses war vor vielen Jahren eines meiner ersten Schachbücher, das ich mit großem Interesse verschlang. Gelegentlich komponierte Richter auch Probleme; er hat 1930 sogar ein Hilfsmatt in der Schwalbe veröffentlicht.
Konrad Erlinger
Deutsche Schachzeitung
1905
#3 (11+12)
Michael Bent
British Chess Magazine
1981
Gewinn (5+4)
Über den vor 125 Jahren geborenen lettischen Partiespieler und Studienkomponisten Hermann Mattison, in lettischer Schreibweise Hermanis Matisons, (28.12.1894-16.11.1932) gab es schon in Heft 228 eine Kalenderblattnotiz. - Genau einen Tag jünger als Mattison war Rudolf Leopold (29.12.1894-1.11.1986), der als Problemkomponist mit dem Dresdner ein großes Thema gefunden hatte, dem er sich zeitlebens immer wieder widmete. Im Heft 252 (Dezember 2011) erschien auch über ihn schon eine Kalenderblatt-Notiz anlässlich seines 25. Todestags.
Der holländische Banker und Wertpapierhändler Aegidius Samuel Ommeren (5.11.1894-30.8.1977) gehörte zu den Gründern unserer holländischen Schwesterorganisation NBvP und war vor dem 2. Weltkrieg mehrere Jahre Vorstandsmitglied. Als Komponist schuf er meist Zweizüger eher konventionellen Stils, denn er hielt nichts von virtuellem Spiel. Daneben befasste er sich schon seit den 1920er Jahren auch mit Märchenschach und Retros.
Dem vor 150 Jahren geborenen Schweden Joel Fridlizius (31.12.1869-6.1.1963) war schon in Heft 259 (Februar 2013) eine Kalenderblattnotiz gewidmet. Ebenso wie der einige Jahre jüngere Däne Jørgen Møller (4.11.1873-20.11.1944), dessen Todestag 75 Jahre zurückliegt, gehörte auch Fridlizius zu den wenigen Skandinaviern, die im böhmischen Stil komponierten. Beide waren darüber hinaus erfolgreiche Partiespieler; in der dritten Nordischen Meisterschaft 1905 siegte Møller vor Fridlizius.
Vor 175 Jahren wurde Andrés Clemente Vázquez (22.11.1844-21.2.1901) in Kuba geboren. Er nahm später die mexikanische Staatsbürgerschaft an, wurde mexikanischer Meister im Partieschach und gab neben vielen anderen Publikationen auch ein Buch mit in Mexiko gespielten eigenen Partien heraus. Ab 1883 war er stellvertretender mexikanischer Außenminister, 1886 ging er als Generalkonsul von Mexiko zurück nach Havanna und publizierte weiterhin von dort aus, darunter auch einige problemschachliche Schriften und eine Schachzeitschrift namens El Pablo. Als Partiespieler hatte er einige berühmte Gegner, so bestritt er u. a. einen Wettkampf mit Steinitz, den er, ebenso wie Tschigorin, Lasker und andere, zu Besuchen in Havanna animieren konnte.
Domenico Lorenzo Ponziani (9.11.1719-15.7.1796) wurde vor nunmehr 300 Jahren in eine italienische Patrizierfamilie hineingeboren. Nach einem Jura-Studium erhielt er schon im Alter von 24 Jahren eine Professur an der Universität seiner Heimatstadt Modena, die er 1766 zugunsten einer Karriere im Dienst der Kirche eintauschte. Über lange Zeiträume beschäftigte sich Ponziani mit dem Schachspiel, Aufzeichnungen dazu gehen bis mindestens 1749 zurück, 20 Jahre vor Erscheinen seines Buchs Il giuo\-co incomparabile degli scacchi, das auch einen Abschnitt über Endspiele enthält. Ponziani gehört neben Ercole del Rio und Giambattista Lolli zu den Begründern der Schule von Modena, die einen großen Einfluss auf die Entwicklung des Schachspiels in Italien hatte.
(GüBü)