Kalenderblatt
Vor einem halben Jahrhundert verstarb Wilhelm
Sieber (18.3.1896-20.3.1969). Der Hamburger war ein früher
Anhänger des (auch extremen) Märchenschachs - da
dürfte ihm die geographische Nähe zu Hans Klüver
gerade recht gewesen sein. Ebenso wie Klüver versuchte auch
er, viele Märchenbedingungen in Partien einzusetzen und
testete sie in Fernpartien.
Tibor Flórián
Fleck-TT 1936
1. Preis
#2 (9+14)
Der vor 100 Jahren geborene Tibor
Flórián (2.3.1919-28.1.1990) war insbesondere vor
dem 2. Weltkrieg als Komponist aktiv; ungefähr 200
Probleme, überwiegend Zwei- und Dreizüger, gehen auf
ihn zurück. Viele seiner Aufgaben erschienen unter seinem
Geburtsnamen (oder war es ein Pseudonym? Oder die eingedeutschte
Form des ungarischen Namens?) Tibor Feldmann.
Während des Kriegs zog es ihn zum Partieschach hin; er
wurde 1945 ungarischer Meister und blieb bis Ende der 1950er
Jahre ein erfolgreicher Spieler und Autor theoretischer Artikel.
Sein Preisträger aus dem Fleck-Thematurnier zeigt das
Fleck-Thema mit sechs Drohungen: 1.Seg4!
[2.Df4/De5/Dd3/Se3/Te5/Tf1#], 1.- g:f6/D:c1/g5/e5/e6/e:d6
2.Df4/De5/Dd3/Te5/Tf1/L:d7#.
Lars Larsen
Magasinet 1941
2. Preis
#3 (9+10)
Das Geigen- und das Schachspiel begleiteten Lars
Larsen durch sein langes Leben (9.3.1919-27.3.2017). In beidem
bekam er schon früh Unterricht, später spielte er in
mehreren Orchestern und komponierte auch eigene Melodien. Sein
erstes Schachproblem publizierte er 1937 in Magasinet,
deren Schachecke sein dänischer Namensvetter K. A. K.
Larsen betreute (dessen vor 150 Jahren geborener Vater Peder
Andreas Larsen (1.4.1869-28.4.1946) war übrigens ebenfalls
Problemist). Der Schwerpunkt von Lars Larsens reichhaltigem
kompositorischen Schaffen lag auf dem Gebiet des Zwei- und
Dreizügers; daraus hier ein Beispiel mit
abwechslungsreichem Batteriespiel: 1.De7! [2.Sd4+/Sg7+ Kf4
3.De3#], 1.- T:f2 2.Kc4 [3.Lh1... f3#] 2.- Tf4+/K:f5 3.Sd4/Dg5#;
1.- Te2 2.Kb4 [3.Lh1... f3#] 2.- Te4+/K:f5 3.Lc4/Dg5#; 1.- g3
2.f4+ K:f5 3.Dg5#. Ab 1940 veröffentlichte er verschiedene
problemschachliche Aufsätze, von denen viele in Thema
Danicum erschienen.
Jenő Bán
Tipográfia-Turnier 1966
Ehrende Erwähnung
Gewinn (7+5)
Am gleichen Tag wie Lars Larsen wurde Jenő
Bán geboren (9.3.1919-12.11.1979), der über viele
Jahre schachjournalistisch tätig war, darunter von 1951 bis
1972 als Redakteur der ungarischen Zeitschrift Magyar
Sakkélet, deren Studienteil er von 1953 bis Ende der
1970er Jahre leitete. 1954 veröffentlichte er ein Buch
über Endspieltaktik, von dem 1963 in verkürzter
Fassung auch eine englische Übersetzung erschien (The
Tactics of End-Games). Unter seinen etwa 200 Kompositionen
befinden sich hauptsächlich Studien, langzügige
Hilfsspiel-Aufgaben sowie Probleme mit mathematischer
Prägung. Hier eine seiner Studien: 1.a7
Te3+ 2.Kf1!\ (2.Kf2/Kd2? T:b2+ oder 2.Kd1 Td3+ 3.Kc2 Td:c3+
4.Kb1 Ta3) 2.- Tf3+ 3.Kg1 Tg3+ 4.Kh1 Tg8!
5.L:g8 T:b2. Wenn Weiß jetzt 6.a8D? spielt, folgt Th2+ 7.Kg1
Tg2+ ... 13.Ka1 Tb1+ 14.Ka2 Ta1+ remis. Daher 6.f7!
Ta2 Auf 7.f8D? hält Schwarz remis mit 7.- Ta1+ 8.Kh2 Th1+
9.Kg2 Tg1+ usw.; Weiß muss die schwarze Pattstellung vermeiden,
daher 7.f8T! mit Gewinn.
Raschid G. Ponomarjow
Schachmaty w SSSR 1940
#2 (10+8)
Der russische Problemist Raschid G. Ponomarjow
(1.3.1919-14.12.1998) komponierte zwischen 1936 und Ende der
1940er Jahre etwa 150 Probleme, überwiegend Zwei- und
Dreizüger. Er ist auch im 1943 erschienenen Buch The
Two-Move Chess Problem in the Soviet Union, 1923-1943 aus der
Overbrook-Serie von A. C. White vertreten, ebenso im FIDE-Album
1914-1944/II. Nach einer berufsbedingten langen Pause kehrte er
Mitte der 1980er Jahre zur Komposition zurück, wandte sich
aber, um nicht die Entwicklung von 35 Jahren nachholen zu
müssen, um den aktuellen Entwicklungsstand seines
früheren Spezialgebiets wieder zu erreichen, dem damals
noch überschaubaren Gebiet des Märchenschachs zu. Hier
eine Aufgabe aus seiner frühen Schaffensperiode: 1.La3?
[2.Sb4#], 1.- f6/f5/T:d5/b4 2.Td6/Se5/Se5/D:c4#, aber 1.- Sc7!.
1.Sb6! [2.Se5#] f6+/f5+ 2.Te6/d5.
Veikko Samuel Salonen
Suomen Shakki 1942
3. Preis
#3 (6+13)
Veikko Samuel Salonen (17.3.1919-26.8.1992) war
der jüngste Spross einer angesehenen finnischen Familie.
Seine Schachleidenschaft schlug sich in erster Linie im
Partieschach nieder, doch gelegentlich komponierte er auch. Der
hier gezeigte Dreizüger wurde ins FIDE-Album aufgenommen,
Lösung: 1.Se8! [2.Kd8 nebst 3.Sc7#], 1.-
Sf1/Se2/Se4/Sf5/Sh5 2.Kd8/K:c6/K:b6/Ke8/Kd7/K:d6 nebst 3.Sc7#.
Juan Zaldo Zapirain
Stratford Express 1950
1. Preis
#2 * vv (11+9)
Mit 16 Jahren begann Juan Zaldo Zapirain
(18.3.1919-16.1.1963) Probleme zu komponieren, legte dann aber
gleich eine längere Pause ein. Erst um 1947 setzte seine
sehr fruchtbare Phase ein. Innerhalb weniger Jahre erzielte er
viele Turniererfolge, 1957 wurde er internationaler
Preisrichter, mehr als ein Jahrzehnt lang war er Mitarbeiter der
spanischen Zeitschrift Problemas. Ein viel zu früher
Tod beendete diese produktive Periode, in der auch das folgende
Problem entstand. Satz: 1.- Sf4 [a] 2.Sd6# [A], 1.- Tb6 [b]
2.Se3# [B]; Verf.: 1.Ld4? [2.Sd6# [A]/Se3# [B]], 1.- Sf4 [a]
2.Sd6# [A], 1.- Tb6 [b] 2.Se3# [B], 1.- T:c4 2.d:c4#, 1.- L:e7+
2.S:e7#, 1.- Lc7 2.Se3# [B]/Tf7#, 1.- Df4+ 2.g4#, aber 1.- S:d4
[c]!; 1.D:b4? [2.Sd6# [A]/Se3# [B]], 1.- Sf4 [a] 2.Sd6# [A],
aber 1.- Sd4 [c]!; 1.Db6? [2.D:e6#], aber 1.- a:b6!; 1.Da6!
[2.D:e6#], 1.- Sf4 [a] 2.Sd6# [A], 1.- Tb6 [b]/Sd4 [c] 2.Se3#
[B], 1.- L:e7+ 2.S:e7#, 1.- Lb6 2.Tf7#, 1.- T:c4+ 2.d:c4#, 1.-
Sf8/Sc7 2.d4#, 1.- Sg5 2.Te5#, 1.- Df4+ 2.g4#. Somow (B1),
Rudenko, fortgesetzte Verteidigung.
Otakar Votruba
Národní politika 1931
2. Preis
#3 (9+15)
Otakar Votruba (21.4.1894-13.7.1943) entstammte
der böhmischen Problemschule, versuchte aber, das schwarze
Spiel interessanter zu machen durch den Einsatz von schwarzen
Verteidigungs-Figuren, anstatt sich auf die typischen
böhmischen Stellungen mit wenigen weißen Steinen gegen
einen unverteidigten König zu beschränken. Ein
Beispiel für dieses Bestreben bietet seine hier
wiedergegebene Aufgabe: 1.Se8! [2.Sd6 nebst 3.Sf7#], 1.-
L:h3/S:h3/T:h3/S:b4/Sc1 2.Kf4/Kf5/Ke6/K:e4/Kd6 nebst 3.L:g7#.
Dem vor 150 Jahren geborenen englischen Problemisten Cecil
Alfred Lucas Bull (23.3.1869-19.7.1935) war schon in Heft 244
eine Kalenderblattnotiz gewidmet. Auch an den nur eine Woche
jüngeren "unbekannten" holländischen Komponisten Leonard
Nicolaas Jong (30.3.1869-13.11.1937) wurde erst kürzlich
erinnert (siehe Heft 258).
George E. Carpenter
Dubuque Chess Journal
1873
#2 (3+1)
George Edward Carpenter, vor 175 Jahren geboren
(25.3.1844-17.2.1924), gehörte zu den bedeutendsten
amerikanischen Problemisten des 19. Jahrhunderts. Mit 13 Jahren
kam er erstmals mit Schach in Berührung, die Probleme im
1857 erschienenen Buch über den (ersten) Amerikanischen
Schachkongress faszinierten ihn, zwei Jahre später begann
er, selbst zu komponieren. Seine Probleme sind in zwei
Sammlungen erschienen. Zunächst gab Orestes Brownson 1888 Carpenter's
Chess Problems heraus, 1901 folgte dann der von Numa Preti
zuammengestellte Band 200 Problèmes
d'échecs de George E. Carpenter. Gemeinsam mit dem
englischen Komponisten H. J. C. Andrews entwickelte Carpenter
eine strenge Dual-Theorie, die im Idealfall völlige
Dualfreiheit vorsah. Sie veröffentlichten ihre Auffassungen
in England (in den Westminster Papers). Die damals noch
unter altdeutscher Flagge segelnden Kohtz und Kockelkorn hielten
gar nichts davon und brachten das in einigen Beiträgen, die
1881/82 in Brentano's Chess Monthly erschienen, auch
deutlich zum Ausdruck - worauf Carpenter, der ebenso wie Kohtz
nicht vor scharfen Äußerungen zurückschreckte, polemisch
reagierte. Einer der berühmtesten Viersteiner stammt aus
Carpenters Werkstatt und wurde von Lasker als Muster der
Vollkommenheit gelobt: Nach dem fluchtfeldgebenden
Schlüssel 1.Dh3 folgt ein Idealmatt des völlig frei
stehenden schwarzen Königs (also auch ein Spiegelmatt).
George E. Carpenter
Nr. 85 American Chess
Nuts (1868)
#2 (12+7)
Neben vielen Miniaturen komponierte
Carpenter aber auch komplexere Aufgaben: 1.Lf1! (Zugzwang), 1.-
L:e6/Ld5/Lc4/Lb3 2.S:e6/T:d5/Sf3/S5:b3#, 1.- S~ 2.L(:)c3#, 1.-
e:d2 2.e3#, 1.- T:c5/T~ 2.L:c5/De5#, 1.- g6, g5 2.Dh8# und
schließlich eine kleine Variante, in der auch Carpenter nicht an
einem Mattdual vorbeikam: 1.- Lb1 2.Td5 oder S5b3#.
Das erste in slowenischer Sprache erschienene Periodikum mit
einer Schachecke war die Monatsschrift Slovenski glasnik,
die zwischen 1858 und 1869 erschien. Die Schachspalte wurde von
Ivan Kos (14.12.1846-26.11.1907) und dem vor 175 Jahren geborenen
Josip Ogrinec (5.4.1844-13.5.1879) geleitet.
Wenn diese Daten zutreffen, dann lag die Schachredaktion des
Blattes in sehr jungen Händen, denn Ogrinec und Kos waren
bei Einstellung des Blatts erst 25 bzw. 23 Jahre alt.
(GüBü)