1.
Einleitung Das neue Buch "The Art of Composing
Selfmates" von Groß- und Weltmeister Petko A. Petkow ist für
Selbstmattfreunde
sehr lesenswert. Es enthält neben vielen interessanten Selbstmatts (meistens
von Petko selber) eine Fülle von beachtenswerten Aussagen und Anregungen.
Dabei versucht Petkow festzulegen, was ein ideales modernes Selbstmatt ist. Daher
werden auch ästhetische Betrachtungen angestellt. Ich habe bemerkt, dass
meine 'Ideale' viel weitherziger sind als die seinen. Da ich meine, dass die Diskussion
ästhetischer Fragen wichtiger ist als technische Untersuchungen etwa zu gewissen
Themen, will ich nach näherer Betrachtung einiger der von Petkow aufgestellten
Regeln hier aufschreiben, was mir bei (strategischen) Selbstmatts besonders erstrebenswert
erscheint. Betrachten wir erst Petkows Standpunkt. Er schreibt, das 'Moderne
ideale Selbstmatt' (MIS) müsse folgenden Anforderungen (Requirements) genügen
(Übersetzung HPR):
1. EIN THEMA ODER EINE IDEE WIRD DEMONSTRIERT,
DIE IN ANDEREN GENRES NICHT GEZEIGT WERDEN KANN. FALLS DAS THEMA DOCH DORT GEZEIGT
WERDEN KANN, DANN SOLLTE ES SELBSTMATTSPEZIFISCH INTERPRETIERT SEIN. 2. VERLANGT
IST EIN THEMATISCHER KOMPLEX MIT MINDESTENS ZWEI THEMATISCHEN VARIANTEN (AUSGENOMMEN
DABEI: LOGISCHE SELBSTMATTS). DER SCHLÜSSEL SOLL EIN SCHWIERIGER STILLER
ZUG SEIN MIT EINER DROHUNG IN VOLLER LÄNGE. ES SOLL KEINE DUALE IM MATTZUG
ODER BEI DEN VERTEIDIGUNGSZÜGEN GEBEN. SCHLÄGE SCHWARZER STEINE, UNTHEMATISCHE
WIEDERHOLUNGEN WEISSER ZÜGE ODER SCHWARZER MATTZÜGE SIND UNERWÜNSCHT. 3.
DIE AUFGABE MUSS ORIGINELL SEIN UND NICHT EINE REVISION EINES ÄLTEREN PROBLEMS,
WEDER VOM AUTOR SELBST NOCH VON EINEM ANDEREN AUTOR. (BESONDERS SCHLECHT IST ES,
NUR WEITERE VARIANTEN AUF KOSTEN DER ÖKONOMIE ZUZUFÜGEN). 4. REKORDE
ODER TASK-PROBLEME, IN DENEN OBIGE ANFORDERUNGEN VERLETZT SIND, SOLLTEN VERMIEDEN
WERDEN ( SIE ENTSPRECHEN SPORTLICHEN RESULTATEN OHNE KÜNSTLERISCHEN WERT). 5.
EINE UNTERABTEILUNG VON MIS KÖNNTE 'DAS MODERNE STRATEGISCHE SELBSTMATT IN
'N' ZÜGEN' SEIN (MSSN). DAS MSSN IST EIN S# - MEHRZÜGER MIT MINDESTENS
3 VARIANTEN ODER EINER DROHUNG IN VOLLER LÄNGE UND 2 VARIANTEN.
Petko
merkt an, dass in der harten Wirklichkeit das (sein) Ideal nicht immer erreicht
werden kann, und der Komponist dann Kompromisse machen muss. Er ist dann ziemlich
strikt in der Frage, welche Kompromisse für ihn zulässig sind und welche
nicht. Mir fällt auf, dass diese Ideale vor allem seinem (sehr erfolgreichen)
Kompositionsstil abgeschaut sind. Vielen der obigen Anforderungen werden die meisten
guten s# - Komponisten zustimmen, aber eben nicht allen. Wieder andere ästhetische
Punkte, die anderen (und, wie man an seinen Aufgaben sieht, auch Petkow) wichtig
sind, sind gar nicht erwähnt. Es ist lobenswert, wenn jeder Komponist
versucht, sein Ideal zu verwirklichen. Doch andere haben andere Ideale, und gerade
das erzeugt die schöne Vielfalt in den Künsten. Zum Beispiel hat Camillo
Gamnitzer vermutlich kaum ein Selbstmatt geschaffen, das dem Stil MIS oder MSSN
gerecht wird, denn er erstrebt ganz anderes, wie etwa tiefsinnige und unerwartete
Zusammenhänge zwischen den Zügen und Plänen. Wer möchte aber
leugnen, dass Gamnitzer originelle moderne Selbstmatts baut? Eine Gefahr von
absolut gesetzen Vorschriften ist auch, dass Preisrichter sie mechanisch anwenden
und alles abwerten, was eine der Vorschriften verletzt, auch wenn die Aufgabe
sonst besonders schön und neuartig ist. Auf die Freiheit des Gestaltens und
Beurteilens darf aber in keiner Kunst verzichtet werden.
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1
Michael Keller feenschach 1977 1. Preis
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s#3 |
(10+12)
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1.Dg4!
[2.d4+e:d3e.p. 3.Dd4+c:d4#] 1.-S:d2 2.Shg6+(Sfg6+?) T:g6/L:g6 3.Df5+/L:d6+
K:f5/K:d6#,
1.-T:d2 2.Sfg6+(Shg6+?) T:g6/L:g6 3.De4+/De6+ K:e4/K:e6#
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II. Diskussion einiger
der oben erwähnten Anforderungen". Punkt 1 wird wohl jeder
zustimmen. Trotzdem bleibt die Frage: Was ist selbstmattspezifisch? Als abschreckendes
Beispiel wird uns 1 vorgestellt: dort werde "ein bekannter orthodoxer
Nowotnymechanismus um einen halben Zug verlängert". Richtig ist, dass
es im direkten 3# mehrere Aufgaben gibt, bei denen ein Nowotnyschnittpunkt mehrfach
mit Dualvermeidung und Mattwechsel besetzt wird. Viele werden hier aber sagen,
dass die 4 verschiedenen Batteriematts des sK hinreichend viel Selbstmattflair
einführen. Das Thema ist: Nowotnyauswahl mit Batteriematts des sK. Letzteres
geht nur im s#. Außerdem ist die Einschaltung der Nowotnys durch T/S:d2
rein selbstmattartig, die Züge begründen die Nowotnyabspiele s# - spezifisch.
Der genaue Blick zeigt zudem, dass gerade auch der Dualvermeidungsmechanismus
selbstmattspezifisch ist, denn er beruht darauf, dass Weiß Kraft opfert
(indem er die Deckung von e6/f5 aufgibt). Der richtige Springer ist so zu wählen,
dass ein bestimmtes Schach kein Matt ist, was orthodox nicht klappen kann. Der
Nowotny-Mechismus mit der Wahl der S-Züge ist also gerade NICHT orthodox.
Probe aufs Exempel: Man versuche, das zu einen #3 umzubauen, in dem statt Matterzwingungszügen
Mattzüge verwendet werden. Man lasse etwa a2, a5, c5 weg und ersetzte Kc3
durch einen wB. Die Drohung geht, aber alles andere bei diesem Mechnismus kann
offensichtlich (auch abgesehen von Cooks) orthodox nicht funktionieren. Deckt
man f5/e6 noch einmal (wLh3), damit die Nowotnys immer mit Matt arbeiten, so entstehen
Duale, die in diesem Schema nicht differenziert werden können.
Da
könnte man genauso die Meinung vertreten, dass reine weiße Batteriespiele
nach Siers-Art zwecks Besserstellung weißer Steine zu orthodox sind (und
damit ein gut Teil der MSSN-Selbstmatts). So entstünde im Gegensatz zu 1
z. B. aus 2 ein theoretisch funktionierender orthodoxer Fünfzüger,
wenn man Te1, Ld1 streicht und den wK nach h8 versetzt. 'Nur' kann man die Nebenlösungsgefahren
wegen der überall möglichen Mattzüge (wie schon 1.Td8/Te5#) orthodox
nicht ausschalten. Meine Meinung ist, dass orthodoxe Strategie und Mechanismen,
die wegen zuvieler Mattzüge nur im s# realisierbar sind, dort einen anerkannten
Platz haben müssen. Ich halte daher diese Aufgabe für ein sehr gutes
und ausreichend spezifisches Selbstmatt.
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2
Petko A. Petkow Schach Aktiv 1994 2. Preis
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s#5 |
(9+11)
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1.Se6!
[2.Sd6+ c:d6 3.Sc5+ d:c5 4.T:g5+ Kd4 5.Tg4+] 1.- d2 s.Te5+ Kd3 3.Le4+ Ke2
4.Lf3+ Kd3 5.Le2+ L:e2#, 1.- f:e6 2.Td4+ K:f5 3.Le4+ Kg4 4.Lf3+ Kf5 5.Lg4+
L:g4#
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Punkt
2 ist ein Gemisch verschiedener Vorschriften, zu denen man viele Fragen stellen
kann. Warum soll es nicht ideale moderne strategische Selbstmattmehrzüger
mit nur einer Hauptvariante
(und auch Kurzdrohungen)
geben können? Wieso soll nur der Schlüssel ein schwieriger stiller Zug
sein? Für meinen Geschmack sind solche Züge auch später sehr wertvoll
(leider ist es schwieriger, Themen zu finden und gestalten, in denen solche vorkommen).
Dass Petkow unter 'Dual' etwas anderes versteht, als 99% aller Selbstmattkomponisten
der Vergangenheit und Gegenwart, ist schon hinreichend an anderen Orten diskutiert
worden. Ich selbst vermeide nach Möglichkeit (nicht nur im s#), dass dieselbe
Hauptvariante nach mehreren verschiedenen schwarzen Züge gespielt werden
muss. Manchmal möchte man aber gerade das Umgekehrte: Bei fortgesetzten Verteidigungen
ist der beliebige Zug eines Steins, nach dem die Sekundärdrohung erfolgt,
die Regel, ohne dass das jemand kritisiert; die meisten Verfasser bevorzugen dann
sogar mehr als einen 'beliebigen' Zug. Denkt man diese Vorschrift konsequent zu
Ende, so wären auch die verschiedenen schwarzen Züge, nach denen die
Drohung durchgeht, solche 'Defekte'.
Punkt 3 kann ich voll zustimmen. Aber
es ist legitim, wenn jemand eine ältere Aufgabe bei gleichem Schema konstruktiv
oder inhaltlich verbessern kann, dass er sie unter 'nach ...' publiziert. Es ist
dann am Preisrichter, zu entscheiden, ob der Fortschritt für eine Auszeichnung
groß genug ist.
Punkt 4 deckt sich ziemlich mit meinem Geschmack.
Aber viele Komponisten finden diese sportliche Seite der Problemkomposition
(zumindest dann und wann) attraktiv. Für sie muss auch ein Platz im modernen
strategischen s# reserviert sein.
III. Was mir bei strategischen Selbstmatts
besonders erstrebenswert scheint. 1. DAS THEMA SOLLTE SELBSTMATTSPEZIFISCH
ODER SELBSTMATTSPEZIFISCH INTERPRETIERT SEIN. 2. DIE AUFGABE SOLL MÖGLICHST
ORIGINELL SEIN. 3. A) DIE BEGRÜNDUNG, WESHALB GEWISSE ZÜGE GESPIELT
WERDEN, SOLLTE EINERSEITS MÖGLICHST KLAR, ANDERERSEITS MÖGLICHST TIEFSINNIG
SEIN. B) THEMA UND LÖSUNG SOLLTEN MÖGLICHST VIELE STRATEGISCH INTERESSANTE,
NACH MÖGLICHKEIT STILLE UND SCHWIERIGE ZÜGE ENTHALTEN. 4. NACH REICHHALTIGKEIT
DES GESAMTEN INHALTS IST ZU STREBEN. 5. DIE FIGURENBEWEGUNGEN SOLLEN MÖGLICHST
DYNAMISCH, FEIN UND ELEGANT SEIN. 6. DER MATERIALAUFWAND SOLLTE DEM INHALT
ANGEMESSEN SEIN (ÖKONOMIE). WENIG BESCHÄFTIGTE WEISSE FIGUREN SOLLTEN
NICHT VORKOMMEN. NACH EINER MÖGLICHST SPARSAMEN UND AUCH OPTISCH SCHÖNEN
STELLUNG IST ZU STREBEN.
Das sind nun keine 'Anforderungen', sondern Wünsche,
die selbst bei Meisterwerken in verschiedener Mischung verschieden gut erfüllt
sind. Diese Wünsche sind auch nicht selbstmattspezifisch (außer 1.),
sondern betreffen alle strategischen Schachprobleme. Außerdem kann z.B.
nicht genau definiert werden, wann ein Inhalt reichhaltig ist. Es braucht viel
Erfahrung und die Kenntnis früherer Meisterwerke, um bei 1.-6. richtig urteilen
zu können.
Die Kompositionen Petkows und spätere Kommentare in
seinem Buch zeigen, dass die genannten Punkte auch für ihn sehr wichtig sind
(da sind unsere Meinungen wohl nicht auseinander), nur hat er sie beim MIS am
Anfang nicht erwähnt.
Meist lassen sich diese Wünsche nicht gleichzeitig
erfüllen. Nach meinem Geschmack muss ein s# - Meisterwerk mindestens die
Note 'gut' bei den Punkten 1, 2 und 6 erhalten und mindestens ein, besser zwei
'Sehr gut' in einem der Punkte 3.-5. Für Preise in durchschnittlichen Turnieren
muss bei mir als Preisrichter 1., 2., 6. mindestens 'noch gut' sein und 'gut'
in etwa 2 der restlichen Punkte erreicht werden.
In gewisser Hinsicht sind
die Ziele sogar konträr. Tiefe und Reichhaltigkeit (gemessen an der Variantenzahl)
gehen selten zusammen: Wenn man Tiefe statt Reichhaltigkeit in den Vordergrund
stellen will, so wird man (statt den 2-3 Varianten) verlangen, dass außer
dem Schlüssel noch mindestens 1 stiller, schwieriger Zug vorkommen sollte.
Damit würde man eher Gamnitzers Stil beschreiben, und viele MIS Selbstmatts
wären nicht einschlägig. Ähnlich ist bei einem kraftvollen Inhalt
selten eine elegante, optisch schöne Stellung erreichbar.
Die Ziele
4.-6. sind für alle künstlerischen Schachaufgaben wichtig, nicht nur
für Selbstmatts, 5. besonders für längere Aufgaben. 3.-4. beschreibt
den eher 'strategischen' Stil. Besonders oft wird bei heutigen computergestützt
komponierten vielzügigen Selbstmatts gegen 3. und 5. verstoßen: dort
gebe ich Note mangelhaft. (Oft kommt nur eine Schachserie mit nicht einem interessanten
Zug vor. Da macht dann nicht einmal das Nachspielen der Lösung Spass). Ich
habe aber nichts dagegen einzuwenden, wenn man mit dem Computer Aufgaben sucht
und findet, die gute Noten verdienen. Es sollen jetzt noch 3 erstklassige Selbstmatts
im Licht dieser Wünsche betrachtet werden.
3
Petko A. Petkow feenschach 1990 2. Preis
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4
Camillo Gamnitzer feenschach 1999 1. Preis
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5
Camillo Gamnitzer Schach Aktiv 1996 1. Preis Jürgen
Bischoff gewidmet |
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s#5 |
(13+10) |
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s#5 |
(10+12) |
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s#5 |
(9+8) |
1.
e8L [2.Sfe6+ K:d5 3.Sc7+ Kd4 4.Sge6+Ke4 5.De1+ T:e1#] 1.- g:f1S 2.Te6+K:d5
3.Te5+ Kd4 4.Te2+ Te5 5.Td2+, 1.- g:f1L 2.Tf7+ K:d5 3.Tg7+ Kd4 4.Tc7+ Te5
5.Tc4+
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1.T:c4+?
K:c4 2.Se3+ Kb5! Wie beseitigt man das Fluchtfeld b5? 1.Lg1? D:d7! 1.Lh7!
[2.Te2+
g6 3.Te3+ S:e3#] g5 2.Lg1 [3.Te3+ Kd4 4.Te2+ Se3#] D:d7 (4.-K:d5!) 3.Lc5!
[4.Te2+Df5/D:h7
5.Te3+] Db5 4.T:c4+ K:c4 5.Se3+.
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1.Lf2!
[2.Sc6+ Kd6 3.Lg3+ Kc5 4.Tb5+] 1.- f5! (3.- f4!) 2.Lg1! [3.S:f5+h:g1~
4.Tb5+] h1L! 3.Dc2+! d:c2 4.Sf3+ Kc4 5.Se5+! Kc3 6.Sd5+ L:d5 7.Tb3+ L:b3#. 2.-
Tb8 3.S:f5+ 4.T:b8!, 1.- Tb8? 2.Sc6+ 3.Lg3+ 4.T:b8!, 1.- Th3?/Th4?/h1S?
2.Sf5+!
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Den Anfang soll
Petkows Meisteraufgabe 3 seines Stils MSSN bilden. Meine Noten sind etwa
1.gut 2.sehr gut 3.noch gut 4.sehr gut 5.sehr gut 6.noch sehr gut. Wieso nur gut
bei 1. (Selbstmattspezifik)? Ähnliche Batterietransformationen kommen auch
in direkten Mattaufgaben vor. Zu 2.: Das schwarze Spiel ist zwar wenig originell,
jedoch macht das ziehharmonikaartige Spiel des weißen Turms nach oben und
unten einen sehr originellen Eindruck. Originalität muss nach dem Gesamteindruck
beurteilt werden, denn jedes s# enthält heutzutage auch weniger originelle
Details. Dieses feine Spiel des wT sorgt auch für mein 'sehr gut' bei 5.
3a) Die Begründung
der Manöver ist nicht besonders überraschend; eigentlich werden nur
Steine unter Schach auf bessere Felder hingezogen und die Verteidigung durch Schlagen
der sD ist kein besonders feinsinniges Motiv. Für 3b) hat man als positive
Momente (taktische Komplexiät) die Bivalve-Effekte bei Zügen des wT
und die unterschiedliche Behandlung der Unterverwandlungen, also 'noch gut' für
3. Das 'sehr gut' für den Inhaltsreichtum ist offensichtlich. Diese
Note würde bei mir sogar ohne die harmonisch passende langzügige Drohung
mit weiteren Batterietransformationen erreicht. Zu 6. Offensichtlich sind alle
weißen Steine aktiv genutzt und spielen sehr dynamisch. Das Minus ist dem
nur in der Drohung aktiven Sf8 zuzuschreiben.
Betrachten wir als nächstes
4.
Noten:
1.sehr gut 2.sehr gut 3.sehr gut 4.gut 5.sehr gut 6.noch sehr gut. Zu 1: Die
s# - Spezifik ist hier überwältigend. Die weißen Züge geschehen
oft, nur damit ein bestimmtes Schach kein Matt ist. Wie die sD nach b5 gelenkt
wird, ist nur im s# machbar: sie flieht in einen fernen Winkel, damit die Abzüge
des wT Matt statt Schach bieten und gerade dort blockiert sie entscheidend den
sK. Zu 2: Die hohe Originalität
der Vorgänge ist unbestreitbar. Wenn jemand einwendet, dass z.B. ein Pendel
eines wL schon oft vorkam, so ist zu sagen, dass es sehr originell begründet
ist. 2.Lg1 ist antikritisch und geschieht nur, damit 2.Te3 Schach und nicht Matt
bietet, indem das Fluchtfeld d4 entsteht. Die antikritische Rücknahme 3.Lc5
geschieht gerade, um das bei 4.Te2+ D:h7 5.Te3+ störende Fluchtfeld d4 wieder
zu nehmen. Zu 3: Sowohl bei a) als auch bei b) sind Bestnoten angebracht. Leichte
Abstriche bei Reichhaltigkeit, da mit kurzen Drohungen und nur einer Hauptvariante
gearbeitet wird. Leichte Abstriche auch bei Ökonomie, weil Td7 nicht aktiv
spielt (aber für das Funktionieren unerläßlich ist).
Meine
Noten in Gamnitzers 5 sind 1.sehr gut 2.sehr gut 3.sehr gut 4.gut 5.gut
6.sehr gut.
Zu 1. Ein Zug wie 2.Lg1, um h1L zu erzwingen, ist extrem s#
- spezifisch. Zu 2. Zumindest zu Zeit der Publikation war dieses Manöver
auch äußerst originell. Originalität hängt natürlich
vom historischen Moment ab. Zu 3. Weshalb man 1.- f5 erzwingt, ist ebenso klar
wie tief, weil man die Notwendigkeit dazu erst erkennt, wenn man gesehen hat,
dass ein sL, der erst auf h1 (auf sehr originelle Weise) entstehen muss, nach
b3 zum Matt zu zwingen ist. Gerade heute wird im s# von einigen Preisrichtern
wenig auf den Zusammenhang und die Begründung der Manöver geachtet,
sie sind mit dem taktischen Gehalt einzelner Züge (Batterieöffnung etc.)
zufrieden. Zu 4. Bei der Reichhaltigkeit mache ich leichte Abstriche: 'nur' zwei
Abzüge des Batterie-S d4. Das ist vielleicht zu streng, denn man muss den
Inhaltsreichtum in Relation zum aufgewendeten Material sehen. Mir gefallen weniger,
dafür tiefere Vorgänge besser. Das ist nun mal so bei Problemfreunden,
die die Entwicklung der logischen Schule erlebt haben. Zu 5. Das Minus kommt davon,
dass die Schlusswendung ab dem 4. Zug nicht mehr so außergewöhnlich
ist ('orthodoxes' Lenken einer s Figur durch Schachs). Zu
6. Die Ökonomie ist nicht nur sehr gut, sondern geradezu ein Wunder, wie
es auch bei Gamnitzer nur sehr selten vorkommt. Zum Beispiel hat man nicht nur
reine Matts, sondern auch, was bei strategischen s# vermutlich eher selten ist,
ökonomische Matterzwingungen: in der Drohung ist in der Stellung mit Tb5+
keine weiße Figur entbehrlich. Dasselbe gilt für den Schluss mit Tb3+.
Es
gibt nach dem Schlüssel 'nur' einen weiteren weißen stillen Zug, aber
was für einen! Ohne ihn wäre die Aufgabe vermutlich eher durchschnittlich,
was auch durch zwei parallele Varianten nur wenig wettgemacht würde. Meine
Erfahrung ist, dass schon ein stiller weißer Zug nach dem Schlüssel
ohne Zugzwang die Qualität der Aufgabe in der Regel mehr als verdoppelt.
Zum
Schluss will ich betonen, dass die Anwendung aller meiner Kriterien gegenüber
Meisterwerken wie den zitierten beckmesserisch ist; dort zählt der Gesamteindruck
des Einmaligen, Unwiederholbaren. Alles Notwendige ist im richtigen Verhältnis
vorhanden, und es gibt nichts, was man sich besser wünscht. So ist bei 3
das Batteriespiel so reizvoll, dass der Wunsch nach stillen Zügen nicht aufkommt,
oder bei 5 die Lösung so spannend, dass man nicht daran denkt, mehr
Batterieabzüge haben zu wollen. Nehmen Sie also meine obige Notengebung nicht
zu ernst. Andere würden wahrscheinlich andere Noten verteilen. Diese Maßstäbe
können aber helfen, die Qualität von Aufgaben zu beurteilen und anderen
zu zeigen, weshalb man gewisse Aufgaben (darunter viele erste Preise) für
doch nicht ganz so ideal hält.
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