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Heft 204, Dezember 2003

Kalenderblatt

Vor 100 Jahren wurde Camil Seneca geboren (15.12.1903-28.6.1977), rumänisch-französisches Multi-Talent - er war u.a. Zeichner, Journalist, Sänger, Mathematik-Professor und natürlich Problemist. 1956 gründete er die Problem-Zeitschrift Thèmes 64, deren Chefredakteur er bis zu seinem Tod war; die Zeitschrift erschien selbständig weiter bis 1987, wurde dann in Rex multiplex integriert und lebt schließlich bis heute in Phénix weiter. Seneca war außerdem Mitarbeiter bei vielen französischen Schachspalten, unter anderem im Figaro. Seine hier gezeigte Aufgabe war erst seine dritte Komposition und erwies sich als so schwierig, dass der große Lasker nur die erste Variante fand. Nach dem stillen 1.Lg1! liegt eine Zugzwang-Situation vor; nach 1.Ta6,Te6 folgt 2.Lh2 Ta6,Tc6 3.L:g6! [4.Le8 nebst 5.b6#] T:g6 4.Ld6! L/T:d6 5.Sb6/S:c5#. Schwieriger zu sehen ist der zweite Nowotny nach der versteckten Verteidigung 1.- Le7 2.Lh2 Ld8! Jetzt geht nicht 3.L:g6? wegen Lb6!! 4.Le8 La7!, sondern nur 3.Le4! [4.L:c6#] Tc8 4.Lc7!. (Ursprünglich stand der wBg4 auf g5, der sBg5 auf h5, aber dann geht die NL 1.Le3! Weggefallen ist jetzt der Fehlversuch 1.L:h4? Le7! 2.Lg3, der daran scheitert, dass S jetzt ein Tempo hat: 2.- h4!)
Henry William Barry war ein vor 125 Jahren (15.12.1878-21.4.1933) in Irland geborener amerikanischer Komponist und Geigenvirtuose. Er komponierte mehr als 400 Probleme, sein bekanntestes ist der Zweizüger, der 1901 anlässlich des Turniers zur Pariser Weltausstellung den 1. Preis erhielt (s. Dia: 1.Dg4! gibt zwei Fluchtfelder; nach 1.- Kd5/Kd7 folgen die dualvermeidenden Springermatts 2.Sg5 (Sc5?)/S:g7 (Sc7?). Barry gab fast 25 Jahre lang das American Chess Bulletin heraus.

Camil Seneca
Version (Urdruck)
Neue Leipziger Zeitung, 1927
1. Preis


#5 (7+11)
Henry W. Barry
La Stratégie, 1901
1. Preis

#2 (8+8)
Zwei bedeutende Problemisten wurden vor 175 Jahren geboren: Konrad Bayer und Frank Healey. Konrad Bayer (10.11.1828-15.10.1897) war einer der Haupt-Vertreter der Altdeutschen Kompositionsschule und Mitte des 19. Jahrhundets sehr erfolgreich: Nach seinem Sieg im ERA-Turnier 1856 und einem 2. Preis beim 1. Kongreß des amerikanischen Schachbunds 1857 konnte er auch das Pariser Turnier der "Régence" 1860 gewinnen. Im Londoner Turnier 1862 errang er sowohl den 1. Sendungspreis als auch die Auszeichnung für das beste Problem (vor Plachutta, Nowotny u.a.). In der gezeigten Aufgabe, Bayers "unsterblichem Problem", wird eine ganze Armee vernichtet: 1.Tb7 D:b7 2.L:g6+ K:g6 3.Dg8+ K:f5 4.Dg4+ Ke5 5.Dh5+ Tf5 6.f4+ L:f4 7.D:e2+ L:e2 8.Te4+ d:e4 9.d4#; diese Aufgabe wird mehrfach zitiert als zum 1. Sendungspreis im ERA-Turnier 1856 gehörend (z.B. im Breuer-Buch, bei Chicco & Porreca (Dizionario Enciclopedico degli Scacchi), auch im polnischen Lexikon Szachy od A do Z von Litmanowicz & Gizycki) - doch im ERA-Turnierbuch ist sie nicht zu finden!? Lediglich in v. Fonderns Lexikon für Schachfreunde (Bearbeiter des Problemteils war dort Godehard Murkisch) fand ich den zusätzlichen (!) Hinweis auf die Leipziger Illustrierte Zeitung 1851.
Frank Healey (19.11.1828-17.02.1906) war gerade einmal 9 Tage jünger als Bayer, den er 1861 im berühmten Bristol-Turnier auf den zweiten Platz verweisen konnte. Bereits während der Schulzeit kam er mit dem Schachspiel in Berührung, und als Josef Kling sein Musiklehrer wurde - besser: werden sollte - schlug die künstlerische Ausbildung in eine andere als die vorgesehene Richtung. Healey betrachtete die Schachkomposition ganz klar als eine Kunstgattung und verglich sie in der Einleitung seiner 1866 erschienenen Sammlung 200 eigener Aufgaben mit der Poesie, gebrauchte das Bild der dem Dichter zur Verfügung stehenden 26 Buchstaben, denen er die 32 Schachfiguren als Äquivalent entgegensetzte. Obwohl auch sehr talentierter Partiespieler, bevorzugte er stets die Komposition. Ob er die allgemeine Wertschätzung der Problemkunst gegenüber dem Partieschach zur damaligen Zeit richtig bewertete, mag dahingestellt bleiben - aber erscheint es uns angesichts des Verschwindens von immer mehr Problemspalten in Tageszeitungen nicht phantastisch, was er 1866 schrieb: "lt is certain that the great body of Chess amateurs have always felt an especial interest in the composition and solution of problems. For ten persons who take up a magazine or newspaper to examine a game, probably a hundred may be found who only look to the problems." Wer kann heutzutage noch einen verantwortlichen Zeitungs-Redakteur davon überzeugen? Hier soll einmal nicht sein berühmtes Bistol-Stück gezeigt werden, sondern das Stück, mit dem er - acht Monate vor dem Namensgeber Plachutta - einen solchen zeigt: 1.Dg6+ f5 2.Dd6! Tb:d6 3.Sd2+ T:d2 4.Sf6#, 2.- T7:d6 3.Sf6+ T:f6 4.Sd2#, dazu kommt noch 2.- D:d6 3.Sf6+ D:f6 4.Sc5#.

Konrad Bayer
Leipziger Illustrierte Zeitung, 1851

#9 (8+10)
Frank Healey
Illustrated London News
26.XII.1857

#4 (7+10)

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