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Romantischer Rückblick auf drei
Schwalbe -Originale aus dem Jahr 1924
von Bernd Schwarzkopf und Achim Schöneberg
Achim Schöneberg: Matt in 4 Zügen und Hilfsmatt in 4 Zügen
Im Februar 1924 wurde die "Schwalbe, Vereinigung von Problemfreunden," in Essen gegründet; im selben Jahr erschienen die Schwalbe-Hefte 1-3 (im August, September und Oktober). Bis auf Studien waren in diesen Heften alle Aufgabenbereiche vertreten. Aus den 24 Originalen des Jahrgangs 1924 haben wir drei Aufgaben ausgewählt. Viel Freude beim Betrachten der drei 99-jährigen!
I Ado Kraemer
37 Die Schwalbe 1924
Der Schwalbe gewidmet
#4(8+6)
II Anton Trilling
18 Die Schwalbe 1924
h#4(3+4)
Bernd Schwarzkopf: Erstdarstellung einer Idee im Zweizüger?
III Hans Klüver
49 Die Schwalbe 1924
#2(11+11)
Die Lösung scheint einfach zu sein: 1.Ta1-d1!?, und gegen die Drohung 2.Td1-d8# hat Schwarz keine Parade -– außer er rochiert. Aber darf er das? Untersuchen wir die Schlagfälle der weißen Bauern:
Die Bauern c3, c4, g3 kamen von a2, d2 und h2 (oder f2); sie haben 4-mal geschlagen. Schwarz fehlen 5 Steine, aber der Lf8 konnte wegen der schwarzen Bauern e7 und g7 nicht von einem weißen Bauern geschlagen werden. Und: Eines der Schlagobjekte war der sBa7, der sich dazu etwa auf a1 umwandeln musste. - Die schwarzen Bauern c5, c6, e6 haben 3-mal geschlagen; Weiß fehlen (außer dem wLf1, den kein schwarzer Bauer schlug - den Grund kennen wir schon) 4 weitere Steine. Damit ist die schwarze Rochade zulässig und eine Widerlegung von 1.Ta1-d1?.
Aber auch die weiße Rochademöglichkeit sieht verführerisch aus. Wenn Weiß rochieren darf, hätte sich der sBa7 nicht auf a1 umwandeln dürfen, sondern auf b1. Dann hätten die schwarzen Bauern 4-mal geschlagen, also auch den ursprünglichen wBf2. (In diesem Fall kam also der wBg3 von h2.) Dieser Bauer musste zuerst auf f8 umwandeln und hatte dabei den sK vertrieben. Also ist in diesem Fall die schwarze Rochade nicht mehr zulässig.
Insgesamt sehen wir: Schwarz darf rochieren, aber dann ist die weiße Rochade unzulässig; Weiß darf rochieren, aber dann ist die schwarze Rochade unzulässig. Die weiße Rochade und die schwarze Rochade schließen sich gegenseitig aus. Damit haben wir die Lösung gefunden: 1. 0-0-0!, und nun hat Schwarz gegen 2.Td1-d8# tatsächlich keine Parade, da seine Rochade unzulässig ist.
Im Vortrag wurde anfangs der Name des Autors nicht genannt; er sollte erraten werden. Aber trotz kleiner Hinweise (Geburtsort Leipzig; Segler kennen seinen Namen als ein dreieckig geschnittenes Segel) gelang das nicht. Der Autor ist Hans Klüver (4.3.1901-26.2.1989), zur Zeit der Veröffentlichung 23 Jahre alt. Einige der Teilnehmer erinnerten sich dann doch an ihn als häufigen Besucher (gemeinsam mit seiner Frau Alice) bei Schwalbetreffen und in Andernach.
Zurück zur Aufgabe. Wir haben gesehen: Auf die Forderung kommt es bei ihr nicht an, sondern auf den Effekt, dass sich die Rochaden gegenseitig ausschließen. Es handelt sich um ein Retrothema. Klüver veröffentlichte diese Aufgabe als erste Retroaufgabe im ersten Jahrgang der Schwalbe innerhalb eines Aufsatzes "Einführung in das Retroschach", der ersten Erwähnung des Wortes "Retro" in der Schwalbe. Er benutzte darin die damals gebrauchten Ausdrücke "Wechsel" und "Kreuzschlag"; in einer Fußnote wurde die Leser aufgeklärt: Gemeint waren Rochade und En-passant-Schlag.
Nach meiner Kenntnis stammt die Erstdarstellung der Idee sich gegenseitig ausschließender Rochaden in dieser Form von Miroslav Havel (7.11.1881-8.7.1958) in einem Dreizüger mit komplizierterer Retroanalyse. Die Quelle dieses Problems war bisher unklar. In der PDB (P0001348) steht The Chess Amateur, Januar 1922; im "Breuer-Buch" (Problem 894) Cas, 1.1.1922. Norbert Geissler hat nachgeschlagen (vielen Dank!): Im Januarheft 1922 von The Chess Amateur (und im Heft davor und danach) ist dieses Problem nicht zu finden.
Der hier gezeigte Zweizüger ist vielleicht die zweite Darstellung dieses Themas. Sie zeigt die Idee elementar, leichter zu verstehen als die damals zwei Jahre alte Erstdarstellung. Damit war sie eine gute Werbung, die sicher auch Anfänger an diese Problemgruppe heranführen konnte - mit der ersten Retroaufgabe im ersten Retroaufsatz in der Schwalbe.
Während seines ganzen schachlichen Lebens machte Hans Klüver Werbung für das Problemschach, mit Aufsätzen, Vorträgen, als Bearbeiter zahlreicher Problemspalten in verschiedenen Zeitungen und Zeitschriften, mit Thematurnieren und Preisausschreiben.
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