Sie befinden sich hier
Artikel | Seite |
---|---|
Entscheid im Informalturnier 2009, Abteilung Hilfsmatts in mehr als 3 Zügen | 541 |
Entscheid im Informalturnier 2010, Abteilung Zweizüger | 543 |
Ausschreibung GT Rainer Ehlers | 549 |
Aktuelle Meldungen | 549 |
Bernd Gräfrath: Studien ohne Vorspiel | 551 |
Silvio Baier: Das Ceriani-Frolkin-Thema und seine Variationen in orthodoxen Beweispartien | 553 |
Thomas Thannheiser: Kurze (Homebase-) Schlagschach-Pronkins | 558 |
Eckart Kummer: Von der Beweispartie zum Pat aidé super-complet | 560 |
Urdrucke | 562 |
Lösungen der Urdrucke aus Heft 253, Februar 2012 | 570 |
Turnierberichte | 587 |
Bemerkungen und Berichtigungen | 591 |
Studien ohne Vorspiel
von Bernd Gräfrath, Mülheim / Ruhr
I think you're running into a lot of trouble
if
your idea of foreplay is,
"Brace yourself honey, here I
come!"
(Phil McGraw)
In contrast to the assumptions
of many sex
therapists and educators,
more attention should be
given to improve
the quality and duration of
intercourse
rather than foreplay.
(Stuart Brody/Peter Weiss)
Jürgen Fleck schreibt zu den generellen Bewertungskriterien für Studien: "Die Dramaturgie sollte so gewählt sein, dass sich die Spannung langsam steigert und aufbaut, um sich dann in der Krise, einer scheinbaren Ausweglosigkeit, zu entladen." [Harry Schaack, "Die Schönheit konstruieren: Interview mit Jürgen Fleck", Karl: Das kulturelle Schachmagazin 1/2003, S. 25-29, hier: S. 27.] Aber wie nötig sind die einleitenden Züge? Bei Problemen wird auf die Zeitökonomie Wert gelegt: Wenn ein Thema in einem Vierzüger dargestellt werden kann, dann soll man dafür keinen Fünfzüger verwenden. Gelten bei Studien andere ästhetische Werte? Oder kommt es bei ihnen neben den ästhetischen Werten verstärkt auf die Schwierigkeit der Lösungsfindung an? Schon A. J. Roycroft hat in seinem Klassiker Test Tube Chess diesbezüglich auf ein "Dilemma" des Studienkomponisten hingewiesen, wenn gleichzeitig "economy and neat disguise" angezielt werden sollen. Er rechtfertigt die Einleitung (auch bekannt als "Vorspiel") letztlich damit, dass sie eine passende Verpackung darstellt: Man würde ein Meisterwerk von Rembrandt ja auch nicht ohne Rahmen präsentieren. [A. J. Roycroft, Test Tube Chess: A Comprehensive Introduction to the Chess Endgame Study (London: Faber & Faber, 1972), S. 276 f.]
SV-1
Henri Rinck
Las Noticias 1926
Gewinn (3+3)
"Unusually, the above endgame has no introductory sequence (sometimes known as 'foreplay'!). It just starts in the middle of the essential action (a floating domination across the board). More often composers try to hide the main idea in order to make it harder to see, and to increase the element of surprise, but this study is exceptional, and is almost perfect presented as it stands. A natural gem!" [Jonathan Levitt u. David Friedgood, Secrets of Spectacular Chess (London: Batsford, 1995), S. 23.]
Es scheint also zumindest in manchen Fällen zweckmäßig zu sein, direkt in das Hauptgeschehen einzusteigen. Amatzia Avni treibt dieses Vorgehen in seinem vergnüglichen Buch The Amazing Chess Adventures of Baron Munchausen auf die Spitze: Er präsentiert seinen Lesern des öfteren Studien, deren Einleitung beschnitten ist, so dass die Lösung direkt mit dem spektakulärsten Zug beginnt. [Amatzia Avni, The Amazin Chess Adventures of Baron Munchausen (Newton Highlands: Mongoose, 2011).]
SV-2
Jan Timman
1984
Remis (4+4)
Anhand der Studien SV-3 (Kliatskin), SV-4 (Selesniew) und SV-5 (Timman) kann illustriert werden, wie sich Timman eine wünschenswerte Ergänzung vorstellt. [Zum Folgenden siehe: Jan Timman, The Art of the Endgame: My Journeys in the Magical World of Endgame Studies (Alkmaar: New in Chess, 2011), S. 169 f.]
SV-3
Michail G. Kliatskin
Shakmaty 1924
Gewinn (4+4)
SV-4
Alexej S. Selesniew
64 1935
Gewinn (4+5)
SV-5
Jan Timman
The Art of the Endgame
2011
Gewinn (6+6)
Aber darf man wirklich ohne Bedenken zu opferndes Material hinzufügen? Man sollte zumindest anerkennen, dass auch bei Studien Aspekte der Materialökonomie nicht völlig außer Kraft gesetzt sind. Das heißt nicht, dass man die Sparsamkeit übertreiben soll; aber es muss deutlich werden, dass eine konkrete Investition sich lohnt und zunächst einmal zu den Kosten gerechnet werden muss. Das passende Bild ist wohl besser nicht das eines "Dilemmas" (Roycroft), sondern eher das eines Kompromisses. Entsprechend schreibt Martin Minski: "So muss man beim Komponieren oft einen gewissen Kompromiss eingehen. Um die Einleitung zu verlängern, benötigt man mehr Steine. [...] Für mich erfordert es schon ein hohes Maß an Fingerspitzengefühl, um die richtige Mischung [...] zu finden.
Als Faustregel verlange ich von einer Einleitung, dass durch den Mehraufwand eines Steines mindestens drei Halbzüge Vorbau entstehen, um ein zu 'holziges' Vorspiel zu vermeiden." [Martin Minski in: Wege zu Schachstudien, hrsg. v. Gerd Wilhelm Hörning, Gerhard Josten u. Martin Minski (Homburg: Neu-Jung, 2006), S. 50-60, hier: S. 54 f.]
Impressum Datenschutz
Anschriften: siehe Vorstand
Internetauftritt: Gerd
Wilts