Heft 318-1, Dezember 2022

Kalenderblatt

Stefan Klebes (8.7.1959-9.11.1997) war ein sehr verschlossener Mensch, der auch bei Problemtreffen, die er durchaus besuchte, kaum Anschluss fand oder suchte. Auch seine erfolgreiche Teilnahme an einer deutschen Lösemeisterschaft, die ihm einen Platz in der deutschen Mannschaft zur Löse-Weltmeisterschaft einbrachte, und die anschließende WCSC-Teilnahme vermochten es nicht, ihn stärker zu integrieren. Vor 25 Jahren schied er mit gerade erst 38 Jahren aus dem Leben.

Attila Korányi

Nyeviczkey-MT 1974

1. Preis

wKd8, wTb5, wLb4, wBh5h7, sKh6, sLa1, sBa2

Gewinn (5+3)

Acht Tage später starb der ungarische Komponist Attila Korányi (18.2.1934-17.11.1997), der sich insbesondere als Studienspezialist auszeichnete; er war auch Studienredakteur der ungarischen Magyar Sakkélet. 1.Ke8 Ld4 2.h8D+ L:h8 3.Lf8+ Kh7 4.Tb7+ Kg8 5.h6 Lf6 (oder Le5... b2) 6.Lg7 a1D 7.h7+ K:h7 8.L:L Kg8 9.Tg7+ Kh8 10.Tf7+ Kg8 11.Tf8+ nebst L:a1 (bzw. Tg5... g2+ nebst L:a1) .

Pekka Massinen

Vecherni Leningrad 1989

1. ehrende Erwähnung

wKd3, wLe5, wBf6g5h4, sKh8, sTf8h7, sBh5

Gewinn (5+4)

Der finnische Studienkomponist Pekka Massinen (4.1.1921-4.12.1997) begann erst relativ spät mit der Komposition und schuf in seinen letzten 20 Lebensjahren noch fast 200 Studien. Auch aus seinem Schaffen sei ein prägnantes kleines Stück wiedergegeben: 1.f7+ Tg7 2.g6 Td8+ 3.Ke4 Td4+ 4.Kf5 Td8 5.Kg5 Tf8 6.K:h5 (nicht 6.Kh6? Tf:f7 7.g:f7 mit patt) 6.- Tf:f7 7. g:f7 Kh7 8.f8S! (nach 8.f8D? Tg5 9.h:g5 käme es zu einer weiteren Pattstellung) 8.- Kg8 9.Lg7.

Yeshayahu Blaustein

Israel Ring Ty. 1969

1. Preis

wKh1, wDa1, wTd1f8, wLa3a8, wSe5e8, wBb3d6f4, sKe6, sTc6, sLd2h5, sSa6g8, sBd7e3f3

#2 (11+9)

Yeshayahu Blaustein (10.5.1949-30.12.1972) war ein junger Architekt und talentierter israelischer Komponist, der in fast allen Genres erfolgreich war. Leider war ihm nur ein kurzes Leben beschieden; er verstarb vor einem halben Jahrhundert im Alter von gerade einmal 23 Jahren. Sein hier wiedergegebener Zweizüger zeigt reziproke Wechsel, Dualvermeidung, Bivalve und Linienöffnungen: 1.- Tc5 a 2.f5 A (Sg7 B?)#, 1.- Lc3 b 2.Sg7 B (f5 A?)#; 1.Sc4! [2.De5#], 1.- Tc5 a 2.Sg7 B (f5 A?)#, 1.- Lc3 b 2.f5 A (Sg7 B?)#.

Kurt Eucken (31.8.1899-24.11.1947) wurde in Dresden geboren und emigrierte 1938 nach Argentinien. Von Beruf Musiker (Violinist), betätigte er sich auch als Bildhauer und Problemkomponist. Anfang der 1930er Jahre publizierte er einige Probleme, und später, in Argentinien, komponierte er Studien, die zum Teil erst nach seinem Tod vor nunmehr 75 Jahren veröffentlicht wurden. An der Sicherung seines schachlichen Nachlasses war auch Francisco Benkö beteiligt, der aus Berlin nach Argentinien emigrierte und 2007 als Schwalbe-Urgestein entdeckt wurde (vgl. Heft 226, August 2007).

Dass Gerhard Fuhlendorf (1910-4.11.1947) zu den ersten Märchenschach-Anhängern in Deutschland gehörte und dass er Anfang der 1930er Jahre einige Forschung zur Frühgeschichte des Hilfsmatts durchführte und publizierte, stand bereits im Kalenderblatt in Heft 241 vom Februar 2010 Damals wurde Fuhlendorfs 100. Geburtstag gefeiert, jetzt ist seines 75. Todestags zu gedenken. Wie ich erst jetzt bemerke, folgte ich damals einer alten Tradition (der u. a. auch Jeremy Gaige in seinen Chess Personalia und Norbert Geissler in seiner Komponisten-Datenbank folgten - beides wichtige Quellen für das Kalenderblatt) und verwendete den falschen Vornamen (Georg) - obwohl Hilmar Ebert und Hans Gruber in ihren Early Helpmates schon 2001 auf den in der Literatur verankerten Fehler hingewiesen hatten.

Der vor fünf Jahren verstorbene österreichische Problemist Helmut Roth (27.11.1947-16.8.2017) wäre jetzt 75 Jahre alt geworden. Ein kurzer Nachruf auf den großzügigen Mäzen erschien in Heft 289.

Gabriel Authier

Bulletin de la Fédération
Française des Echecs 1950

wKh2, wDc8, wTd4f5, wLc4d8, wSe8g5, wBa4b5c3, sKc5, sDb7, sTe5, sLc6h8, sSb4d5, sBb6e3e7

#2 (11+10)

Vor 100 Jahren wurde der französische Komponist Gabriel Authier (20.11.1922-22.09.1991) geboren, der auch publizistisch aktiv war. Aus seiner intensiven Beschäftigung mit Dualvermeidungs-Mechanismen ging das 1953 erschienene Buch L'Anti-Dual hervor. Von 1953 bis 1956 leitete er den Problemteil des Echiquier de Paris, der dann zum Echiquier de France wurde, den Authier zusammen mit Roger Diot und Jean Oudot leitete. In Zusammenarbeit mit dem Ungarn Tivadar Kardos erschienen zwei weitere Bücher, 125 Problèmes et quelques autres du dernier demi-sciècle (1956) und 275 problèmes d'échecs du genre mutate en deux coups (1958). In seinem Zweizüger pariert Schwarz die Drohung durch beliebigen Wegzug des sSd5. 1.Lb3! [2.Tc4#], 1.- Sf6 2.Se6#, 1.- Sf4 2.Se4# (aber nicht 2.Se6#?), 1.- Sc7 2.L:e7# (aber nicht 2.Se6#? oder 2.Se4#?), 1.- S:c3 2.- Se6# und 1.- Te4 2.S:e4#.

Kehren wir noch einmal nach Argentinien zurück. Emiliano Fernando Ruth (22.12.1922-??) wurde in Buenos Aires geboren und war Professor für Analytische Chemie. Seine Interessen waren breit gestreut, zu seinen Hobbies gehörte unter anderem Rudern, Motorradsport, Musik und Reisen, und ab Mitte der 1960er Jahre fing er auch an, ein wenig zu komponieren - eine zunächst heimliche Tätigkeit, die nach seinem Eintritt in den Peña del Mate de Ayudado, dem argentinischen Märchenschachclub, stark ausgeweitet wurde. Seine Deutschkenntnisse und Übersetzerdienste ließen diesen Club gewissermaßen zu einer Außenstelle von feenschach und Erich Bartels Problemkiste werden, in dem die Märchenschach-Neuheiten aus feenschach und der Problemkiste präsentiert wurden. Ab 1990 stand Ruth der Peña del Mate Ayudado (der auch Francisco Benkö angehörte) mehr als 15 Jahre lang vor, bevor er sich aus Buenos Aires zurückzog. Über sein weiteres Leben und einen eventuellen Todesfall liegen mir keine Kenntnisse vor.

Emiliano Ruth

British Chess Magazine
1972

1. Preis

wKd4, wDg2, wTg8, wLb1g1, wSf8h5, wBa7b5c6d5f6g5, sKd6, sDh6, sLa6h2, sSc3f1, sBb3b7c2c7f7g3g7

ser-h#27 (13+13)

In seinem Serienzüger gelang es ihm vor einem halben Jahrhundert, vier markante Eck-Manöver in eindeutiger Reihenfolge nacheinander ablaufen zu lassen wie eine komplizierte lange Kette von Dominosteinen: 1.c1L 2.Lb2 3.La1 4.b2 5.Sa4 6.Sb6 7.Sa8 8.b6 9.Lc8 10.Lh3 11.L:g2 12.Lh1 13.g2 14.Sg3 15.S:h5 16.Sf4 17.Sg6 18.Sh8 19.g6 20.D:f8 21.De8 22.D:c6 23.Kd7 24.Ld6 25.Le7 26.Ld8 27.Kc8 d:c6#.

Rewas Tawariani

Lelo 1958

1. Preis

wKe8, wTc8e3, wSd7f4, wBd2, sKd6, sTc2, sLa2, sBb7c4f7

#3 (6+6)

Der georgische Komponist Rewas Tawariani (22.12.1922-6.11.1996) wurde am gleichen Tag wie Ruth geboren. Er komponierte seit 1968 etwa 50 direkte Mattaufgaben und um die 100 Studien. Die FIDE verlieh ihm 1993 den Titel eines Internationalen Preisrichters und 1995 den eines Kompositions-IM. Sein hier wiedergegebener Dreizüger zeigt schwarze Linienverstellungen: 1.Kd8! [2.Sf6 ~ 3.Se8#], 1.- Lb3 2.Sc5 ~ 3.S:b7#, 1.- Tc3 2.Se5 ~ 3.S:f7#. Nach 1.- Tc3 geht 2.- c3 nicht mehr. Analog kann Schwarz nach 1.- Lb3 mit 2.- Tb2 nicht mehr das Feld b7 decken.

William Langstaff (7.11.1897- 2.9.1974) war ein englischer Problemist, der hauptsächlich Zweizüger und daneben einige Dreizüger komponierte und der dem Good Companions Club angehörte. - % Bien p1552 Auch Gustaaf Josephus Nietvelt (30.11.1897- 15.11.1961) wäre jetzt 125 Jahre alt geworden. Zum 50. Todestag dieses belgischen Komponisten gab es eine Kalenderblatt-Notiz im Heft 252, Dezemberheft 2011.

James Joseph Glynn

British Chess Magazine
1882

wKf7, wDa7, wTh5, wLb6f3, wSh4, sKe5, sTd3, sSf8, sBd6f5g5

#2 (6+6)

James Joseph Glynn wurde vor 175 Jahren geboren (21.12.1847-7.3.1925) und gehörte zu den Pionieren des Problemschachs in Australien. 1896 veröffentlichte er einen Artikel über die "Problemkunst in Australien", der im ersten (und wohl einzigen) Jahrgang der Zeitschrift Australian Chess Annual erschien. Darin skizziert er kurz seine Kompositionsregeln. Unabdingbare Erfordernisse einer Komposition sind für ihn die Legalität der Stellung und die Korrektheit der Lösung, die vier wesentlichen Elemente eines Problems sind danach die Schönheit der Idee, die Schwierigkeit, die Originalität und die Qualität der Konstruktion, wobei er insbesondere die Ökonomie der Mittel im Auge hat. Glynns Artikel ist im Internet verfügbar unter ozproblems.com/archives/problem-history. 1.Lg1! ZZ 1.- Kf4/g:h4 2.Lh2#, 1.- Td1,2,5,e3 2.De3#, 1.- Ta,b,c,f3,d4 2.D:d4#, 1.- d5 2.Dc7# (den offensichtlichen Mattdual 2.Db8# hat man damals wohl toleriert!?), 1.- Sf8-~ 2.S:g6#, 1.- f4/g4 2.T:g5/T:f5#.

William Anthony Shinkman (25.12.1847-25.5.1933) war einer der ganz Großen des Problemschachs und steht neben Sam Loyd als Symbolfigur der - nicht nur - amerikanischen Problemkunst um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert. Innerhalb dieser Schwalbe-Rubrik kommt Shinkman die seltsame Ehre zu, zum zweiten Mal mit einem Verweis "abgefertigt" zu werden, denn schon in Heft 231 (Juni 2008) gab es zum 75. Todestag nur einen Hinweis auf den 150. Geburtstag, den ich im Heft 168 zum Anlass eines Gedenkblattes gemacht hatte und den ich hier wiederholen könnte. Sehen wir uns statt dessen lieber einige seiner Probleme an:

William A. Shinkman

Southern Trade Gazette
1883

1. Preis

wKg2, wDg3, wTb1h5, wLa7d7, wSc2f3, wBa3d3, sKb5, sDg5, sTb2, sLc1c6, sSh1, sBa4a5a6d6h6

#2 (10+11)

1.Dg4! Dieser Zweizüger ist das früheste Beispiel für die Entfesselung von drei weißen Figuren. 1.- Ld2/Sf2 2.Scd4#, 1.- Sg3 2.Dc4#, 1.- L:d7/d5 2.Sfd4#.

William A. Shinkman

Dubuque Chess Journal
1890

wKe7, wDf5, wLh2h5, sKc6, sLa4, sBb4

#3 (4+3)

In dieser Miniatur, die Shinkman zu seinen persönlichen Favoriten zählte, besticht die Leichtigkeit der Stellung. 1.Le2! Kb6 2.Da5+ K:a5 3.Lc7# und 1.- Kb7 2.Dc8+ K:c8 3.La6#. Es gibt von Kohtz und Kockelkorn eine viel aufwändigere frühere Darstellung der beiden D-Opfer (1. Preis, Deutscher Schachbund 1879), die 16 Steine benötigt und auch noch einen (thematisch nicht nötigen) Zug länger ist.

William A. Shinkman

Sunny South 1890/91

2. Preis

wKa8, wDd5, wTc2h7, wLf6, wSc8, wBe7, sKc7, sDa3, sLc5g2, sSd8g8, sBa7e6

s#3 (7+8)

Shinkman hat sich ausführlich mit dem Selbstmatt beschäftigt. Die hier ausgewählte Aufgabe zeigt als erstes ihrer Art eine weiße Allumwandlung: 1.Th8! [2.e:d8L+ K:c8 3.Db7+ L:b7+], 1.- Sc6 2.e8S+ K:c8 3.D:c6+ L:c6#, 1.- K:c8 2.e:d8T+ Kc7 3.Db7+ L:b7#, 1.- e:d5 2.e:d8D+ Kc6 3.S:a7 D:a7#; Nebenvarianten: 1.- S:e7 2.Le5+ K:c8 3.Db7+ L:b7# und 1.- Lf1 2.D:d8+ Kc6 3.S:a7+ D:a7#.

(GüBü)


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