Kalenderblatt
Stefan Klebes (8.7.1959-9.11.1997) war ein sehr
verschlossener Mensch, der auch bei Problemtreffen, die er durchaus
besuchte, kaum Anschluss fand oder suchte. Auch seine erfolgreiche
Teilnahme an einer deutschen Lösemeisterschaft, die ihm einen Platz in
der deutschen Mannschaft zur Löse-Weltmeisterschaft einbrachte, und
die anschließende WCSC-Teilnahme vermochten es nicht, ihn stärker zu
integrieren. Vor 25 Jahren schied er mit gerade erst 38 Jahren aus dem
Leben.
Attila Korányi
Nyeviczkey-MT 1974
1. Preis
Gewinn (5+3)
Acht Tage später starb der ungarische Komponist Attila Korányi (18.2.1934-17.11.1997), der sich insbesondere als
Studienspezialist auszeichnete; er war auch Studienredakteur der
ungarischen Magyar Sakkélet. 1.Ke8 Ld4 2.h8D+
L:h8 3.Lf8+ Kh7 4.Tb7+ Kg8 5.h6 Lf6 (oder Le5... b2) 6.Lg7 a1D 7.h7+ K:h7 8.L:L Kg8 9.Tg7+ Kh8 10.Tf7+ Kg8 11.Tf8+ nebst
L:a1 (bzw. Tg5... g2+ nebst L:a1) .
Pekka Massinen
Vecherni Leningrad 1989
1. ehrende Erwähnung
Gewinn (5+4)
Der finnische Studienkomponist Pekka Massinen
(4.1.1921-4.12.1997) begann erst relativ spät mit der Komposition
und schuf in seinen letzten 20 Lebensjahren noch fast 200 Studien.
Auch aus seinem Schaffen sei ein prägnantes kleines Stück
wiedergegeben: 1.f7+ Tg7 2.g6 Td8+ 3.Ke4 Td4+ 4.Kf5 Td8
5.Kg5 Tf8 6.K:h5 (nicht 6.Kh6? Tf:f7 7.g:f7 mit patt) 6.-
Tf:f7 7. g:f7 Kh7 8.f8S! (nach 8.f8D? Tg5 9.h:g5 käme es zu einer
weiteren Pattstellung) 8.- Kg8 9.Lg7.
Yeshayahu Blaustein
Israel Ring Ty. 1969
1. Preis
#2 (11+9)
Yeshayahu Blaustein (10.5.1949-30.12.1972) war ein junger
Architekt und talentierter israelischer Komponist, der in fast allen
Genres erfolgreich war. Leider war ihm nur ein kurzes Leben
beschieden; er verstarb vor einem halben Jahrhundert im Alter von
gerade einmal 23 Jahren. Sein hier wiedergegebener Zweizüger zeigt
reziproke Wechsel, Dualvermeidung, Bivalve und Linienöffnungen: 1.-
Tc5 a 2.f5 A (Sg7 B?)#,
1.- Lc3 b 2.Sg7 B (f5 A?)#;
1.Sc4! [2.De5#], 1.- Tc5 a 2.Sg7 B (f5 A?)#,
1.- Lc3 b 2.f5 A (Sg7 B?)#.
Kurt Eucken (31.8.1899-24.11.1947) wurde in Dresden
geboren und emigrierte 1938 nach Argentinien. Von Beruf Musiker
(Violinist), betätigte er sich auch als Bildhauer und
Problemkomponist. Anfang der 1930er Jahre publizierte er einige
Probleme, und später, in Argentinien, komponierte er Studien, die zum
Teil erst nach seinem Tod vor nunmehr 75 Jahren veröffentlicht
wurden. An der Sicherung seines schachlichen Nachlasses war auch
Francisco Benkö beteiligt, der aus Berlin nach Argentinien emigrierte
und 2007 als Schwalbe-Urgestein entdeckt wurde (vgl. Heft 226, August
2007).
Dass Gerhard Fuhlendorf (1910-4.11.1947) zu den ersten
Märchenschach-Anhängern in Deutschland gehörte und dass er Anfang
der 1930er Jahre einige Forschung zur Frühgeschichte des Hilfsmatts
durchführte und publizierte, stand bereits im Kalenderblatt in Heft
241 vom Februar 2010 Damals wurde Fuhlendorfs 100. Geburtstag
gefeiert, jetzt ist seines 75. Todestags zu gedenken. Wie ich erst
jetzt bemerke, folgte ich damals einer alten Tradition (der u. a.
auch Jeremy Gaige in seinen Chess Personalia und Norbert
Geissler in seiner Komponisten-Datenbank folgten - beides wichtige
Quellen für das Kalenderblatt) und verwendete den falschen Vornamen
(Georg) - obwohl Hilmar Ebert und Hans Gruber in ihren Early Helpmates schon 2001 auf den in der Literatur verankerten
Fehler hingewiesen hatten.
Der vor fünf Jahren verstorbene österreichische Problemist
Helmut Roth (27.11.1947-16.8.2017) wäre jetzt 75 Jahre
alt geworden. Ein kurzer Nachruf auf den großzügigen Mäzen erschien
in Heft 289.
Gabriel Authier
Bulletin de la Fédération
Française des Echecs 1950
#2 (11+10)
Vor 100 Jahren wurde der französische Komponist Gabriel
Authier (20.11.1922-22.09.1991) geboren, der auch publizistisch aktiv war.
Aus seiner intensiven Beschäftigung mit Dualvermeidungs-Mechanismen
ging das 1953 erschienene Buch L'Anti-Dual hervor. Von 1953
bis 1956 leitete er den Problemteil des Echiquier de Paris,
der dann zum Echiquier de France wurde, den Authier
zusammen mit Roger Diot und Jean Oudot leitete. In Zusammenarbeit mit
dem Ungarn Tivadar Kardos erschienen zwei weitere Bücher, 125 Problèmes et quelques autres du dernier demi-sciècle (1956)
und 275 problèmes d'échecs du genre mutate en deux
coups (1958). In seinem Zweizüger pariert Schwarz die Drohung
durch
beliebigen Wegzug des sSd5. 1.Lb3! [2.Tc4#], 1.- Sf6 2.Se6#, 1.-
Sf4 2.Se4# (aber nicht 2.Se6#?), 1.- Sc7 2.L:e7# (aber nicht
2.Se6#? oder 2.Se4#?), 1.- S:c3 2.- Se6# und 1.- Te4 2.S:e4#.
Kehren wir noch einmal nach Argentinien zurück. Emiliano
Fernando Ruth (22.12.1922-??) wurde in Buenos Aires geboren und war
Professor für Analytische Chemie. Seine Interessen waren breit
gestreut, zu seinen Hobbies gehörte unter anderem Rudern,
Motorradsport, Musik und Reisen, und ab Mitte der 1960er Jahre fing er
auch an, ein wenig zu komponieren - eine zunächst heimliche
Tätigkeit, die nach seinem Eintritt in den Peña del Mate de
Ayudado, dem argentinischen Märchenschachclub, stark ausgeweitet wurde.
Seine Deutschkenntnisse und Übersetzerdienste ließen diesen Club
gewissermaßen zu einer Außenstelle von feenschach und
Erich Bartels Problemkiste werden, in dem die
Märchenschach-Neuheiten aus feenschach und der Problemkiste präsentiert wurden. Ab 1990 stand Ruth der Peña del
Mate Ayudado (der auch Francisco Benkö angehörte) mehr als 15 Jahre
lang vor, bevor er sich aus Buenos Aires zurückzog. Über sein
weiteres Leben und einen eventuellen Todesfall liegen mir keine
Kenntnisse vor.
Emiliano Ruth
British Chess Magazine
1972
1. Preis
ser-h#27 (13+13)
In seinem Serienzüger gelang es ihm vor einem halben
Jahrhundert, vier markante Eck-Manöver in eindeutiger Reihenfolge
nacheinander ablaufen zu lassen wie eine komplizierte lange Kette von
Dominosteinen: 1.c1L 2.Lb2 3.La1 4.b2 5.Sa4 6.Sb6 7.Sa8 8.b6 9.Lc8
10.Lh3 11.L:g2 12.Lh1 13.g2 14.Sg3 15.S:h5 16.Sf4 17.Sg6 18.Sh8 19.g6
20.D:f8 21.De8 22.D:c6 23.Kd7 24.Ld6 25.Le7 26.Ld8 27.Kc8 d:c6#.
Rewas Tawariani
Lelo 1958
1. Preis
#3 (6+6)
Der georgische Komponist Rewas Tawariani
(22.12.1922-6.11.1996) wurde am gleichen Tag wie Ruth geboren. Er
komponierte seit 1968 etwa 50 direkte Mattaufgaben und um die 100
Studien. Die FIDE verlieh ihm 1993 den Titel eines Internationalen
Preisrichters und 1995 den eines Kompositions-IM. Sein hier
wiedergegebener Dreizüger zeigt schwarze Linienverstellungen: 1.Kd8!
[2.Sf6 ~ 3.Se8#], 1.- Lb3 2.Sc5 ~ 3.S:b7#, 1.- Tc3
2.Se5 ~ 3.S:f7#. Nach 1.- Tc3 geht 2.- c3 nicht mehr. Analog
kann Schwarz nach 1.- Lb3 mit 2.- Tb2 nicht mehr das Feld b7 decken.
William Langstaff (7.11.1897- 2.9.1974) war ein
englischer Problemist, der hauptsächlich Zweizüger und daneben
einige Dreizüger komponierte und der dem Good Companions Club
angehörte. -
% Bien p1552
Auch Gustaaf Josephus Nietvelt (30.11.1897- 15.11.1961)
wäre jetzt 125 Jahre alt geworden. Zum 50. Todestag dieses
belgischen Komponisten gab es eine Kalenderblatt-Notiz im
Heft 252, Dezemberheft 2011.
James Joseph Glynn
British Chess Magazine
1882
#2 (6+6)
James Joseph Glynn wurde vor 175 Jahren geboren
(21.12.1847-7.3.1925) und gehörte zu den Pionieren des
Problemschachs in Australien. 1896 veröffentlichte er einen Artikel
über die "Problemkunst in Australien", der im ersten (und
wohl einzigen) Jahrgang der Zeitschrift Australian Chess
Annual erschien. Darin skizziert er kurz seine Kompositionsregeln.
Unabdingbare Erfordernisse einer Komposition sind für ihn die
Legalität der Stellung und die Korrektheit der Lösung, die vier
wesentlichen Elemente eines Problems sind danach die Schönheit der
Idee, die Schwierigkeit, die Originalität und die Qualität der
Konstruktion, wobei er insbesondere die Ökonomie der Mittel im Auge
hat. Glynns Artikel ist im Internet verfügbar unter ozproblems.com/archives/problem-history. 1.Lg1! ZZ
1.- Kf4/g:h4 2.Lh2#, 1.- Td1,2,5,e3 2.De3#, 1.- Ta,b,c,f3,d4
2.D:d4#, 1.- d5 2.Dc7# (den offensichtlichen Mattdual 2.Db8# hat
man damals wohl toleriert!?), 1.- Sf8-~ 2.S:g6#, 1.- f4/g4
2.T:g5/T:f5#.
William Anthony Shinkman (25.12.1847-25.5.1933) war einer
der ganz Großen des Problemschachs und steht neben Sam Loyd als
Symbolfigur der - nicht nur - amerikanischen Problemkunst um die
Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert. Innerhalb dieser Schwalbe-Rubrik kommt Shinkman die seltsame Ehre zu, zum zweiten Mal
mit einem Verweis "abgefertigt" zu werden, denn schon in
Heft 231 (Juni 2008) gab es zum 75. Todestag nur einen Hinweis auf
den 150. Geburtstag, den ich im Heft 168 zum Anlass eines
Gedenkblattes gemacht hatte und den ich hier wiederholen könnte.
Sehen wir uns statt dessen lieber einige seiner Probleme an:
William A. Shinkman
Southern Trade Gazette
1883
1. Preis
#2 (10+11)
1.Dg4! Dieser Zweizüger ist das früheste Beispiel für die
Entfesselung von drei weißen Figuren. 1.- Ld2/Sf2 2.Scd4#, 1.- Sg3
2.Dc4#, 1.- L:d7/d5 2.Sfd4#.
William A. Shinkman
Dubuque Chess Journal
1890
#3 (4+3)
In dieser Miniatur, die Shinkman
zu seinen persönlichen Favoriten zählte, besticht die Leichtigkeit
der Stellung. 1.Le2! Kb6 2.Da5+ K:a5 3.Lc7# und 1.- Kb7 2.Dc8+ K:c8
3.La6#. Es gibt von Kohtz und Kockelkorn eine viel aufwändigere
frühere Darstellung der beiden D-Opfer (1. Preis, Deutscher Schachbund
1879), die 16 Steine benötigt und auch noch einen (thematisch nicht
nötigen) Zug länger ist.
William A. Shinkman
Sunny South 1890/91
2. Preis
s#3 (7+8)
Shinkman hat sich ausführlich mit dem
Selbstmatt beschäftigt. Die hier ausgewählte Aufgabe zeigt als
erstes ihrer Art eine weiße Allumwandlung: 1.Th8! [2.e:d8L+ K:c8
3.Db7+
L:b7+], 1.- Sc6 2.e8S+ K:c8 3.D:c6+ L:c6#, 1.- K:c8 2.e:d8T+ Kc7
3.Db7+ L:b7#, 1.- e:d5 2.e:d8D+ Kc6 3.S:a7 D:a7#; Nebenvarianten:
1.- S:e7 2.Le5+ K:c8 3.Db7+ L:b7# und 1.- Lf1 2.D:d8+ Kc6 3.S:a7+
D:a7#.
(GüBü)