Heft 317, Oktober 2022

Todesfälle

Gerald Sladek

Main-Post 1965

2. Preis

wKb7, wDg7, wLa6, wTc5, wSf4, sKh4, sTd2, sLh5, sBa2b3d5d6e4g2g3

#5 (5+10)

Von Camillo Gamnitzer erhielten wir die traurige Nachricht vom Tod des Linzer Komponisten Gerald Sladek (5.9.1931-18.7.2022). Camillo schrieb: "Am 5. September 2022 hätte Gerald Sladek den 91er gefeiert, doch die Last der Jahre und die spitalärztlich nicht mehr bewältigbaren Folgen einer Corona-Infektion haben ihn aus unserer Mitte genommen. Als Mitgründer der Linzer Kunstschachgemeinde und Schöpfer von rund 150 mehrheitlich ausgezeichneten, durchwegs im Grazer Stil gehaltenen Mattaufgaben beachtlicher Tiefe hat sich Gerald auch als Problemspaltenleiter in verschiedenen österreichischen Printmedien bleibend um die Verbreitung des Metiers verdient gemacht. Ehrendes, dankbares Andenken ist dem Freund und Nestor hierorts und über Landesgrenzen hinaus gewiss." Sladek hatte einen vornehmen Kompositionsstil, an den die Beispielaufgabe erinnert - in unserer Zeit der materialintensiven Rekord- und Komplexitätsbestrebungen sicher nicht schlecht. 1.Dg6? [2.D:h5#] L:g6!; 1.Le2! [2.De7,f6#] L:e2 2.Tc8! [3.Th8+] La6+ 3.Kb8! L:c8 4.Dg6! Lg4 5.Df6#, 1.- T:e2 2.T:d5 usw. Effekte "am laufenden Band" - vollständige Perilenkung des Lh5!

Im Alter von 87 Jahren verstarb der israelische Komponist Yosi Retter (18.12.1934-20.8.2022), der seit 1964 Internationaler Preisrichter und seit 1988 Kompositions-IM war. Retter wurde in Jerusalem geboren und verbrachte dort auch die meiste Zeit seines Lebens. Vielen von uns war er durch seine regelmäßigen Besuche der WCCC-Treffen persönlich bekannt. Dort fiel er auf als äußerst vielseitiger und erfolgreicher Komponist und durch sein lebhaftes, freundliches Wesen, das ihn viel jünger erscheinen ließ als er tatsächlich war.

Nach Redaktionsschluss erhielten wir noch die Meldung vom Tod des finnischen Komponisten Unto Heinonen (25.12.1946-17.9.2022).

Kalenderblatt

Roald Bukne (11.2.1925-10.10.1997) war ein freundlicher älterer norwegischer Problemist, der in den 1980er Jahren mehrfach an den PCCC-Treffen teilnahm und an dessen 25. Todestag jetzt zu erinnern ist. - Als ich Mitte der 1960er Jahre anfing, Lösungen zum Problemteil der DSZ einzuschicken, fiel mir schon bald der Name Hans Georg Matthäus (17.2.1935-10.10.1997) auf, der dort zu den Spitzenlösern zählte. Auch er verstarb vor einem Vierteljahrhundert, ebenso wie der schwedische Komponist Cyril P. Swindley (10.6.1935-17.9.1997), der 1984 eine 123 Aufgaben umfassende Sammlung eigener Aufgaben herausgab, meist Zweizüger und Selbstmatts. Von ihm stammte angeblich das als "Swindleys Law" bezeichnete, aus der Vor-Computerzeit kommende Verdikt, dass Selbstmatts mit 12 oder mehr Zügen immer inkorrekt seien.

Joseph K. Heydon

Good Companions 1921

2. Preis im Complete
Block-Turnier

wKd1, wDc7, wTf3h4, wLe3f1, wSg3h3, wBa5c2f5, sKd5, sLc8e1, sSd7, sBa6b4c5d2e5f2g4h5

#2 (11+12)

Joseph Kentigern Heydon (13.1.1884-9.1947) war ein vor 75 Jahren verstorbener Problemist, der sein Leben abschnittweise in Australien (seinem Geburtsland, in dem er Kindheit und längere Phasen seines Berufslebens als Anwalt und Unternehmer verbrachte), England (Studium und frühe Berufsjahre sowie Ruhestand) und den USA (Studium) verbrachte. Eine von Bob Meadley verfasste Biographie kann unter www.ozproblems.com/walkabout/walkabout2017/mar20 eingesehen werden. Dort wird neben Heydons Lebenslauf auch eine Sammlung von 62 seiner Probleme gezeigt, darunter auch der hier wiedergegebene Zweizüger: Auf jeden schwarzen Zug hat Weiß einen Mattzug parat: 1.- Lb7 2.D:d7#, 1.- S~ 2.D:c5#, 1.- b3 2.c4#, 1.- c4 2.L:c4#, 1.- g~ 2.Lc4# und 1.- e4 2.Sf4#. Der fluchtfeldgebende Schlüssel 1.Se4! ist nur ein nichts drohender Wartezug, der das letztgenannte Satzspiel ausschaltet, dafür aber ein neues hinzufügt: 1.- K:e4 2.Dc6#. Auf andere Züge folgt ein kompletter Mattwechsel: 1.- Lb7 2.D:b7#, 1.- S~ 2.Sf6#, 1.- b3 2.Sc3#, 1.- c4 2.D:c4# und 1.- g~ 2.Dd6#.

Peter F. Copping

British Chess Magazine
1952

2. Preis

wKa4, wDg8, wTf1h8, wSh4, wBa2c5f4g3h2, sKg4, sDg7, sLb2, sSd8, sBa3a5c6h3h5

#3 (10+9)

Peter F. Copping (12.10.1922-18.12.1989) wurde vor 100 Jahren in England geboren und entwickelte sich zu einem starken Partiespieler, bis er herausfand, dass Partieschach mit zu viel "harter Arbeit" verbunden war. Daher wandte er sich dem Problemschach zu, wo ihm bei der "harten Arbeit" wenigstens keine Schachuhr im Nacken saß, und wurde Anfang der 1960er Jahre ein erfolgreicher Dreizüger-Komponist. Hier ein Stück aus seiner frühen Kompositionsphase: 1.Tc1! Zz La1 2.T:a1 [3.D:g7#] 2.- D:g8 3.T:g8#, 2.- Dg5,6 3.D:g5,6#, 2.- Se6 3.D:e6#, 2.- Sf7 3.Dc8#; 1.- Lc3 2.T:c3 [3. D:g7#], 2.- Dg5,6 3.D:g5.6#, 2.- D:g8 3.T:g8#, 2.- Se6 3.D:e6#, 2.- Sf7 3.Dc8#; 1.- Lf6 2.De8 L~ 3.D:h5#, 2.- D:h8 3.De2#, 1.- Le5 2.Dc4 [3.De2#], 2.- L:f4 3.D:f4#, 1.- Ld4 2.Db3 Lc3/Le3 3.Dd1#, 2.- De5/De7 3.Df3#, 1.- D:g8 2.T:g8+ Lg7 3.T:g7#.

Philip H. Williams

The Modern Chess
Problem, vor 1912

wKh3, wDc6, wTa1, wLb1f4, wSa4c3, wBe4h4, sKd4, sDb3, sSb7c1, sBf5

#2 (9+5)

Philip Hamilton Williams (18.12.1873-14.9.1922) war ein bedeutender englischer Problemist. Viele seiner etwa 1200 Kompositionen erschienen im Chess Amateur. Er publizierte eine Reihe von Problembüchern, darunter A Selection of Chess Problems (1895), sein 1903 erschienenes The Modern Chess Problem wurde 1912 und 1923 neu aufgelegt, und 1909 erschien sein humoristisches Chess Chatter and Chaff. Bedeutend war das zusammen mit R. Gevers 1919 veröffentlichte All Change here?, eine Abhandlung über Mattwechsel-Zweizüger, die er mit 325 Problemen zu diesem Thema aus seiner eigenen Produktion anreicherte. Aus seiner Selection hier ein Zweizüger, den er zu seinen eigenen Favoriten zählte. Auf alle schwarzen Züge hat Weiß Matts parat außer auf 1.- Sa2 und 1.- Se2. Nach dem Wartezug-Schlüssel 1.Lc2 erwacht der Ta1, der auf die beiden S-Züge mit 2.Td1 mattsetzen kann. Leider hat der Autor seinen Aufgaben keine Publikationsdaten beigefügt (was im 19. Jahrhundert nichts Ungewöhnliches war); er erwähnt statt dessen lediglich, dass es sich um bereits vorher veröffentlichte Probleme handelt.

Heinrich L. Fraenkel (28.9.1897-25.5.1986), der in Schachkreisen besser unter seinem Pseudonym Assiac bekannt ist, wurde vor 125 Jahren in Deutschland in eine jüdische Familie geboren und verbrachte große Teile seines Lebens in England. Bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs 1914 hielt er sich zufällig in Großbritannien auf, wurde festgenommen und während des Krieges als "Enemy Alien" auf der Isle of Man interniert. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland studierte er an mehreren Universitäten, um schließlich in den 1920ern als Filmkorrespondent und Drehbuchautor zunächst in Berlin und später zwei Jahre lang in Hollywood zu arbeiten. Nach seiner Rückkehr nach Berlin begann Fraenkel, sich für Politik zu interessieren. Einer Warnung folgend floh er in der Nacht des Reichstagsbrands vom 27. auf den 28. Februar 1933 aus Berlin, um einer bevorstehenden Verhaftung durch die Nationalsozialisten zu entgehen. Nachdem Fraenkel in London sesshaft wurde, verfasste er dort seine erste Serie von Büchern über Deutschland, die in der nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs verfassten Autobiografie Lebe wohl, Deutschland gipfelten. In einer langjährigen Zusammenarbeit mit Roger Manvell verfasste Fraenkel eine Reihe biografischer Studien führender Persönlichkeiten des Dritten Reiches und des Widerstands gegen den Nationalsozialismus. Für diese Arbeiten wurde er 1967 mit dem Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland erster Klasse ausgezeichnet. Während seiner Internierung im Ersten Weltkrieg spielte Fraenkel auf der Isle of Man viel Schach. Ab 1949 führte er unter seinem Pseudonym "Assiac" eine Kolumne im New Statesman, in der er vorwiegend Studien vorstellte. Die lange Zusammenarbeit mit dem New Statesman endete 1976 plötzlich, als die Kolumne von der Redaktion ohne Vorwarnung an Tony Miles übergeben wurde. In mehrere Sprachen übersetzt, wurden Assiacs zunächst in England erschienene Schachbücher Vergnügliches Schachbuch (1953) und Noch ein vergnügliches Schachbuch (1974), die auf seiner New Statesman-Kolumne fußten, große Erfolge.

Conrad Bayer

Le Palamède Français
1865

2. Preis

wKg4, wDa4, wLa3, wSe4, %
    sKe5, sTb1e1, sLf6, sSg1, sBb3e3f3

#4 (4+8)

Der vor 125 Jahren verstorbene Conrad Bayer (10.11.1828-15.10.1897) war einer der Haupt-Repräsentanten der altdeutschen Problemschule. Nach dem Gewinn des 1. Preises im ERA-Turnier 1857, dem ersten internationalen Kompositionsturnier der Schachgeschichte, blieb er für lange Zeit das Maß aller Dinge in der Problemkomposition und war auch für die jungen Kohtz und Kockelkorn ein bewundertes Ideal, dem nachzueifern war. Kohtz schrieb in seinen Erinnerungen: "Dieser gefeierte Meister war duch seine großen Turniererfolge wohl für alle jungen aufstrebenden Komponisten der sechziger Jahre das leuchtende Vorbild geworden, und die hervorragendsten Eigenschaften seiner Kunst: glänzende Mattwendungen und Reichtum an Varianten wurden das Ziel, dem alle zustrebten. In der Erfindung von glänzenden Mattwendungen war Bayer von einer Fruchtbarkeit, die nicht zu überbieten war, und in der er niemals auch nur annähernd erreicht worden ist. Dagegen war es bei ihm mit der Tiefe der Anlage nicht allzuweit her, und sein Variantenreichthum, wie groß er gelegentlich auch war, besaß doch nur selten einen großen Gehalt. Ihn in dieser Hinsicht zu übertreffen, war daher begründete Aussicht vorhanden und es ist auch von vielen erfolgreich versucht worden." Hier ein Vierzüger aus dem 2. Preis des Palamède Français 1865 (die Preise wurden damals für Sendungen - meist sechs Probleme - und nicht für einzelne Probleme vergeben.) 1.Sg3! [2.De4#] 1.- Ke6 2.De8+ Kd5 3.De4# oder 2.- Le7 3.D:e7+ Kd5 4.De4#, 1.- Lg5 2.Kh5 [3.De4+ Kf6 4.De7#], 2.- Kf6 3.Dd7 [4.De7#] 3.- Ke5 4.Dd6#, 2.- Ke6 3.Dc6+ Kf7/Ke5 4.Dg6/Dd6#, 2.- Ld8 3.Df4+ K:f4/Kd5/Ke6 Ld6/De4/Df5# (1.- L~ 2.Df4+).

Richard Adam

Breslau 1889
Kongress des Deutschen
Schachbunds

1. Preis

wKe8, wDc7, wSd5f5, wBa4b4c2f3g2h4, sKe5, sTe1, sLf8, sSc8, sBa6b3c3d6e3f4g6h6

#4 (10+12)

Der als Problemkomponist heute vergessene Leipziger Zigarrenfabrikant Richard Adam (30.9.1847-14.10.1916) war schon zu Lebzeiten nur wenig bekannt, da er ganz in der Stille komponierte und nur bei wenigen Gelegenheiten in Erscheinung trat; so bei den Kompositionsturnieren des Deutschen Schachbunds 1885, 1887 und 1889. Sozusagen aus dem Nichts kommend, holte er sich 1885 einen 4. Preis und in den beiden anderen genannten Turnieren jeweils den 1. Preis. Gleich danach tauchte er wieder ab und veröffentlichte später nur noch ganz wenig Probleme. 1.Sg7! [2.Dc4 nebst De4#] 1.- Kd4 2.Sh5! [3.D:c3+ K:d5 4.S:f4#] 2.- g:h5 3.Dh7 nebst 4.De4#, 2.- K:d5 3.Db7+ nebst 4.De4#; 2.- Ke5 3.Dc4 nebst 4.De4#; 1.- K:d5 2.Db7+ K~ 3.De4#, 1.- L:g7 2.Dc4 [3.De4#] 2.- Ke6 3.D:f4 [4.Sc7#], 3.- K:d5 4.De4#; 1.- Se7 2.Dc4 [3.De4#] Kf6 4.Dd4#; 1.- Sb6 2.Df7 L:g7 3.D:f4+; 1.- Td1 2.Df7. Die Preisrichter Hermann von Gottschall und Max Kürschner lobten das Stück damals als ein Meisterwerk an Feinheit und Originalität der Erfindung, und fuhren dann im altdeutsch-nebulösen Stil fort: "Der zweite Zug des versteckt liegenden Hauptspieles gibt der Aufgabe einen pikanten Beigeschmack. Die elegante Ausführung einer so schwierig darzustellenden Idee bedurfte außer einer tiefen Anlage eine bedeutende technische Kunstfertigkeit des Komponisten."

Der italienische Theoretiker und Spieler Pietro Carrera (12.7.1573-18.9.1647) wurde nach seinen priesterlichen Studien zum Kaplan von S. Maria della Stella in Militello ernannt und gewann die Förderung einer adligen Dame. Um ihr zu gefallen, schrieb er ein lateinisches Schachgedicht, die "Pessopedia", das uns nur teilweise überliefert ist. 1617 veröffentlichte er eine größere Abhandlung unter dem Titel Il gioco degli scacchi di Don Pietro Carrera diviso in otto libri, der schließlich 1635 eine polemische Schrift La risposta di Valentino Vespaio in difesa di Don Pietro Carrera contro l'apologia di Alessandro Salvio folgte. Carreras Bücher zählen heute zu den besonders seltenen Sammlerstücken; von der Risposta sollen weniger als 10 Exemplare die 375 Jahre seit Carreras Tod überdauert haben.

(GüBü)


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