Heft 309, Juni 2021

Todesfälle

Kurz vor Redaktionsschluss erhielten wir die Nachricht vom Tod unseres französischen Mitglieds Yves Cheylan (14.11.1938-1.5.2021). Er war in den letzten Jahren hauptsächlich als Namensgeber einer Anticirce-Variante in aller Munde.

Kalenderblatt

Siegfried Brehmer

Schach 1951

1. Preis

wKh7, wDe4, wTe8, wLd7f2, wSa4f3, wBb6e6e7, sKd6, sTc2d3, sLb1h2, sBc6d4h3

#3 (10+8)

Vor vier Jahren erschien eine Kalenderblatt-Notiz zu Siegfried Brehmers 100. Geburtstag (12.1.1917-30.5.1996). Jetzt ist an den 25. Todestag dieses großen Problemkünstlers zu erinnern, dessen Kompositionen im 5. Band der Editions feenschach-phénix in einer Auswahl erschienen sind. Daraus hier ein Dreizüger: Die Probespiele 1.Sg5? [2.Sf7#] Tf3? 2.D:d4#, aber 1.- T:f2! (2.D:c6?) und 1.b7? [2.b8D#] Tb2? 2.D:c6#, aber 1.- Tb3! (2.D:d4?) schlagen nicht durch, weil die Felder e5 bzw. c7 freigegeben werden, was einen der schwarzen Türme von seinen Deckungspflichten entbindet. In der Lösung 1.Le1! [2.Lb4+ c5 3.Dc6#] werden die schwarzen Türme nun so gelenkt, dass scheinbar beide Probespielverteidigungen ausgeschaltet sind: 1.- Tdd2 verstellt Tc2-f2 und verhindert Tdb2, aber dennoch geht nur 2.Sg5! [3.Sf7#] Tdf2 3.D:d4#, denn nach 2.b7? Tb2! wäre die weiße Dame gefesselt. Analog verläuft 1.- Tcc3 (verstellt Td3-b3 und schließt Tcf3 aus, aber nur 2.b7! [3.b8D#] Tcb3 3.D:c6# hat Erfolg, während nach 2.Sg5? Tf3! die weiße Dame wieder gefesselt wäre.

Auch Pieter ten Cate (28.7.1902-27.6.1996), der bedeutende niederländische Komponist und Funktionär im nationalen und internationalen Rahmen, war schon zu Gast im Kalenderblatt (Heft 196, August 2002).

Der große Schachorganisator und Mäzen Alois Nagler (8.12.1907-30.5.1996), der vor 25 Jahren verstarb, war zu seiner Zeit eine tragende Säule des schweizerischen Schachlebens. Von 1953 bis 1962 war er Präsident der Schachgesellschaft Zürich, in die er schon 1929 eingetreten war. Während seiner Amtszeit holte er neben anderen Großveranstaltungen auch das WM-Kandidatenturnier 1953 nach Zürich, und er war maßgeblich an der Organisation der Schacholympiade 1968 in Lugano beteiligt. Er befasste sich auch intensiv mit der Schachkomposition, und schon 1951 gab er ein Büchlein mit einer Auswahl von 68 eigenen Problemen heraus. An Nagler wurde schon in Heft 228 erinnert, und auch der ungarische Komponist Zoltan Zilahi (24.2.1903-10.5.1971), dessen Name mit einem beliebten Hilfsmatt-Thema verbunden ist und der vor 50 Jahren verstarb, hatte schon eine Kalenderblatt-Notiz in Heft 199.

Norbert Kovács

British Chess Problem
Society 1934

1. Preis

wKb1, wTb4c5, wLc1c4, wBd2g5, sKe4, sDa4, sTd5b5, sLa5, sSd1, sBd6b6

h#2* ()

Die Entwicklung des ungarischen Problemschaffens vor dem 2. Weltkrieg ist von zwei Personen geprägt: Gyula Neukomm (1892-1957) und dem 18 Jahre älteren Norbert Kovács (16.5.1874-24.5.1946), an dessen 75. Todestag jetzt erinnert werden kann. Kovács befasste sich intensiv mit dem damals noch jungen Hilfsmatt und kann als Begründer der späteren ruhmreichen ungarischen Hilfsmattschule angesehen werden. In A. C. Whites 1935 in der Christmas-Serie erschienenem Buch Conspiracy, dem ersten sich nur dem Hilfsmatt widmenden Werk, wird Kovács' Bedeutung für die Entwicklung des Genres hervorgehoben, denn er wird im einleitenden Textteil als einziger Komponist namentlich genannt, und sein Verdienst bei der Erforschung der genretypischen Strategien wird hervorgehoben. Sieht man sich heute seine Hilfsmatts an, stellt sich beim Betrachter vielleicht eine leichte Enttäuschung ein, weil er eine Vielzahl von einphasigen Aufgaben vorfindet, was dem heutigen Standard nicht mehr entspricht. Dabei sollte aber nicht übersehen werden, dass gerade das, was wir heute an diesen Aufgaben vermissen - thematische Dichte durch Mehrphasigkeit oder Satzspiel - durch seine Arbeiten angestoßen und teils auch schon von ihm eingeführt wurde, wie in dem hier wiedergegebenen Stück mit dem Satz 1.- Le2+ 2.Td4 d3# und der Lösung 1.Tf5 Ld5+ 2.Ke5 d4#.

Charles D. Locock

The Chess Bouquet 1897

wKc2, wDf2, wTf8h1, wLg2, wSd8e8, wBc3c6g6, sKe5, sTe4, sLf7h2, sBe6g7

#2 (10+6)

Schon als Schüler kam Charles Dealtry Locock (27.9.1862-13.5.1946) mit Schachproblemen in Berührung, obwohl er sich zunächst einen Namen als Partiespieler machte. In F. R. Gittins Chess Bouquet (1897) bezeichnet er sich als "heterodoxen" Problemkomponisten und begründet dies mit seiner von der damaligen englischen Haltung gegenüber Dualen und Mattreinheit abweichenden Einstellung. Zum reinen Matt sagte er ganz deutlich, dass er lieber ein "cleveres" als ein reines Matt anstrebt, wobei er letzteres natürlich auch gern mitnimmt, wenn sich das ergibt. Wichtiger als Dualfreiheit und Mattbilder waren ihm Strategie, gepaart mit Schwierigkeit, einem guten Schlüssel und guten Verführungen - alles Merkmale, die nach seiner Auffassung die damaligen Preisrichter zu wenig beachteten. Seinen hier wiedergegebenen Zweizüger hat er hauptsächlich wegen der Verführungen komponiert: 1.Kb1,3? Tb4+!; 1.Kd3? Te3+!; 1.Kc1? Lf4+!; 1.c7? Te2+!; 1.S:f7+ Kd5!; 1.T:f7 Tc4!; Lösung: 1.Kd1! Zugzwang 1.- Kd5 2.Dd4#, 1.- Te1+ 2.T:e1#; 1.- Td4+ 2.c:d4#; 1.- Lg1,3 2.Th5#; 1.- T~ 2.S:f7# und 1.- T/Lf4, Lf~ 2.Dc5#.

Jenő Székely

Magyar Sakkvilág 1925

3. Preis

wKf3, wDf5, wTa7, wLc6, wSc1d5, wBa6b3b6e6f2g4, sKa5, sDc8, sTa3h8, sSa4, sBc2c7d6g3g7

#3 (12+10)

Jenő Székely (12.1.1886-2.6.1946) war vor dem 2. Weltkrieg Generalsekretär des ungarischen Schachverbands und damit in erster Linie dem Partieschach verpflichtet, aber er war auch dem Problemschach zugetan. Sein Dreizüger, der bisher noch nicht in der PDB enthalten ist, zeigt eine scharf pointierte Idee: Nach dem überraschenden Schlüssel 1.Df6! mit der Drohung 2.Dc3+ S:c3 3.b4# verteidigt sich Schwarz durch Fesselung oder Schlagen der weißen Dame: 1.- Df8 2.Ke2 (nicht 2.Kf4? oder Kg2?); 1.- Tf8 2.Kg2 (nicht 2.Ke2? oder Kf4?) und 1.- g:f6 2.Kf4 (nicht 2.Kg2? oder Ke2?), jeweils mit der Drohung [3.b4#] und 2.- T:b3 3.S:b3#.

K. A. K. Larsen

Schackvärlden 1929

1. Preis

wKa8, wDc2, wTe8h5, wLa7d7, wSa4g4, wBc5e3e5, sKd5, sDa1, sLc4h8, sSd3f3, sBb5c6

#2 (11+8)

Karl Adolf Koefoed Larsen (2.5.1896-22.12.1963) war einer der bedeutendsten dänischen Problemkomponisten. Er wuchs in einer ausgesprochen schachaffinen Umgebung auf, sein Bruder Arne war selbst ein Schachenthusiast und Vater Peder Andreas Larsen (1.4.1869-28.4.1946, sein Tod liegt also 75 Jahre zurück) war ebenfalls Schachautor und Problemkomponist. Das um 1981 erschienene Problem-sKAK Larsen von Leif C. Schmidt enthält neben dem K.A.K. gewidmeten Hauptteil auch etwa 100 Probleme des Vaters. Sein Debüt als Problemkomponist gab der Sohn als 16-jähriger im August 1912 in Skakbladet unter dem Namen Karl Larsen (erst später verwendete er die Initialen K.A.K., unter denen er bekannt wurde), insgesamt komponierte er über 600 Probleme, hauptsächlich Zwei- und Dreizüger sowie Selbstmatts. Als Redakteur betreute er unter anderem von 1935 bis 1958 die renommierte Schachecke von Magasinet, einer wöchentlichen Beilage der dänischen Zeitung Politiken, und Anfang der 1930er Jahre leitete er die Studienabteilung im Skakbladet. Der ausgewählte Zweizüger zeigt vier Schiffmann-Paraden (Schwarz verteidigt sich gegen die Drohung durch einen Zug, der zwar eine Selbstfesselung enthält, die aber bei Ausführung der Drohung wieder aufgehoben wird. Weiß nutzt die Selbstfesselung zu einem anderen Matt). 1.Td8 droht 2.Lf5#. Schwarz hat vier Möglichkeiten, auf e5 zu schlagen, um nach Ausführung der Drohung die Turm-Wirkungslinie auf d6 oder d7 zu verstellen. 1.- L:e5 2.Sf6# (2.- L:f6??), 1.- Sf:e5 2.Dg2# (2.- Sf3?), 1.- Sd:e5 2.Lc8# (2.- Sd7??) und 1.- D:e5 2.Sc3# (2.- D:c3??).

Comins Mansfield

Hampshire Telegraph &
Post 1915

1. Preis

wKa1, wDd1, wTb5h4, wLa5e8, wSc1, wBa2b2b7, sKa4, sDe1, sTc2e2, sLa8b4, sSd4f7, sBd6e6f3f5

#2 (10+12)

Obwohl er sich fast ausschließlich mit seinem Spezialgebiet, dem Zweizüger, befasste, wurde Comins Mansfield (14.6.1896-28.3.1984) zu einem der bedeutendsten Allzeit-Problemisten. Er kam früh mit Schachproblemen in Berührung, gab sein Taschengeld her, um die Hefte des British Chess Magazine zu erlangen und stieß dort auf die 1910 in einer Artikelserie publizierte Classification of Two-Movers von A. C. White, die ihn in ihren Bann schlug. Schon 1911 publizierte er seine erste eigene Komposition, innerhalb von zwei Jahren hatte er schon mehrere 1. Preise in bedeutenden Turnieren erzielt und galt bereits damals als einer der "Großen" - eine Position, die er über fast 70 Jahre einnehmen sollte. Neben den bald aufgenommenen Kontakten zu A. C. White war seine Freundschaft mit dem einige Jahre älteren Guy Chandler prägend für Mansfields Entwicklung. Chandler leitete damals schon die Problemecke der Hampshire Telegraph & Post und publizierte auch den hier wiedergegebenen Preisträger, der als ein Glanzstück aus Mansfields Frühphase gilt und eine frühe Darstellung des Halbfesselungs-Motivs zeigt: 1.Lc7 [2.Ta5#] 1.- La5 2.Tb6#, 1.- La3 2.b3#, 1.- Lc3, Lc5 2.Tb3#, 1.- Ld2 2.D:c2#, 1.- Sc6 2.Ta5#, 1.- S:b5 2.b:a8D# und 1.- Sb3+ 2.a:b3#. Die Fachwelt war begeistert vom komplexen Geschehen - und das in einem Zweizüger! -

Comins Mansfield

The Problemist 1979

2. Preis

wKh2, wDd2, wTd6f1, wLf4h5, wBh4, sKf5, sDa1, sSf8h7, sBa2b7d3d5e4

#2 (7+9)

Nach seinem Schulabschluss erhielt Mansfield 1914 eine Anstellung in einer Tabakfirma, der er bis zu seinem Ruhestand treu blieb, unterbrochen nur durch einen Kriegseinsatz ab 1915 bis zu einer Verwundung im Mai 1918, als er nach einem Giftgasangriff zeitweise erblindete und ein Jahr in einer Klinik verbringen musste, um seine Gesundheit wieder herzustellen. Auf die weitere Karriere kann hier aus Platzgründen nicht eingegangen werden, aber eine Ehrung sei noch erwähnt: 1976 wurde er zum "Member of the British Empire" ernannt, eine Auszeichnung, die ungefähr dem deutschen Bundesverdienstkreuz entspricht. Erhielt er sie als Künstler/Problemkomponist, oder für seinen Einsatz als Funktionär? Die offizielle Begründung hielt sich zurück und lautete: "For services to Chess." Es bleibt mit Bewunderung festzustellen, dass Mansfield sich über die Jahrzehnte hinweg als origineller und innovativer Komponist erwies. Abschließend sei ein luftig-frisches Stück aus seiner Spätphase gezeigt: 1.Dc3! [2.Lc1#] 1.- D:f1 2.De5#, 1.- Db2+ 2.Ld2#, 1.- D:c3 2.Lg3#, 1.- d2 2.Dh3#, 1.- e3 2.D:d3#, 1.- d4 2.Dc5#, 1.- Se6 2.T:d5#, 1.- Sg6 2.Dc8# und 1.- Sg5 2.Tf6#. Komponiert im Alter von 83 Jahren!

Der Mannheimer Willy Paul May (21.5.1896-27.12.1962) komponierte ab 1930, überwiegend Zweizüger, deren Stil er selbst als "eigenwillig, Vorbild Mansfield" charakterisierte und der geprägt wurde durch seine Kontakte zu W. Hagemann, A. Klinke, W. Roscher, E. Löbel und den Brüdern Richard und Rudolf Büchner.

Erst kürzlich wurde in dieser Rubrik an den Studienkomponisten Alois Wotawa (11.6.1896-12.4.1970) erinnert. Jetzt wäre er 125 Jahre alt geworden.

Emil Palkoska

Časopis českých
šachist\r{u} 1908

wKh4, wTh1, wLc6d8, wBa2a3b4, sKa6, sTa4h7, sBa7f7h5

#6 (7+6)

Emil Palkoska (11.5.1871-14.5.1955) war ein Hauptvertreter der böhmischen Problemschule und publizierte ab 1888 etwa 1200 Probleme, überwiegend Dreizüger. Von 1907 bis 1945 leitete er die Schachecke der Zeitung Národn\'{\i politika}, daneben war er Autor dreier Bücher: 1911 erschien in der Christmas-Serie die Aufgaben-Sammlung Schachprobleme. Weiß: Dame und ein Läufer, das zu den frühen Versuchen gehört, Schachprobleme systematisch zu erfassen. 1928 folgte sein dreisprachig (tschechisch, englisch und deutsch) erschienenes Idee und Ökonomie im Schachproblem, ein Klassiker, dem 1947 ein zweiter Band folgte. In seinem hier wiedergegebenen Sechszüger verhindert die Fesselung den Mattzug 1.b5#, sodass Weiß sie abschütteln muss. 1.Kh3 T:a3+ 2.Kh2 T:a2+ 3.Kh3 Ta3+ 4.Kh4 Ta4. Nach Beseitigung der Bauern auf der a-Linie kann Weiß jetzt seinerseits den schwarzen Turm fesseln: 5.Ta1 nebst 6.b5# oder T:T#.

(GüBü)


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