Todesfälle
Kurz vor Redaktionsschluss erhielten wir
die Nachricht vom Tod unseres französischen Mitglieds Yves
Cheylan (14.11.1938-1.5.2021). Er war in den letzten Jahren
hauptsächlich als Namensgeber einer Anticirce-Variante in aller
Munde.
Kalenderblatt
Siegfried Brehmer
Schach 1951
1. Preis
#3 (10+8)
Vor vier Jahren erschien eine Kalenderblatt-Notiz zu Siegfried Brehmers
100. Geburtstag (12.1.1917-30.5.1996). Jetzt ist
an den 25. Todestag dieses großen Problemkünstlers zu erinnern,
dessen Kompositionen im 5. Band der Editions feenschach-phénix in
einer Auswahl erschienen sind. Daraus hier ein Dreizüger: Die
Probespiele 1.Sg5? [2.Sf7#] Tf3? 2.D:d4#, aber 1.- T:f2!
(2.D:c6?) und 1.b7? [2.b8D#] Tb2? 2.D:c6#, aber 1.- Tb3!
(2.D:d4?) schlagen nicht durch, weil die Felder e5 bzw. c7
freigegeben werden, was einen der schwarzen Türme von seinen
Deckungspflichten entbindet. In der Lösung 1.Le1! [2.Lb4+ c5 3.Dc6#]
werden die schwarzen Türme nun so gelenkt, dass scheinbar beide
Probespielverteidigungen ausgeschaltet sind: 1.- Tdd2 verstellt
Tc2-f2 und verhindert Tdb2, aber dennoch geht nur 2.Sg5! [3.Sf7#]
Tdf2 3.D:d4#, denn nach 2.b7? Tb2! wäre die weiße Dame gefesselt.
Analog verläuft 1.- Tcc3 (verstellt Td3-b3 und schließt Tcf3 aus,
aber nur 2.b7! [3.b8D#] Tcb3 3.D:c6# hat Erfolg, während nach
2.Sg5? Tf3! die weiße Dame wieder gefesselt wäre.
Auch Pieter ten Cate (28.7.1902-27.6.1996), der
bedeutende niederländische Komponist und Funktionär im nationalen und
internationalen Rahmen, war schon zu Gast im Kalenderblatt (Heft 196,
August 2002).
Der große Schachorganisator und Mäzen Alois Nagler
(8.12.1907-30.5.1996), der vor 25 Jahren verstarb, war zu seiner Zeit
eine tragende Säule des schweizerischen Schachlebens. Von 1953 bis
1962 war er Präsident der Schachgesellschaft Zürich, in die er schon
1929 eingetreten war. Während seiner Amtszeit holte er neben anderen
Großveranstaltungen auch das WM-Kandidatenturnier 1953 nach Zürich,
und er war maßgeblich an der Organisation der Schacholympiade 1968 in
Lugano beteiligt. Er befasste sich auch intensiv mit der
Schachkomposition, und schon 1951 gab er ein Büchlein mit einer
Auswahl von 68 eigenen Problemen heraus. An Nagler wurde schon in Heft
228 erinnert, und auch der ungarische Komponist Zoltan
Zilahi (24.2.1903-10.5.1971), dessen Name mit einem beliebten
Hilfsmatt-Thema verbunden ist und der vor 50 Jahren verstarb, hatte
schon eine Kalenderblatt-Notiz in Heft 199.
Norbert Kovács
British Chess Problem
Society 1934
1. Preis
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Die Entwicklung des ungarischen Problemschaffens vor dem 2. Weltkrieg
ist von zwei Personen geprägt: Gyula Neukomm (1892-1957) und dem 18
Jahre älteren Norbert Kovács (16.5.1874-24.5.1946), an
dessen 75. Todestag jetzt erinnert werden kann. Kovács befasste sich
intensiv mit dem damals noch jungen Hilfsmatt und kann als Begründer
der späteren ruhmreichen ungarischen Hilfsmattschule angesehen werden.
In A. C. Whites 1935 in der Christmas-Serie erschienenem Buch
Conspiracy, dem ersten sich nur dem Hilfsmatt widmenden
Werk, wird Kovács' Bedeutung für die Entwicklung des Genres
hervorgehoben, denn er wird im einleitenden Textteil als einziger
Komponist namentlich genannt, und sein Verdienst bei der Erforschung
der genretypischen Strategien wird hervorgehoben. Sieht man sich heute
seine Hilfsmatts an, stellt sich beim Betrachter vielleicht eine
leichte Enttäuschung ein, weil er eine Vielzahl von einphasigen
Aufgaben vorfindet, was dem heutigen Standard nicht mehr entspricht.
Dabei sollte aber nicht übersehen werden, dass gerade das, was wir
heute an diesen Aufgaben vermissen - thematische Dichte durch
Mehrphasigkeit oder Satzspiel - durch seine Arbeiten angestoßen und
teils auch schon von ihm eingeführt wurde, wie in dem hier
wiedergegebenen Stück mit dem Satz 1.- Le2+ 2.Td4 d3# und der Lösung
1.Tf5 Ld5+ 2.Ke5 d4#.
Charles D. Locock
The Chess Bouquet 1897
#2 (10+6)
Schon als Schüler kam Charles Dealtry Locock
(27.9.1862-13.5.1946) mit Schachproblemen in Berührung, obwohl er
sich zunächst einen Namen als Partiespieler machte. In F. R. Gittins
Chess Bouquet (1897) bezeichnet er sich als "heterodoxen"
Problemkomponisten und begründet dies mit seiner von der damaligen
englischen Haltung gegenüber Dualen und Mattreinheit abweichenden
Einstellung. Zum reinen Matt sagte er ganz deutlich, dass er lieber
ein "cleveres" als ein reines Matt anstrebt, wobei er letzteres
natürlich auch gern mitnimmt, wenn sich das ergibt. Wichtiger als
Dualfreiheit und Mattbilder waren ihm Strategie, gepaart mit
Schwierigkeit, einem guten Schlüssel und guten Verführungen - alles
Merkmale, die nach seiner Auffassung die damaligen Preisrichter zu
wenig beachteten. Seinen hier wiedergegebenen Zweizüger hat er
hauptsächlich wegen der Verführungen komponiert: 1.Kb1,3? Tb4+!;
1.Kd3? Te3+!; 1.Kc1? Lf4+!; 1.c7? Te2+!; 1.S:f7+ Kd5!; 1.T:f7 Tc4!;
Lösung: 1.Kd1! Zugzwang 1.- Kd5 2.Dd4#, 1.- Te1+ 2.T:e1#; 1.-
Td4+ 2.c:d4#; 1.- Lg1,3 2.Th5#; 1.- T~ 2.S:f7# und 1.-
T/Lf4, Lf~ 2.Dc5#.
Jenő Székely
Magyar Sakkvilág 1925
3. Preis
#3 (12+10)
Jenő Székely (12.1.1886-2.6.1946) war vor dem 2.
Weltkrieg Generalsekretär des ungarischen Schachverbands und damit in
erster Linie dem Partieschach verpflichtet, aber er war auch dem
Problemschach zugetan. Sein Dreizüger, der bisher noch nicht in der
PDB enthalten ist, zeigt eine scharf pointierte Idee: Nach dem
überraschenden Schlüssel 1.Df6! mit der Drohung 2.Dc3+ S:c3 3.b4#
verteidigt sich Schwarz durch Fesselung oder Schlagen der weißen Dame:
1.- Df8 2.Ke2 (nicht 2.Kf4? oder Kg2?); 1.- Tf8 2.Kg2 (nicht
2.Ke2? oder Kf4?) und 1.- g:f6 2.Kf4 (nicht 2.Kg2? oder Ke2?),
jeweils mit der Drohung [3.b4#] und 2.- T:b3 3.S:b3#.
K. A. K. Larsen
Schackvärlden 1929
1. Preis
#2 (11+8)
Karl Adolf Koefoed Larsen (2.5.1896-22.12.1963) war einer
der bedeutendsten dänischen Problemkomponisten. Er wuchs in einer
ausgesprochen schachaffinen Umgebung auf, sein Bruder Arne war selbst
ein Schachenthusiast und Vater Peder Andreas Larsen
(1.4.1869-28.4.1946, sein Tod liegt also 75 Jahre zurück) war
ebenfalls Schachautor
und Problemkomponist. Das um 1981 erschienene Problem-sKAK
Larsen von Leif C. Schmidt enthält neben dem K.A.K. gewidmeten
Hauptteil auch etwa 100 Probleme des Vaters. Sein Debüt als
Problemkomponist gab der Sohn als 16-jähriger im August 1912 in
Skakbladet unter dem Namen Karl Larsen (erst später
verwendete er die Initialen K.A.K., unter denen er bekannt wurde),
insgesamt komponierte er über 600 Probleme, hauptsächlich Zwei- und
Dreizüger sowie Selbstmatts. Als Redakteur betreute er unter anderem
von 1935 bis 1958 die renommierte Schachecke von Magasinet,
einer wöchentlichen Beilage der dänischen Zeitung Politiken,
und Anfang der 1930er Jahre leitete er die Studienabteilung im
Skakbladet. Der ausgewählte Zweizüger zeigt vier
Schiffmann-Paraden (Schwarz verteidigt sich gegen die Drohung durch
einen Zug, der zwar eine Selbstfesselung enthält, die aber bei
Ausführung der Drohung wieder aufgehoben wird. Weiß nutzt die
Selbstfesselung zu einem anderen Matt). 1.Td8 droht 2.Lf5#. Schwarz
hat vier Möglichkeiten, auf e5 zu schlagen, um nach Ausführung der
Drohung die Turm-Wirkungslinie auf d6 oder d7 zu verstellen. 1.- L:e5
2.Sf6# (2.- L:f6??), 1.- Sf:e5 2.Dg2# (2.- Sf3?), 1.- Sd:e5 2.Lc8#
(2.- Sd7??) und 1.- D:e5 2.Sc3# (2.- D:c3??).
Comins Mansfield
Hampshire Telegraph &
Post 1915
1. Preis
#2 (10+12)
Obwohl er sich fast ausschließlich mit seinem Spezialgebiet, dem
Zweizüger, befasste, wurde Comins Mansfield
(14.6.1896-28.3.1984) zu einem der bedeutendsten
Allzeit-Problemisten. Er kam früh mit Schachproblemen in Berührung,
gab sein Taschengeld her, um die Hefte des British Chess
Magazine zu erlangen und stieß dort auf die 1910 in einer Artikelserie
publizierte Classification of Two-Movers von A. C. White,
die ihn in ihren Bann schlug. Schon 1911 publizierte er seine erste
eigene Komposition, innerhalb von zwei Jahren hatte er schon mehrere
1. Preise in bedeutenden Turnieren erzielt und galt bereits damals als
einer der "Großen" - eine Position, die er über fast 70 Jahre
einnehmen sollte. Neben den bald aufgenommenen Kontakten zu
A. C. White
war seine Freundschaft mit dem einige Jahre älteren Guy Chandler
prägend für Mansfields Entwicklung. Chandler leitete damals schon die
Problemecke der Hampshire Telegraph & Post und
publizierte auch den hier wiedergegebenen Preisträger, der als ein
Glanzstück aus Mansfields Frühphase gilt und eine frühe Darstellung des
Halbfesselungs-Motivs zeigt: 1.Lc7 [2.Ta5#] 1.- La5 2.Tb6#, 1.-
La3 2.b3#, 1.- Lc3, Lc5 2.Tb3#, 1.- Ld2 2.D:c2#, 1.- Sc6
2.Ta5#, 1.- S:b5 2.b:a8D# und 1.- Sb3+ 2.a:b3#. Die Fachwelt war
begeistert vom komplexen Geschehen - und das in einem Zweizüger! -
Comins Mansfield
The Problemist 1979
2. Preis
#2 (7+9)
Nach seinem Schulabschluss erhielt Mansfield 1914 eine Anstellung in
einer Tabakfirma, der er bis zu seinem Ruhestand treu blieb,
unterbrochen nur durch einen Kriegseinsatz ab 1915 bis zu einer
Verwundung im Mai 1918, als er nach einem Giftgasangriff zeitweise
erblindete und ein Jahr in einer Klinik verbringen musste, um seine
Gesundheit wieder herzustellen. Auf die weitere Karriere kann hier
aus Platzgründen nicht eingegangen werden, aber eine Ehrung sei noch
erwähnt: 1976 wurde er zum "Member of the British Empire" ernannt,
eine Auszeichnung, die ungefähr dem deutschen Bundesverdienstkreuz
entspricht. Erhielt er sie als Künstler/Problemkomponist, oder für
seinen Einsatz als Funktionär? Die offizielle Begründung hielt sich
zurück und lautete: "For services to Chess." Es bleibt mit
Bewunderung festzustellen, dass Mansfield sich über die Jahrzehnte
hinweg als origineller und innovativer Komponist erwies. Abschließend
sei ein luftig-frisches Stück aus seiner Spätphase gezeigt: 1.Dc3!
[2.Lc1#] 1.- D:f1 2.De5#, 1.- Db2+ 2.Ld2#, 1.- D:c3 2.Lg3#, 1.-
d2 2.Dh3#, 1.- e3 2.D:d3#, 1.- d4 2.Dc5#, 1.- Se6 2.T:d5#, 1.-
Sg6 2.Dc8# und 1.- Sg5 2.Tf6#. Komponiert im Alter von 83 Jahren!
Der Mannheimer Willy Paul May (21.5.1896-27.12.1962)
komponierte ab 1930, überwiegend Zweizüger, deren Stil er selbst als
"eigenwillig, Vorbild Mansfield" charakterisierte und der geprägt
wurde durch seine Kontakte zu W. Hagemann, A. Klinke, W. Roscher,
E. Löbel und den Brüdern Richard und Rudolf Büchner.
Erst kürzlich wurde in dieser Rubrik an den Studienkomponisten
Alois Wotawa (11.6.1896-12.4.1970) erinnert. Jetzt wäre
er 125 Jahre alt geworden.
Emil Palkoska
Časopis českých
šachist\r{u} 1908
#6 (7+6)
Emil Palkoska (11.5.1871-14.5.1955) war ein
Hauptvertreter der böhmischen Problemschule und publizierte ab 1888
etwa 1200 Probleme, überwiegend Dreizüger. Von 1907 bis 1945 leitete
er die Schachecke der Zeitung Národn\'{\i politika}, daneben war
er Autor dreier Bücher: 1911 erschien in der Christmas-Serie die
Aufgaben-Sammlung Schachprobleme. Weiß: Dame und ein
Läufer, das zu den frühen Versuchen gehört, Schachprobleme
systematisch zu erfassen. 1928 folgte sein dreisprachig (tschechisch,
englisch und deutsch) erschienenes Idee und Ökonomie im
Schachproblem, ein Klassiker, dem 1947 ein zweiter Band folgte. In
seinem hier wiedergegebenen Sechszüger verhindert die Fesselung den
Mattzug 1.b5#, sodass Weiß sie abschütteln muss. 1.Kh3 T:a3+ 2.Kh2 T:a2+
3.Kh3 Ta3+ 4.Kh4 Ta4. Nach Beseitigung der Bauern auf der a-Linie
kann Weiß jetzt seinerseits den schwarzen Turm fesseln: 5.Ta1 nebst
6.b5# oder T:T#.
(GüBü)