Heft 290, April 2018

Todesfall

Newman Guttman gehörte zu den Teilnehmern am legendären ersten "Weltkongress" der Problemisten, der 1958 in Piran stattfand. Er war auch noch viele Jahre später - mindestens bis 2002, als das Treffen in Portoroz stattfand, nur einen Katzensprung entfernt von Piran - regelmäßiger Besucher der PCCC-Treffen, bei denen er die USA als Delegierter vertrat. Als Komponist war Guttman bis ins hohe Alter aktiv, jetzt ist er in seinem 91. Lebensjahr verstorben (4.4.1927-2.2.2018). - Zwei schon sehr betagte niederländische Problemisten haben uns kürzlich verlassen: Gerard Bouma (10.5.1923-27.11.2017) war ein sehr vielseitiger Komponist, der zwischen 1941 und 2015, also fast ein Dreivierteljahrhundert lang, komponierte. Eine Zusammenfassung seines Werks stellte M. Niemeijer in dem 1984 erschienenen Op zoek naar harmonie: schaakproblemen van Gerard Johan Bouma vor.

Wouter Mees

De Schaakwereld 1939

wKe2, wLf4, wSa4, sKc8, sSa1

Gewinn (3+2)

Wouter Mees (6.8.1921-25.1.2018) komponierte seit 1936 Studien und Probleme und gehörte zu den erfolgreichsten niederländischen Studienkomponisten. Seine Arbeiten bestechen oft durch Eleganz und Subtilität. Geradezu tragikomisch ist die sehr sparsam dargestellte heillose Flucht des vom weißen König gejagten schwarzen Springers in seiner hier gezeigten Miniatur: 1.Kd3 Sb3 2.Kc4 Sa5+ 3.Kb5 Sb7 (3.- Sb3 4.Le3 Sa1 5.Kc4 Sc2 6.Lf2 Sa3+ 7.Kb4 Sc2+ (7.- Sb1 8.Le1) 8.Kb3 Sa1+ 9.Kb2) 4.Ka6 Sd8 5.Sb6#.

Kalenderblatt

Auf den vor 50 Jahren verstorbenen Ferdinand Metzenauer (24.3.1908-5.3.1968) geht die "Münchner Idee" zurück, die er 1934 in der Schwalbe präsentierte. An ihn wurde schon vor 10 Jahren in Heft 230 in einer Kalenderblatt-Notiz zu seinem 100. Geburtstag erinnert. - Wir haben noch eine Reihe weiterer Problemisten mit runden Gedenktagen, denen schon früher Kalenderblatt-Notizen gewidmet waren: Erst im Oktober 2017 wurde Karl Karlowitsch Behting (27.10.1867-28.3.1943) genannt, der vor nunmehr 75 Jahren verstarb. Nur zwei Hefte früher wurde an den ebenfalls vor 75 Jahren verstorbenen Ernst Krieger (P. A. Orlimont) (8.6.1867-22.4.1943) erinnert. Länger zurück liegt die Notiz zum vor 100 Jahren geborenen tschechischen Studienexperten Vladimir Pachman (16.4.1918-8.8.1984), dem Bruder des Partie-Großmeisters Ludek Pachman. Vor 125 Jahren starb der schon in Heft 205 genannte Jean Dufresne (14.2.1829-13.4.1893), der nach der italienischen Schach-Enzyklopädie von Chicco und Porreca eigentlich E. S. Freund hieß, während Wikipedia umgekehrt mit überzeugender Begründung ausführt, dass der richtige Name Dufresne war, der sich aber zeitweise hinter dem anagrammatischen Pseudonym E. S. Freund versteckte und als solcher ein erfolgloser Romanautor blieb.

Johannes Minckwitz

Westdeutscher Schachbund
1867

1. Preis

wKe1, wDc5, wTf1, wSc7e3, wBh2, sKd3, sTb8d8, sLb1, sSa5f5, sBb2e4e7f3h4

#4 (6+11)

Schon in Heft 189 (Juni 2001) wurde an Johannes Minckwitz (11.4.1843-20.5.1901) erinnert, der vor 175 Jahren geboren wurde. Seine hier gezeigte Komposition mit Modellmatts entsprach dem Stil der Zeit: 1.T:f3 [2.Sd1+ ~{} 3.Sf2#] e:f3 2.Sd1 [3.Sf2#] Td4 3.Sf2+ Ke3 4.Sd5# Fessel-Modellmatt; 1.- Td4 2.Dc3+ K:c3 3.Sed5+ Kc4 4.Tc3# Modellmatt.

Auf den tschechischen Komponisten Jan Vašta (30.4.1885-24.3.1968) gehen etwa 700 Probleme zurück, bevorzugt komponierte er Drei- und Mehrzüger im böhmischen Stil. M. Soukup gab 1942 das Büchlein Zlatý Prut mit 100 Problemen Vaštas heraus.

Vor einem Jahrhundert wurde der französische Retro-Spezialist André Hazebrouck (6.3.1918-??) geboren; da mir kein Todesdatum bekannt ist, könnte er noch leben!? Hazebrouck war ab 1964 mehr als 30 Jahre lang der Retro-Redakteur in Europe Echecs. Er komponierte überwiegend klassische Auflöse-Retros und hat sich intensiv mit dem Thema "Retro-Opposition" beschäftigt. Die Aufgaben von Hazebrouck sind meist hochkompliziert; eine relativ einfache wird an anderer Stelle im Heft vorgestellt.

Dennis Julien (1806-23.4.1868) wurde 1806 in Südfrankreich geboren und begann mit ungefähr 20 Jahren ein recht abenteuerliches Leben, bei dem er unfreiwillig auch mit dem Sklavenhandel in Berührung kam. Er verließ deshalb bei nächster Gelegenheit das Schiff, auf dem er angeheuert hatte, und schlug sich allein durch Afrika, bis er wieder nach Frankreich zurückfand. Nach weiteren Reisen wurde er 1845 schließlich in New York sesshaft, wo er ein Hotel eröffnete und das Schachspiel entdeckte. Schon bald konzentrierte er sich auf's Problemschach und gehörte zu den ersten und regelmäßigen Mitarbeitern an den aufkommenden amerikanischen Problemspalten. In der großen, 1868 erschienenen Sammlung American Chess Nuts ist er mit über 30 Problemen vertreten.

Frideswide F. Beechey (18.4.1855-25.2.1919) war eine Enkelin des bekannten irischen Porträtmalers Sir William Beechey und Tochter eines Admirals, der nicht nur (ebenfalls) als Maler und Arktisforscher bekannt wurde, sondern auch ein begeisterter Schachspieler war und seine Tochter in die Geheimnisse dieses Spiels einführte. Schon früh entwickelte sie sich zu einer bekannten Komponistin, die 1883 unter dem Titel Chess Blossoms eine Sammlung ihrer eigenen Probleme herausgab. Vermutlich war sie die erste Frau, die eine Turnierauszeichnung für ein Schachproblem erhielt (1883). 1884 heiratete sie Thomas B. Rowland und wurde danach in der Literatur als Mrs. T. B. Rowland oder auch mit ihrem Vornamen Frideswide F. Rowland geführt. Beide waren schachbegeistert und agierten als treibende Kräfte für die Entwicklung eines organisierten irischen Schachlebens. Ihre publizistischen Aktivitäten waren beeindruckend: Frideswide leitete mindestens elf Schachspalten in irischen Zeitungen (hinzu kommen noch zehn von ihrem Mann geleitete Spalten), daneben gab sie von 1905 bis 1914 eine eigene Schachzeitung mit dem Titel The Four-leaved Shamrock heraus. Im 1887 gemeinsam mit ihrem Mann herausgegebenen Buch The Problem Art werden verschiedene Problemarten behandelt, darunter auch Selbstmatts, Retros und das damals noch ganz exotisch-neue Hilfsmatt, das hier erstmals in der Schachliteratur in einem eigenen Kapitel behandelt wird.

Paul W. Schellenberg

Dresdner Schachkalender
1901

wKe3, wLb8e8, wBc6, sKd5

-1w, dann #1 (4+1)

Paul W. Schellenberg (10.4.1843-18.10.1920) spielte im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts eine bedeutende Rolle im deutschen Schachleben; er gehörte u. a. dem Vorstand des Deutschen Schachbunds an, dessen Ehrenmitglied er später wurde. In Dresden leitete er den lokalen Schachklub, und Franz Palatz berichtete 1918 im Deutschen Wochenschach, dass sich um den Patriarchen Schellenberg immer eine Schar von Problemfreunden versammelte, die ausschließlich zum Lösen und zum Gespräch zusammenkam. Als Problemkomponist ist Schellenberg nicht besonders hervorgetreten, doch enthält die PDB einige Rückzüger von ihm, darunter den hier wiedergegebenen: zurück 1.Bb5:c6 e. p. dann 1.Lf7#. Seine eigentliche Spezialität war der Schachhumor; bei vielen Gelegenheiten hat er sich hier hervorgetan und Gedichte geschmiedet. Sein 1912 unter dem Titel Lachschach erschienenes Bändchen fasst einige dieser Werke zusammen.

Nachschlag zu Heft 287: Volker Zipf wies darauf hin, dass mir in der Kalenderblatt-Notiz zu Günter Schiller gleich mehrere Ungenauigkeiten unterlaufen sind: Die Schachspalte der Sächsischen Zeitung wurde von Gerhard (nicht Georg) Kaiser gegründet, der Übergang von Kaiser auf Hans Vetter erfolgte mit Problem-Nr. 370, das war vermutlich 1964 (sicher nicht 1984, denn da lebte Vetter schon gar nicht mehr).

(GüBü)


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