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Todesfall
Wieder ist von einem entsetzlichen Verlust zu berichten. Der serbische Vollblut-Problemist Milan Velimirović verstarb völlig unerwartet am 25. Februar, er wurde nur 60 Jahre alt. Milan war schon als Teenager Mitarbeiter von Mat, übernahm mit 22 die Leitung des Problemteils und war von 1974-85 Herausgeber der Zeitschrift, die er zu einem der führenden Problemmagazine machte. Später schuf er mit Mat-Plus eine internationale Super-Problem-Zeitschrift, in der umfangreiche Artikel ihren Platz fanden. Daneben schuf er mit der gleichnamigen Website ein breit genutztes Internet-Forum. Milan war ein exzellenter Löser und ein ebensolcher Komponist, gehörte zu den ganz wenigen, die auf beiden Gebieten den GM-Titel trugen, und er war sehr stark persönlich engagiert, wenn es um Problemästhetik ging, oder auch um Organisationsfragen. Da konnte es schon mal passieren, dass er - damals als einer der PCCC-Vizepräsidenten - seiner Empörung über den Gang einer Diskussion Luft machte und eine Sitzung protestierend verließ. So erkannte er bald, dass seine Liebe in erster Linie dem Problem an sich, seiner Ästhetik, gehörte und er sich daneben nicht zu sehr um die eher politischen Fragen der Organisation der Problemwelt kümmern mochte und kandidierte konsequenterweise kein zweites Mal für das PCCC-Präsidium. Durch seinen unerwarteten Tod verliert nicht nur das serbische Problemschach einen seiner führenden Köpfe, sondern die ganze internationale Problemgemeinschaft eine ihrer herausragenden Gestalten. [GüBü]
Kalenderblatt
Es kommt nicht oft vor, dass in dieser Spalte australische Problemisten erwähnt werden, aber diesesmal kann an den vor 50 Jahren verstorbenen Frederick Thomas Hawes (29.3.1886-20.4.1963) erinnert werden. Hawes war ein eifriger Komponist, auf den etwa 1000 Probleme zurückgehen und der viele Schachspalten leitete, darunter auch das australische Magazin Chess World.
Manfred Seidel
Europa-Rochade 1985
s#13 (10+2)
75 Jahre wäre unser schon vor fünf Jahren verstorbener ehemaliger Turnierleiter Manfred Seidel (25.3.1938-28.2.2008) geworden. Nach ersten Kompositionen in den 1960er Jahren kam er in den 80ern zurück zum Problemschach und widmete sich zunehmend der Organisation von Lösungsturnieren und dem Märchenschach. Jahrelang leitete er die Märchenschachabteilung in der Europa-Rochade, in der er schon früher sein hier gezeigtes Circe-Stück publiziert hatte. Darin wird der sB systematisch beschäftigt und auf die andere Brettseite manövriert, während Weiß seinem K Fluchtfelder verstellt: 1.Dh5! h6 2.La4 h:g5 [Bg2] 3.D:g5 [Bg7] g6 4.Th7 g:f5 [Bf2] 5.D:f5 [Bf7] f6 6.Th1 ... 8.Ta1 ... 10.Ta2 d:c5 [Bc2] 11.D:c5 [Bc7] c6 12.Lb3 c:b5 [Bb2] 13.Dc6 b4#.
Daniel Itzhaki
Bo Lindgren
50 Jahre-Komp.-JT
(Springaren) 1992-93
2. Preis
s#4 (8+9)
Erinnert sei an den 100. Geburtstag des israelischen Komponisten Daniel Itzhaki am 15. März, von dem zwar seit langem keine neuen Aufgaben mehr gesehen wurden, der aber wohl noch lebt. Itzhaki hatte sich auf Allumwandlungsaufgaben, insbesondere auf Babsons, spezialisiert; hier sei ein zyklisch versetzter Babson wiedergegeben. Nach 1.a5! herrscht Zugzwang; 1.- c:b1D 2.e8T Dg6 3.Tc8 Db1 4.Tc2 Dh1#; 1.- c:b1T 2.e8L Th1 3.Lg6 Ta1 4.Lb1 T:a5#; 1.- c:b1L 2.e8S Lg6 3.Sf6 Lb1 4.Se4 L:e4#; 1.- c:b1S 2.e8D Tg7 3.Dc6 Lb1 4.Dc5+ T:c5#.
Jac Haring
NBvP-35-JT 1966
1.-2. Preis
#2 (11+8)
Jacobus Haring (30.3.1913-25.2.1989) komponierte überwiegend Zwei- und Dreizüger, von denen 300 in einer 1984 von Bert Kieboom herausgegebenen Sammlung als Buch erschienen. Zuvor hatte Haring 1969 zusammen mit J.R.G. de Veer das Buch Schaak ... maar raak herausgegeben, in dem problemtypische Konzepte in der Schachpartie illustriert werden. 1990 wurde Haring posthum der Titel eines Kompositions-Großmeisters verliehen; dies war die erste posthume Vergabe eines Titels durch die PCCC. In seinem Preisträger aus dem Jubiläumsturnier unser niederländischen Schwestervereinigung bildet die wD drei Batterien, deren Vorderstück eine sLinienfigur abzusperren droht (auf b5, d7 und d6) und zugleich einen Vektor der sD-Brennpunktstellung besetzt: 1.Dc4? Ta3/D:c4 2.Sb5/Sf6, aber 1.- T:c4!; 1.Dc6? 2.Df1/D:c6 2.Td7/d3, aber 1.- Sh5!; 1.De6! Sh5/D:e6 2.Ld6/d3.
Karl Hasenzahl
Probleemblad 1958
#2 (8+9)
Der Pfälzer Karl Hasenzahl (23.3.1913-17.7.1967) widmete sich seit Mitte der 1940er Jahre der Schachkomposition und baute zunächst Zweizüger, in seinen letzten Jahren auch Drei- und Mehrzüger. In der Beispielaufgabe geht als Satz (oder nach der Verführung 1.Lb8? mit der Drohung 2.Tf4) 1.- e5/g5/Te2 2.f:e5 e.p./f:g5 e.p./T2g3, aber Schwarz hat noch die Verteidigung 1.- Te1! Daher 1.Da8! [2.Sd2/Sg5 Drohwechsel] Ta:e4/Te:e4 (Paradenwechsel) 2.Sd4/Se1# (Mattwechsel) und Themawechsel (Selbstfesselung statt en-passant-Schlag), insgesamt ein Radikalwechsel. Der große, als "Wormser Schachprofessor" bekannt gewordene Ernst Bachl, obwohl älter als Hasenzahl, sah in diesem einen seiner Problem-Lehrmeister. Hasenzahl widmete sich auch dem Aufbau des Pfälzer Problem-Archivs, einer offenbar immer noch bestehenden Problemsammlung, wie aus Rainer Kuhns 2003 erschienenem Bachl-Gedenkbuch hervorgeht.
Marcel Segers
The Problemist 1988
2.-3. Preis
#2 (9+13)
Marcel Segers (14.4.1913-13.10.2006) war vor dem 2. Weltkrieg ein international bekannter Problemkomponist und gehörte zusammen mit seinen Landsleuten Nietvelt, Gevers und Servais zu den sehr erfolgreichen belgischen Zweizüger-Komponisten. Mit Kriegsausbruch und einer späteren Universitätskarriere als Kardiologe trat das Schach in den Hintergrund und ruhte fast ein halbes Jahrhundert völlig, bis Segers Ende der 1980er Jahre plötzlich wieder da war und sich trotz der langen Pause mit seinen Kompositionen wieder unter die Preisträger einreihen konnte; dazu ein Beispiel (Diagr.): Nach 1.S5~{} droht 2.Kc5. Auf 1.Sd7/Sb7/Sa6/Sa4/Sd3? verteidigt sich Schwarz durch 1.- Te2!; versucht es W fortgesetzt mit 1.Se6? dann geht nach 1.- Te2 2.S:d4, aber 1.- Sd7! pariert. Daher 1.Sb3! Segers letzte Komposition wurde 2006 nur wenige Monate vor seinem Tod publiziert.
Samuel Jacobi
Magyar Sakkvilág 1912
s#11 (7+3)
Vor 100 Jahren verstarb Samuel Jacobi (27.12.1844-11.3.1913), der einen bedeutenden Einfluss auf die Entwicklung des ungarischen Schachlebens hatte. In den letzten 15 Jahren seines Lebens war er als "Mitanalysator" an der Prüfung der berühmt-berüchtigten Blathy'schen Langzüger beteiligt, die ein einzelner ja gar nicht bewältigen konnte. Die DSZ bemerkte 1913, dass wegen der ungeheuren Arbeit der genauen Prüfung und der Niederschrift der Lösung (!) viele Blathy-Aufgaben noch gar nicht publiziert werden konnten. Nach Angaben von Blathy hat Jacobi selbst nur ein einziges Problem komponiert (die PDB enthält aber noch eine weitere, allerdings nebenlösige Aufgabe), nämlich das hier wiedergegebene aristokratische s#11 mit der Lösung 1.Dh8+ 2.De5+ 3.Lh5+ 4.Tg6+ 5.De6 6.Sh3!! 7.Kg5 8.Kh4 9.Dc4! 10.Tg8++ 11.Dg4 Sf5#.
Zwei Tage nach Jacobi starb mit Edward Nathan Frankenstein (18.12.1839-13.3.1913) einer der bedeutendsten englischen Problemisten des 19. Jahrhunderts. Auf Frankensteins Anregung entstand das 1887 erschienene und für die englische Schule wichtige Problemwerk The Chess Problem, an dem neben Frankenstein die damals bedeutendsten englischen Komponisten Andrews, Law und Planck mitwirkten.
Aus Dublin stammte Patrick Thomas Duffy (14.9.1834-17.4.1888), der den größten Teil seines Lebens in England verbrachte und in Schach-, Literatur- und Theaterkreisen bekannt war. 1866 gehörte er zu den Gründern des Westminster Chess Club, aus dem heraus von 1868 bis 1879 das Spielemagazin The Westminster Papers erschien, dessen Schachteil überwiegend von Duffy bestritten wurde. Nach dem Tod Stauntons (1874) wurde dessen bekannte Schachspalte in der Illustrated London News frei, und nach einer kurzen Zwischenphase übernahm Duffy im Herbst 1876 diese Spalte, die er sehr lebendig gestaltete und bis zu seinem Tod vor nunmehr 125 Jahren leitete.
Bleiben wir noch einen Augenblick in England. Augustus Mongredien (17.3.1807-30.3.1888) war ein wichtiger Schachorganisator im 19. Jahrhundert, seit 1835 Mitglied und seit 1839 Präsident des alten Londoner Schachclubs, den er bis zu dessen Ende 1870 leitete, obwohl er anfangs noch in Liverpool wohnte. 1861 nahm er am Schachkongress von Bristol teil - dem Treffen, zu dessen Problemturnier Healey sein berühmtes Bahnungsproblem einsandte.
An den vor 125 Jahren geborenen spanischen Retro-Spezialisten Julio Sunyer (11.4.1888-27.11.1957) wurde bereits im Dezember-Heft 2007 erinnert. - Vor 150 Jahren wurde Alexander W. Galitzki (5.3.1863-18.11.1921) geboren, der ungefähr 2000 Probleme komponierte und zu seiner Zeit als Spezialist für Dreizüger und strategische Mehrzüger galt. 2010 ist eine umfangreiche zweibändige Biographie Galitzkis von Kiril Urussow und Jewgeni Fomitschow auf russisch erschienen, in der mehr als 1100 seiner Kompositionen enthalten sind.
Der aus dem ellsässischen Mulhouse stammende William (oder Guillaume bzw. Wilhelm) Schlumberger (1801-4.1838) war eine schillernde Figur im Schachleben des frühen 19. Jahrhunderts. Aus wohlhabendem Hause kommend, begann er, der einer der stärksten Schachspieler seiner Zeit war, nach einem wirtschaftlichen Misserfolg im Familienunternehmen, sich seinen Lebensunterhalt im damaligen Pariser Treffpunkt Café de la Régence durch Schachunterricht zu verdienen. Sein berühmtester Schüler war St. Amant. Die unsichere Zukunft als Schachprofi verbesserte sich 1826 durch das Angebot Johann N. Maelzels, dessen Schach-Türken in Amerika zu bedienen, fand jedoch 12 Jahre später ein fatales Ende, da er sich im Rahmen einer Kuba-Tournee mit Gelbfieber infizierte und daran vor nunmehr 175 Jahren verstarb. [GüBü]