Über die Lebensschicksale
des Problernkomponisten Cywinsky ist nur weniges bekannt. Mit diesen
Worten begann W. Frh. von Holzhausen in der Festschrift zum XXV. Stiftungsfest
1911 des Akademischen Schachklubs München seine Studie über
August Alexander Johann von Cywinski de Puchala. Die dort abgedruckten
übrigens von Johannes Kohtz gesammelten 24 Probleme
aus dem Zeitraum 1855 1865 stellen vermutlich das Gesamtwerk des
österreichischen Offiziers dar, der nach dieser kurzen Schaffensperiode
zunächst einmal der Vergessenheit anheimfiel, bis Kohtz und Kockelkom
1903 in ihrem revolutionären Werk Das Indische Problem wieder
auf ihn als wichtigen Vorläufer der (später so genannten)
neudeutschen Schule hinwiesen. Sehen wir heute ein gelungenes Problem
als Kunstwerk an, so war damals eine solche Sichtweise noch völlig
unüblich; es ging einfach nur um den Rätselcharakter. In welch
moderne Gestalt Cywinsky seine "Rätsel" verpackte, mögen
die hier ausgewählten drei Beispiele demonstrieren. Dass sich einige
seiner Aufgaben als nebenlösig erwiesen, hat ihn nicht weiter gekümmert
oder dazu bewogen, diese Stücke zu korrigieren; erst Holzhausen
versuchte sich daran, und bei manchen dauerte es sehr lange, bis eine
korrekte Fassung gelang. Dies trifft insbesondere auf A zu, ein
Problem mit gestaffelten Vorplänen aus einer Zeit, als es diesen
Begriff noch gar nicht gab: Der Hauptplan 1.Th3 nebst 2.Td3+ L:d3 3.e3#
scheitert an 1. Le2! Nach 1.Th1!? La4? 2.Th3 käme Weiß
zum Ziel, aber wieder verteidigt 1. Le2. Daher zunächst der
Vorplan 1.Th8! [2.Td8] Ld7! (2. Le8 3.Th3) und dann 2.Th1, wonach
Schwarz nur noch die schlechte Parade La4 hat und der Hauptplan zum
Zug kommt. B ist eine berühmte Aufgabe, für deren Besprechung
in Das indische Problem eine ganze Seite gewidmet wurde. Der
Versuch 1.Dc3? scheitert an der Flucht des sT auf der 4. Reihe. 1.Le4?
c:b3! 2.D:b3 T:e4 bringt nichts, da der sLa8 das Matt durch Dd5 verhindert.
Daher muss der sL zunächst kritisch über das Feld e4 gelenkt
werden: 1.Sf3 L:f3 (1. D:f3 2.Sd7+ 3.D:f3) und jetzt 2.Le4! Le4
3.Dc3 b:c3 4.b4# oder 2. c:b3 3.D:b3. In C zeigt Cywinsky
schließlich Selbstbehinderung der sTT: Nach 1.La4 muss Schwarz
sowohl Tf6 als auch Ld7 im Auge behalten und daher 1. Tf8 spielen.
Es folgt 2.Lb3 [3.Le6] Te7 3.Ta6, und jetzt ist Schwarz im Zugzwang,
denn sowohl Tff7 als auch Tee8 führen zu einer schädlichen
Verstellung, die W mit der Rückkehr 4.Ld1! nebst 5.Lg4# oder 5.Tf6#
nutzt. Man mag kaum glauben, dass so etwas vor fast anderthalb Jahrhunderten
parallel zur Altdeutschen Schule komponiert wurde. Cywinsky starb vor
100 Jahren am Neujahrstag (16.7.1829 1.1.1905).
A
August von Cywinski
Korrektur St. Eisert
III. Familien-Journal 1857 |
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B
August von Cywinski
III. Familien-Journal 1858 |
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C
August von Cywinski
III. Familien-Journal 1861 |
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#5 |
(8+6) |
#4 |
(8+10) |
#5 |
(9+5) |
D
Josef Juchli
Lösungsturnier Zürich
14.VI.1903
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#3
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(11+7)
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Ebenfalls vor 100 Jahren,
nur einen Tag nach Cywinsky, verstarb in seiner Geburtsstadt Zürich
Josef Juchli
(11.1.1847 2.1.1905), dessen Kompositionstätigkeit in zwei
Schaffensperioden unterteilt werden kann: die Münchner Zeit, als
er Freund und Schüler Bayersdorfs war, und die anschließende
Schweizer Periode, während er er als Schweizer Meister und Lehrer
galt. Juchli war ein zunächst erfolgreicher Kaufmann, den jedoch
das geschäftliche Glück verließ und der nach wirtschaftlichen
Rückschlägen 1889 in die Schweiz zurückging und in bescheidenen
Verhältnissen lebte. Es existieren zwei Sammlungen der Kompositionen
Juchlis, eine rarer als die andere: Die umfassendere ist 1908 in A.C.
White's Christmas Series erschienen, die frühere enthält 28
in den Jahren von 1883 1893 komponierte Probleme und erschien 1896
in der ersten Festschrift des Münchner Akademischen Schachklubs zu
dessen 10-jährigem Jubiläum, nachdem Juchli (darin übrigens
"Juchly" geschrieben) München verlassen hatte, zuvor aber
selbst seit 1892 diesem Klub angehörte und lange Zeit dessen "Maecenas"
war. D zeigt eine Doppelsetzung der Brennpunkt-Idee: Nach 1.Se4!
muss die sD stillhalten, um die Brennpunkte c5 und g5 im Auge zu behalten.
Nach 1. d:e4 2.Sf5! wiederholt sich das Spielchen, diesesmal geht
es um die Felder g7 und d4; 2. K:f5 3.Ld7#, und nach 1. d:c4
2.Lc6 kommt schließlich wieder eines der S-Matts auf g5 oder c5.
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E
G.B. Valle
Zitiert in "J. Juchli's Schachprobleme" (1908)
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F
Johannes Albarda
108. TT Probleemblad 1962
Preis
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#2 |
(11+10)
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#4
b) wBf2 --> e2
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(10+10)
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Giovanni Batista
Valle (1.1.1843 14.1.1905) komponierte überwiegend Zwei-
und Dreizüger. Von 1875 bis 1902 leitete er die Problemecke der italienischen
Nuova Revista degli Scacchi, besonders erwähnenswert ist sein
Buch L'arte di construire i problemi di scacchi (1891), das 1929
eine zweite Auflage erlebte. Sein Zweizüger E zeigt eine perfekte
Zugzwangstellung, die Weiß aber nicht aufrechterhalten kann. Ist
der Schlüssel 1.Td1! nun ein rein abwartender oder ein zurechtstellender
Tempozug? fragten sich A.C. White und Max Henneberger im Juchli-Buch.
Zum Schluss
einige runde Geburtstage: Vor 100 Jahren wurde der niederländische
Problemkomponist Johannes Albarda (17.1.1905 9.10.1982)
geboren. Sein Vierzüger-Zwilling F zeigt eindrucksvolle D-Züge
es lohnt sich, zu untersuchen, weshalb die Versetzung des wB die
Rundläufe eindeutig macht. Erinnert sei auch an den ungarischen Komponisten
Gyula Toth (6.1.1905 15.2.1975) sowie an den 125. Geburtstag
des bis ins hohe Alter von über 100 Jahren noch aktiven Ernst
Carl Schaaf (23.1.1880 13.5.1985).
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