Kalenderblatt
Joao Baptista Santiago
Problem 1954
2. Preis
#2 (7+10)
Der vor 50 Jahren verstorbene brasilianische Komponist
Joao Baptista Santiago (22.1.1894-21.8.1963) baute
hauptsächlich Hilfsmatts, war aber auch im
Zweizügergebiet erfolgreich, wie das dem FIDE-Album
entnommene Beispiel zeigt: Die Satzmatts 1.- D:c6 [a] 2.D:f5
[A], 1.- L:c5 2.Lc4 [B] und 1.- T:c5 2.T:d1 [C] kehren nach
1.Ld6! [2.Se7] wieder: 1.- D:c6 [a] 2.T:d1 [C]; 1.- S:c6 2.Lc4
[B] und 1.- c:d6 2.D:f5 [A]. Dazu 1.- L:d6 2.Df7, 1.- f4 2.Th5
und 1.- Te1 2.Td4. Santiago wurde 1956, d. h. gleich bei der
Einführung dieses Titels, zum internationalen Preisrichter
ernannt.
Charles W. Sheppard
Good Companions 1921
1. Preis
#2 (12+8)
Charles William Sheppard (12.10.1886-4.7.1963)
war ein amerikanischer Farmer, der erst relativ spät durch
seinen Schwager mit Schach in Berührung kam und bald danach
begann, Zweizüger zu komponieren. Nach vielen Erfolgen ab
1917, also in der Good Companion-Zeit, gab er die Komposition
1922 auf, meldete sich aber ab 1940 wieder mit neuen Erfolgen
zurück. Das Erscheinen einer von Edgar Holladay
herausgegebenen Auswahl seiner Aufgaben (100 Selected
Sheppard Two-Move Chess Problems) erlebte er nicht mehr, denn
er starb während der Druckvorbereitung. Seinen hier
gezeigten Klassiker hat er angeblich nach einem harten
Farm-Arbeitstag in einer halben Stunde aufs Brett gezaubert. Die
beiden sS stehen in Halbfesselung. Nach 1.Lg6 mit der Drohung
2.d4# erwachen die gefesselten wFiguren nach den Paraden zu
munterem Leben: 1.- Sdb5 2.Te6# (2.Tc5?), 1.- Scb5 2.Tc5#, 1.-
Se6 2.De4# (Dd4?, Df4?), 1.- Sf5 2.Df4# (Dd4?, De4?) und 1.- f5
2.Dd4# (Df4?).
Am 15. August vor 100 Jahren wurde Willy Becker
geboren, der einer der Eckpunkte des südwestdeutschen
Problemdreiecks war (die anderen waren Ernst Bachl und Hermann
Weißauer, wie Godehard Murkisch in der Einleitung des in
seinem Verlag erschienenen Orlimont-Buchs erklärt). Becker
hat über viele Jahre hinweg gemeinsam mit dem
"Schachdoktor"? Bachl die Schachecke der Allgemeinen
Zeitung bearbeitet, die im Raum Mainz/Worms/Kreuznach/Darmstadt
erschien.
Im Gegensatz zu seinen beiden Brüdern Albert und Peter
spielte das Problemschach im Leben Alfred (Fred)
Kniests (24.7.1913-9.3.1966) keine zentrale Rolle. Nur
gelegentlich nahm er in jungen Jahren an der Problemrunde in
Bottrop teil, komponierte nur wenige Aufgaben, in denen jeweils
seine Lieblingsfigur, der Grashüpfer, eingesetzt wurde und
wandte sich sonst anderen Interessen zu. Erst unter dem Einfluss
einer schweren Erkrankung kehrte er gegen Ende seines Lebens
wieder zum Schach zurück, wie dem von seinen beiden
Brüdern unterzeichneten Nachruf in der Schwalbe 1966
zu entnehmen ist. (Peter Kniest war damals Schriftleiter und
Drucker der Schwalbe.)
Gino Mentasti
Warschauer Schachklub 1936
1. Preis
#2 (11+9)
Gino Mentasti (15.8.1913-29.11.2002)
komponierte überwiegend Zweizüger im Hilfs- und
Direktmatt; dazu ein Beispiel (Diagr.): 1.De8 [2.Dc6]. 1.- Td2
2.Sg5, 1.- Tg8 2.Td4, 1.- Se5 2.Sd2, 1.- Sd4 2.Sg5, 1.- Dd2
2.S:d2 und 1.- D:c5 2.S:c5. Neben der Komposition entfaltete
Mentasti eine intensive publizistische Tätigkeit: Vor und
nach dem zweiten Weltkrieg redigierte er die Problemecke von L'Italia
Scacchistica, später Schachecken in einer Tageszeitung und
den Problemteil von Scacco!. Außerdem gründete
er 1965 die Problemzeitschrift Sinfonie Scacchistiche,
die nach langem Verstummen (zwischen 1995 und 2011) erst
kürzlich von Valerio Agostini in elektronischer Form
wiederbelebt wurde. Mentasti leitete darüberhinaus die
italienische Problemistenvereinigung API und vertrat Italien bei
der PCCC, die ihm 1989 für seinen vielfältigen Einsatz
den Titel eines Honorary Masters of Chess Composition verlieh.
Auf den 100. Geburtstag unseres langjährigen Vorsitzenden
und Ehrenvorsitzenden Werner Speckmann
(21.8.1913-23.2.2001) wird hier nur kurz hingewiesen; ihm ist ein
separater Gedenkartikel in diesem Heft
gewidmet. Auch an den 125.
Geburtstag von Edmond Emile Lancel
(3.7.1888-15.4.1959) sei nur kurz erinnert und auf Heft 236
verwiesen, in dem des 50. Todestags dieses frühen belgischen
Schachprofis gedacht wurde.
Das kurze Leben des vor 125 Jahren verstorbenen
Johannes Obermann (28.5.1857-25.7.1888) war durch Krankheit
geprägt. Seine schwache Gesundheit erlaubte ihm keinen
Schulbesuch, seine berufliche Tätigkeit in einem Bankhaus
und später als Buchhalter musste er schon im Alter von 25
Jahren einstellen, mit 31 erlag er einem Lungenleiden. Hermann
von Gottschall schreibt in seinem Nachruf in der DSZ, dass
Obermann sein Schachtalent voll und ganz auf dem Problemgebiet
entfaltete. Er erzielte eine Reihe von Auszeichnungen in
verschiedenen Turnieren, gehörte aber sicher nicht zu den
großen Komponisten seiner Zeit, und er musste sich seine
Probleme mühsam abringen. Seit 1884 redigierte er die
Schachspalte in der Gartenlaube, seit 1885 eine weitere in
den Dresdner Nachrichten. Bemerkenswert ist sein 1887 in
der DSZ publizierter Vorschlag, eine internationale
Vereinigung für Problemkomponisten und Problemfreunde zu
gründen. Obermanns Vorschlag wurde 1888 in einigen Artikeln
diskutiert und grundsätzlich positiv aufgenommen, kam aber
nach seinem Tod nicht weiter voran. Ein noch von ihm selbst
initiierter Aufruf in der DSZ, das Projekt zu
unterstützen und sich bei der Redaktion zu melden, fand kein
großes Echo und endete mit einer im Februar 1889
erschienenen Notiz, in der mangels Interesse Zweifel an einer
Weiterverfolgung des Angelegenheit ausgesprochen wurden. Erst 41
Jahre später und vier Jahre nach Gründung der FIDE
wurde mit dem International Problem Board die Obermann'sche Idee
auf Initiative von Eduard Birgfeld realisiert.
Max Petri
Schach-Echo 1956
2. Preis
#2 (6+9)
Max Petri (22.8.1888-6.5.1972), der sein Studium
vor dem ersten Weltkrieg abgeschlossen hatte (Philosophie,
Mathematik, Sprachen - er beherrschte 15 Fremdsprachen in Wort
und Schrift), kam erst nach dem zweiten Weltkrieg zum
Problemschach und sah Sam Loyd, P. A. Orlimont und H.
Lepuschütz als seine Vorbilder an. Petri komponierte
vielseitig, auch im Märchenschach, wo er - wie auch der oben
erwähnte Fred Kniest - ein besonderes Faible für den
Grashüpfer hatte. Ungewöhnlich ist auch im hier
gezeigten Zweizüger der Rückgriff auf die
Zwillingsfassung: a) 1.Dg3? [2.De3/Da3] Tf3/Lf3 2.D:e5/Df2 mit
Grimshaw-Verstellungen auf f3 scheitet an 1.- L:d8!, daher 1.De8!
[2.Db5/Tb5/Lb4] Tc6/Lc6 2.Sb7/L:b6 mit Grimshaw auf c6. In b)
scheitert 1.De8? an Ld5!, jetzt löst 1.Dg3 mit reziprokem
Wechsel von Verführung und Lösung.
Franz Sackmann
Deutscher Schachbund 1923
1. Preis
#3 (9+8)
Franz Sackmann (12.7.1888-22.2.1927) stammte aus
dem oberbayerischen Rosenheim, verbrachte aber einen wichtigen
Teil seines Lebens in der Pfalz. Hermann Weißauer, bei dem
es sich ähnlich verhält, portraitierte Sackmann 1994 in
einer Fischbacher Clubzeitung und schrieb dabei u. a.: Schon
früh fand Sackmann zum Schachspiel; seine besondere Liebe
galt dem Problemschach, wo er in zwei Dezennien (ab 1906)
Außerordentliches geleistet hat. Die größten
Anregungen verdankt er den Vorkämpfern der neudeutschen
Schule Kohtz & Kockelkorn sowie Meister Fritz Köhnlein aus
Nürnberg. Sein Gebiet waren Drei- und Mehrzüger sowie
die Endspielstudie. Die Zahl seiner Aufgaben (über 300,
davon ca. 1/3 Endspiele) kann man als klein bezeichnen,
dafür besaßen sie jedoch eine hervorragende
Qualität: scharfe Idee, blendende Konstruktion, meist
schwieriger Lösungsverlauf. Gleichzeitig zeigte sich bei ihm
eine außergewöhnliche schriftstellerische Begabung:
Schon als 17jähriger Student war er Mitarbeiter beim Akademischen
Monatsheft für Schach, redigierte dann den Problemteil der
Süddeutschen Schachblätter (ab 1908) und der
daraus hervorgegangenen Deutschen Schachblätter (bis
1911). Bereits nach einjähriger Mitgliedschaft wurde er vom
Akademischen Schachklub München zu
seinem Präsidenten gewählt; an dessen
berühmter, 1911 erschienenen Festschrift hatte er
maßgeblichen Anteil. Auch heute noch bedeutet es einen
besonderen Genuss, einen Aufsatz von ihm über ein Problem-
oder Endspielgebiet nachzulesen (z. B. "Die Bauernumwandlung in T
oder L als Studienidee" im Teplitz-Schönauer Kongressbuch
1922). Mit seinen Aufgaben beteiligte er sich an vielen Turnieren
mit großem Erfolg: So errang er z.B. im Problemturnier des
Deutschen Schachbundes 1923 in allen Abteilungen (2-, 3-,
4-Züger) den ersten Preis. Für besondere Verdienste
erhielt er 1924 die Medaille des Deutschen Schachbundes.
- Soweit Hermann Weißauer, der vor einigen Jahren an
einer Sackmann-Biographie arbeitete, dieses Projekt aber aufgeben
musste, da doch ein recht hoher Anteil der Sackmann-Probleme
inkorrekt ist und ihm die erforderlichen Korrekturen zu aufwendig
oder unmöglich waren. Aber sehen wir uns jetzt noch einen
der ersten Preise aus dem Problemturnier 1923 an: 1.Da1! [2.De1+
nebst 3.Sg2#]; 1.- Sd1 2.Dh8! ~/Se7 3.S:g6/D:h6#. Der Springer
schließt die Horizontale, öffnet die Diagonale
für die weiße Dame. Verteidigt sich Schwarz
antikritisch mit 1.- T:h2, dann folgt 2.Dh1! und Schwarz kann
sich nicht mehr gegen 3.Sg2# wehren. Durch Damenopfer
wechselweise Ausschaltung der schwarzen Türme von der
Deckung der Mattfelder.
Todesfälle
Am 24.6.2013 verstarb Elisbeth Gamsjäger
aus Wien. Von schwerer Krankheit gezeichnet, hat sie sich vor gut
einem Jahrzehnt zunächst als Löserin engagiert und in
der Folge auch einige Studien in der Schwalbe publiziert
und dabei auch mindestens eine Auszeichnung erhalten. - Im
Juniheft noch konnten wir Peter Heyl zum 75.
Geburtstag gratulieren. Nun erreichte uns unmittelbar vor
Redaktionsschluss die traurige Nachricht, daß er am 16.7.13
verstorben ist.