Todesfälle
Rudolf Glenk aus Forchheim war seit einiger Zeit
gesundheitlich angeschlagen. Trotzdem kommt die Meldung von
seinem Tod am 3.1.2017 im Alter von 79 Jahren (geb. am
12.12.1937) unerwartet, schien es doch, dass es ihm wieder besser
ging; erst Ende letzten Jahres hatte er die zweite Auf lage
seiner Schrift Kachelofenprobleme vorgelegt, in der er die
auf seinem individuell gestalteten Ofen dargestellten
Schachprobleme vorstellte. Der Verstorbene war ein großer
Schachbuchsammler mit besonderem Interesse am Problemschach.
Viele werden ihn noch als Organisator des Schwalbe-Treffens 2007
in Forchheim in Erinnerung haben. Im privaten Rahmenprogramm
dieses Treffens konnten mehrere Teilnehmer damals auch einen
Einblick in seine eindrucksvolle Sammlung nehmen.
Kalenderblatt
Sándor Hun
Magyar Sakkvilág 1936
1. Preis
h#3 (7+10)
b) →
a1
Der ungarische Komponist Sándor Hertmann
veröffentlichte seine ungefähr 350 Probleme unter dem
Pseudonym Sándor Hun (29.9.1906-1942).
Zusammen mit Gyula Neukomm und Sándor Boros gehörte
er zu den Hauptvertretern der ungarischen
Vorkriegs-Problemschule; der Statistik nach war er im Zeitraum
1921-1937 Zweiter in der Rangfolge der erfolgreichsten
ungarischen Autoren. Im Hilfsmatt gehörte er zu den ersten,
die die sich durch Zwillingsbildung bietenden Möglichkeiten
nutzten:
a) 1.D:d4+ Td6 2.D:f2 Td2 3.Dg3 Th2#,
b) 1.D:d4+ Lc3 2.Dg7 Lf6 3.Dg6 h:g6#.
Auf den französischen Komponisten Anatole
Mouterde (1874-1942) gehen ungefähr 100 Studien, die er
zwischen 1912 und 1924 verfasste, und zahlreiche Probleme
unterschiedlicher Art zurück. Er gehörte zu den
Gründungsmitgliedern der französischen
Problemistenunion UPF.
Vor 100 Jahren wurde der Studienspezialist Hugh
Francis Blandford (24.1.1917-20.9.1981) geboren. Er betreute von
1951 bis 1972 die Studienabteilung im British Chess
Magazine und gehört mit Richard Kenneth Guy und John
Roycroft zu den Begründern des GBR-Systems zur
Klassifizierung von Studien.
Siegfried Brehmer
Schach 1951/I
1. Preis
#4 (7+9)
Der bevorstehende 100. Geburtstag Siegfried
Brehmers (12.1.1917-30.5.1996) war Anlass genug, wieder einmal
in seinem großartigen Buch 100 & Ein Schachproblem von
Siegfried Brehmer zu lesen, das unter Mitarbeit von Wieland
Bruch entstand und 1996 in der Edition feenschach-phénix
erschien. Neben dem Aufgabenteil wird darin auch Brehmers
Lebensweg nachgezeichnet. "Mit 17 Jahren begann, was bald zur
Sucht auswachsen sollte: In der Schule malte ich ständig
Diagramme und versuchte, sie zu bearbeiten"; sein erstes Problem
erschien 1935. Das angestrebte Studium der Mathematik musste,
bedingt durch die Verwerfungen des 2. Weltkriegs, noch 16 Jahre
warten. 1952 wird seine Kompositionstätigkeit für 30
Jahre unterbrochen. Während dieser Zeitspanne entstehen nur
drei Probleme - aber was für welche! (Bitte selbst
nachlesen!) Hier wage ich es, einen vielfach nachgedruckten
Vierzüger zu zeigen: 1.Kd7! droht 2.Tg8+ Kf7 3.Tg7#, aber
der wK setzt sich zwei Schachgeboten aus: 1.- Td2+ 2.Sd3 T:d3+
3.Kc8 [4.T:f6#] 3.- Tf3 4.Dh5# oder 3.- Sf7 4.Tg8#; 1.- La4+
2.Sc6 L:c6+ 3.Kc7 [4.Dh5#] Lf3 4.T:f6#. Brehmer erläutert
das Geschehen kurz und knapp: "Doppelsetzung einer
vollständigen Perilenkung, in einen L/T-Grimshaw
mündend. Dies ist wohl meine beste Aufgabe... Ich habe
festgetellt, dass auch Schachfreunde, die nur wenig Interesse am
Problemschach haben, von dieser Aufgabe beeindruckt sind, und
dass zum Verständnis der Idee keinerlei theoretische
Erläuterungen notwendig waren." - ein Zeichen höchster
Qualität und Klarheit in der Darstellung.
Als Zwölfjähriger hatte sich Constantin
Schwede (30.10.1854-10.2.1917) die Schachregeln aus
Zeitungsrubriken erschlossen, ab 1870 erwarb sich der
gebürtige Dresdner im Kreis der "Augustea" eine beachtliche
Spielstärke. Kurz danach besteht er mit 16,5 Jahren das
Abitur, sein Philologiestudium in Leipzig führt 1875 zur
Promotion des 21jährigen. 1872-1878 wirkt er, noch als
Student, an der Redaktion der Deutschen Schachzeitung mit
(ab 1876 als Herausgeber), 1873 ist er Mitherausgeber des
Turnierbuchs zum ersten internationalen Wiener Schachkongress,
1877 Gründungsmitglied des Deutschen Schachbunds, 1880 gibt
er die 5. Auflage des "Bilguer" heraus und ab 1881 redigiert er
den Thüringer Hausfreund in Erfurt. All dies wird von
einer umfangreichen Kompositionstätigkeit und praktischem
Spiel begleitet. Weitere Angaben zu Schwede sind im Kalenderblatt
zu Schwedes 150. Geburtstag im Heft 209 (Okt. 2004) zu finden.
Pierre Bansac
UPF 1945
1. Preis
#4 (9+7)
Der vor 125 Jahren geborene französische General Charles
Rinderknech versteckte sich als Problemist hinter dem Pseudonym
Pierre Bansac (23.1.1892-13.8.1978), unter dem
er bedeutende Beiträge zur Problemtheorie in
französischen Zeitschriften publizierte. Im L'Echiquier
de Paris betreute er zwischen 1946 und 1953 verschiedene
Problemspalten. Hier sei seine Realisierung eines Pickaninny im
Vierzüger gezeigt: Nach 1.L:e6? folgt auf 1.- c6/c5 2.Df1
c5/c4 3.Dc4 L~ 4.D:a2# und auf 1.- c:d6 2.Dd5 d:e5 3.L:e5 L~
4.D:a2#, aber 1.- c:b6! verteidigt. Nach dem Schlüssel
1.Dd1 herrscht Zugzwang: 1.- c6 2.Lc4 c5 3.Db3 nebst 4.D:a2#,
1.- c5 2.De1 c4 3.Ld1 L~ 4.Lc2#, 1.- c:d6 2.D:d6 L~ 3.D:a3
nebst 4.D:b2; 1.- c:b6 2.L:b2+ a:b2 3.L:a2 [4.D:b1#] K:a2 4.Da4#
oder 2.- K:a2 3.L:e6 [4.Dd4#] 3.- Lc2/Ld3 4.T:c2/Dc1#.
Ein heute weitgehend vergessener Problemkomponist war Paul
Puchalla (1.2.1892-16.6.1927), dessen nur 20 Aufgaben
umfassendes Werk 1928 im Heft 1 von Promadas, dem
Problemmagazin des Deutschen Arbeiterschachbunds, vorgestellt
wurde. Puchalla begann im ersten Weltkrieg zu komponieren und
gehörte zu den ersten Problemisten in der
Arbeiterschachbewegung. Seine Karriere war nur kurz, denn 1927
erlag er einer schweren Krankheit, die er sich im Krieg zugezogen
hatte.
Darso James Densmore
Pittsburgh Gazette-Times
1916
#4 (8+5)
Der vor 150 Jahren geborene Amerikanr Darso
James Densmore (24.1.1867-24.6.1917) spielte schon in jungen
Jahren eine bedeutende Rolle im New Yorker "Brooklyn Chess Club"
- ich war noch ein Schuljunge, aber der Clubmeister, schrieb er
einmal. Nachdem Densmore in einem Turnier eine Aufgabe von Sam
Loyd löste, lernte er dessen Tochter kennen, die er
später heiratete. Mit Sam Loyd diskutierte er viel, fast
immer kontrovers. Einig war man sich nur in einem: Sam Loyd war
der größte Problemist aller Zeiten. Obwohl Densmore schon
in jungen Jahren Probleme komponierte, wurde er eigentlich erst
nach dem Tod Loyds (1911) duch A. C. White zum engagierten
Problemisten, der in den wenigen ihm noch verbleibenden Jahren
viele damals und auch heute noch bemerkenswerte Probleme schuf -
darunter den hier gezeigten Vierzüger mit Doppelsetzung
eines Diagonal-Plachuttas: Nach beliebigem Abzug des wLe4 droht
2.d4#, aber nur nach 1.La8! steht er sicher. Nach 1.- Lf7 folgt
2.e6 D:e6/L:e6 3.d4/T:h3+, auf 1.- Lg6 wird die
Plachutta-Verstellung nach f5 verlegt: 2.f5 D:f5/L:f5
3.d4/T:h3+. Densmore starb vor fast 100 Jahren auf einer seiner
zahlreichen Europareisen in Frankreich. M. Sim, G. Hume und A.
C. White veröffentlichten eine Auswahl der etwa 300 meist
schwierigen Probleme Densmores. Sie erschien 1920 in der
Christmas-Serie unter dem Titel D. J. Densmore and the
Densmore Memorial Tourney.
James Francis Magee jun. (7.1.1867-13.4.1955)
lebte seit 1907 längere Zeit in Europa, insbesondere in
Florenz, London, Dresden und Luzern. In Florenz beeindruckte ihn
das aus dem 13. Jahrhundert stammende Manuskript des Bonus
Socius, und er beschloss, einen Auszug daraus auf eigene Kosten
unter dem Titel Good Companion (Bonus Socius), XIIIth
Century manuscript collection of chess problems zu publizieren
(1910 erschienen). Zurück in den USA, gründete er 1913
zusammen mit A. C. White in Philadelphia einen Problemklub, den
er nach der mittelalterlichen Sammlung benannte; es war die
Geburtsstunde des "Good Companion", einer internationalen
Vereinigung, die schließlich weltweit etwa 600 Mitglieder hatte
und die insbesondere den Zweizüger kultivierte. Magee war
lange mit der Leitung des Klubs und als Redakteur ihrer
Zeitschrift Our Folder befasst und rettete mit seinem (und
A. C. Whites) mäzenatischem Einsatz deren Bestehen über
den ersten Weltkrieg hinaus, aber als dann mit dem Aufkommen
neuer Zeitschriften und nationaler Problemistenverbände sich
die nationalen Publikationsmöglichkeiten vervielfachten, und
als sich dann auch noch A. C. White aus gesundheitlichen
Gründen vom Club zurückzog, wurde der Verein 1924
aufgelöst - es geschah im Gründungsjahr der Schwalbe!
Arthur Mosely
Good Companions 1914
2. Preis
#2 (10+10)
Der im australischen Queensland geborene, später nach
Brisbane gegangene Arthur James Mosely
(11.2.1867-15.4.1930) beschäftigte sich erst im Alter von
etwa 40 Jahren näher mit Schach und kam dann auch bald zur
Problemkomposition. Als die Zeitung The Brisbane Courier
1911 ihr erstes Kompositionsturnier und auch ihr erstes
Lösungsturnier ausrichtete, gewann Mosely beide. 1916
übernahm er die Problemspalte im Brisbane Courier,
später auch die Schachecke in einer weiteren Zeitung. Er
organisierte eine Reihe international sehr beachteter und
erfolgreicher Kompositionsturniere, die seine Spalte zu einer
der weltweit beachtetsten machten. Als Komponist bevorzugte er
den Zweizüger; hier sei ein idealer Ruchlis gezeigt,
komponiert 1914! Satz: 1.- Ld6 2.Sab6, 1.- Le5 2.Le4, 1.- Lc7
2.S:c7, 1.- b4 2.Lc4, 1.- Sa~ 2.Dc6, 1.- Sf~ 2.De6 und 1.-
c4 2.Sab6. Lösung 1.Sc4 (Wartezug). 1.- Ld6 2.D:d6, 1.- Le5
2.T:e5, 1.- b4 2.Le4, 1.- b:c4 2.L:c4, 1.- Sa~ 2.Db7, 1.- Sc6
2.Sab6, 1.- Lc7 2.S:c7, 1.- Sf~ 2.De6.
John Crum
Quelle? 1913
Gewinn (3+2)
John Crum (1842-27.4.1922) trat 1874 dem
Glasgower Schachclub bei und wurde in der Folgezeit ein
erfolgreicher Partiespieler, der u. a. die erste schottische
Meisterschaft (1884) gewann. Daneben war er an der Gründung
des Schottischen Schachverbands beteiligt, in dem er mehrfach
leitende Funktionen ausübte. Crum zeigte Interesse an
Problemen und komponierte auch einige Endspiele; ein elementares
Beispiel, das auch Einzug in Lehrbücher fand, sei gezeigt:
1.Kf1! Nicht 1.Kd1? Kd4 2.Kd2 Kc5 3.e4 Kd4 und
Schwarz hält remis. 1.- Kd4 2.Kf2 Kc5
3.e4! Jetzt kann sich S nicht den Ba6 abholen, denn nach 3.-
Kb6 4.e5 K:a6 5.e6 ist es aus für Schwarz. 3.-
Kd4 4.Kf3 Ke5 5.Ke3 Ke6 6.Kd4 Kd6 7.e5+ Ke6 8.Ke4 Ke7 9.Kd5 Kd7
10.e6+ Ke7 11.Ke5 Weiß darf noch nicht auf den Ba7 losgehen, da
Schwarz nach 11.Kc6 den e-Bauern ohne Zeitverlust schlagen
könnte (11.- K:e6 12.Kb7 Kd7 13.K:a7 Kc7=). 11.-
Ke8 12.Kd6 Kd8 13.Kc6 und Weiß gewinnt, weil der sK jetzt zwei
Züge braucht, den wB zu schlagen und er nicht mehr dazu
kommt, den sK einzusperren. Crum betreute 1871 die Problemecke
im Chess Player's Chronicle und leitete einige Jahre lang
die Schachspalte im Glasgow Weekly Herald.
Zum Schluss greifen wir weit in die Schachgeschichte zurück
und erinnern an die etwa 300 Jahre zurückliegende Geburt des
italienischen Grafen Carlo Francesco Cozio
(1717-1780) (manche Quellen nennen leicht abweichende Daten, z.
B. "etwa 1715" als Geburtsjahr). Cozio gehört zu den
bedeutendsten Theoretikern seiner Zeit, er veröffentlichte
1776 sein Buch Il Giuoco degli Scacchi o sia Nuova idea di
attacchi, difese e partiti del Giuoco degli Scacchi, das in zwei
Bänden erschien und in vier Abschnitte unterteilt ist, von
denen der letzte "Partien" betrifft, die aber im Wesentlichen
Endspiele und komponierte Stellungen sind.
(GüBü)