Alfred Karlström
Problemisten 1947/1
1. Preis
#2 (9+6)
Vor einem halben Jahrhundert starb der norwegische Komponist Alfred
O. Karlström (14.3.1907-3.6.1967). Er wurde durch die
nach ihm benannte Weiterentwicklung des Fleck-Themas
(eindeutige Differenzierung von Mehrfach-Drohungen) bekannt.
Beim Karlström-Fleck treten neben die Fleck-Paraden
zusätzlich noch gleich viele Totalparaden, auf die statt
einer der Drohungen jeweils ein neues Matt folgt; dies wird
auch in seinem Preisträger von 1947 dargestellt: 1.f7!
[droht dreifach 2.f:e8D, 2.f8S und 2.Sf8#]. Die drei schwarzen
Fleck-Paraden sind 1.- L:g7 2.f:e8D#, 1.- L:d7 2.f8S# und 1.-
L:f7 2.Sf8#. Dazu kommt die gleiche Anzahl an Totalparaden, auf
die jeweils ein neues Matt folgt: 1.- K:d7 2.Dc8#, 1.- d:e5
2.Dc6# und 1.- f:g4 2.D:g4#. Da hier alle möglichen
schwarzen Züge thematische Paraden sind, spricht man auch
von einem "gebundenen" Karlström-Fleck. Die Totalparaden
werden einheitlich mit Damenmatts beantwortet.
In Heft 272 (April 2015) wurde an den schweizerischen
Komponisten und Mäzen Hans Ott
(8.3.1890-16.6.1967) erinnert. Jetzt jährt sich sein
Todestag zum 50. Mal.
Alexej Selesniew
Tidskrift för Schack
1921 (1920?)
Remis (3+4)
Alexej Selesniew (1888-6.1967) war sowohl
starker Partiespieler als auch ein bedeutender
Studienkomponist. Er nahm am Internationalen Meisterturnier
Mannheim 1914 teil, das mit der am 1. August 1914 gespielten
11. Runde abrupt endete: Selesniew wurde, wie auch andere
Teilnehmer (u. a. Aljechin und Bogoljubow) bei Ausbruch des
Ersten Weltkriegs interniert und lebte längere Zeit in
Deutschland, bevor er 1924 in die Sowjetunion
zurückkehrte. Während der deutschen Besatzung im 2.
Weltkrieg war er als Übersetzer tätig und befürchte
daher, von der vorrückenden Roten Armee als Kollaborateur
angesehen zu werden, was ihn zur Flucht nach Deutschland bewog,
bevor er sich schließlich in Frankreich niederließ. Selesniew
publizierte 1940 eine 100 Aufgaben umfassende Sammlung seiner
Studien. In der Vorrede zu diesem Büchlein regte er die
Herausgabe eines Endspiel-Lehrbuchs an, das im Gegensatz zu Theorie
und Praxis der Endspiele, dem durch "seine Gelehrtheit" dem
Durchschnittsleser schwer zugänglichen Standardwerk von
Johann Berger, ein lebendiges Bild der Ideen und Feinheiten
bieten sollte, die im Endspielstadium einer Partie vorkommen
können. Die hier ausgewählte Studie, in der
schließlich der schwarze Läufer vom weißen König
dominiert wird, hätte vermutlich Platz in einem solchen,
leider nie realisierten Buch gefunden: 1.Kg6 Lf4 (Auf 1.- c3
folgt 2.K:h6 c2 3.f7 c1D+ 4.Kg7 Dg5+ 5.Kh8 Dh6+ 6.Kg8 c4 7.f8D
D:f8+ 8.K:f8 c3 9.Lg6 remis) 2.Lf7 (Nicht 2.Kf5? c3 3.K:f4 c2
4.f7 c1D+ und die sD erobert das Feld f8) 2.- Kb4 3.L:c4! Nur
dies sichert das Remis (3.Ld5? c3 4.Le4 Kb3 5.Kf5 Lc1 6.Ke6
Lh6! 7.Kd6 Lf8+ 8.Ke6 c2 9.L:c2 K:c2 10.Kf7 Lh6 11.Kg6 Lf4
12.Kf5 Lc1 13.Kg6 c4 und Schwarz gewinnt) 3.- K:c4 4.Kf5 Ld6
5.Ke6 Lf8 6.Kf7 Lh6 8.Kf5 Ld6 remis. (Zu Selesniew siehe auch
die Kalenderblatt-Notiz in Heft 259, Februar 2013.)
Rudolf Büchner
Il Problema 1933/34
TT, 1. Preis
#2 (9+8)
Die Brüder Richard (1908-1929) und Rudolf
Büchner (2.4.1900-2.5.1942) kamen mit weiteren sieben
Geschwistern aus einem kleinen Ort bei Chemnitz und verdienten
sich unter ärmlichen Verhältnissen ihren
Lebensunterhalt als Textilarbeiter im Erzgebirge. Sie schlossen
sich der Arbeiterschach-Bewegung an und waren die ersten
deutschen Komponisten, die sich dem modernen Zweizüger
zuwandten und damals die einzigen, die sich auf diesem Gebiet
mit international führenden Spezialisten wie Ellerman,
Guidelli oder Mansfield messen konnten. In der hier gezeigten
Aufgabe des vor 75 Jahren verstorbenen älteren Bruders
Rudolf sehen wir im Satz eine Darstellung des Java-Themas (zwei
weiße Langschrittler decken Felder im Bereich des schwarzen
Königs. Schwarz verstellt eine der Wirkungslinien, wonach
Weiß die andere nicht verstellen darf) mit reziprokem
Mattwechsel und Entfesselungsspiel: Satz: 1.- Dc2 2.Sf5#
(2.Se6#?) und 1.- Dc6 2.Se6# (2.Sf5#?); Lösung: 1.Dg2!
[2.g:h7#] 1.- Dc2 2.Se6# (2.Sf5#?), 1.- Dc6 2.Sf5# (2.Se6#?),
1.- D:d4+ 2. L:d4#, 1.- T:d5 2. Tf7#, 1.- Td6 2. Tf7#, 1.- h:g6
2. D:g6#.
Erst im Februar-Heft wurde an den 150. Geburtstag von Darso
James Densmore (24.1.1867-24.6.1917) erinnert, dessen Todestag
jetzt 100 Jahre zurück liegt.
Horacio L. Musante
Probleemblad 1956
1. Preis
#2 (9+12)
Vor einem Jahrhundert wurde Horacio L. Musante
(20.6.1917-??) geboren. Er begann 1939, Zweizüger zu
komponieren und stand in engem Kontakt zu Arnoldo Ellerman, mit
dem zusammen er die argentinische Zeitschrift Caissa
redigierte. Zu seinen vielen Turniererfolgen gehört auch
das folgende Stück, das einen Sagoruiko zeigt: Satz: 1.-
D:e5 [a]/Df7 2.Lf7# [A], 1.- Ld6/L:e5 [b]/Ld8 2.T:d6# [B];
Verführung: 1.Df2? [2.D:d4#] 1.- D:e5 [a] 2.Da2# [D], 1.-
L:e5 [b] 2.D:g2# [C], aber 1.- Sc6!; Daher: 1.Dd3! [2.D:d4#]
1.- D:e5 [a] 2.Sc3# [F], 1.- L:e5 [b] 2.Se3# [E]; 1.- Sc6
2.D:b5#.
Eigil Pedersen
Tijdschrift vd KNSB 1946
3. Preis
#2 (12+8)
Der dreifache dänische Partieschach-Meister Eigil
Pedersen (23.5.1917-2.8.1994) erlangte kurz nach dem Ende des
2. Weltkriegs einige Berühmtheit als Problemist, als er
eine Idee lancierte, die im Zweizügerbereich neu zu sein
schien. Er wandte sich damit an Ellerman, der sie in einem 1947
in Buenos Aires publizierten Artikel als "Kombination Pedersen"
bezeichnete; sie ist heute unter dem Begriff fortgesetzter
Angriff bzw. "White correction" bekannt. Das Diagramm zeigt
ein frühes Beispiel: 1.Ld~? [2.Tc5#] 1.- Tf1!, 1.Lf7!? 1.-
e5!!, 1.Lf3!? 1.- L:d3!!; 1.Tf~? [2.Dc8#] 1.- Lg3!, 1.Tf2!? 1.-
Tg4!!; 1.Tf4! [2.Dc8#] 1.- e6 2.Tc7#, 1.- L:d3 2. D:d3#, 1.-
Tg4 2.L:e1#. Nachdem Pedersen es später mit dem geistigen
Eigentum anderer Komponisten nicht sehr genau nahm, wurde er
aus dem nationalen Verband ausgeschlossen.
Colin Vaughan
British Chess Mag. 1948
1. Preis
#2 (12+9)
Colin Vaughan (18.5.1917-6.7.2001) war
über viele Jahre eine der Stützen unserer britischen
Schwestergesellschaft. Für einige Jahre war er
Präsident der BCPS, insbesondere dokumentiert seine Arbeit
als Schriftleiter des Problemist (von 1972-85) seinen
großen Einsatz, der 1992 von der PCCC mit der Verleihung
des Titels "Honorary Master of Chess Composition"
gewürdigt wurde. Als Komponist reizten ihn insbesondere
Zweizüger mit Fesselungs-/Entfesselungsthematik, wie in
seinem Preisträger von 1948 gezeigt: 1.Sd7 [2.d6#] 1.-
Sc~{} 2.Sd:c5#; 1.- Scd6 2.Se:c5# und 1.- Sf~{} 2.Sf6#; 1.-
Sfd6 2.S:g5#. Fortgesetzte Verteidigung, wobei die
fortgesetzten Verteidigungszüge den wSe6 entfesseln.
Es kommt nicht oft vor, dass im Kalenderblatt eine Problemistin
erwähnt wird, aber dieses Mal bietet sich die Gelegenheit,
an den 125. Geburtstag von Ella Margaret
Beddall (5.5.1892-??) zu erinnern, die am 27.2.1926 den
(bekannteren) Komponisten Brian Harley
heiratete. Es gibt mindestens einen Zweizüger als
Gemeinschaftsaufgabe der beiden (siehe P1018022
in der PDB).
Alberto Mari
Good Companion 1921
1. Preis
#2 (10+11)
Alberto Mari (14.6.1892-26.8.1953) war seit
den 1920er Jahren einer der bedeutendsten
Zweizüger-Komponisten und gehörte mit Guidelli und
Bottachi zu dem italienischen "strahlenden Dreigestirn, das
seinesgleichen suchte" (so Hermann Albrecht in seinem Nachruf
in der Schwalbe 1953). Hier wird Maris erstes Problem
für den Good Companion, mit dem er 1921 einen furiosen
Einstand in diesem bedeutendsten Problemclub aller Zeiten
feiern konnte, gezeigt: 1.S:c4 [2.D:e5#] 1.- Ld4/Ld6
2.Sd6/Sd2#, 1.- Sd5/Sg4 2.Dd6/S:f4#; Halbfesselung und
Linienverstellungen, hinzu kam der für jene Zeit
beeindruckendste Switchback im Zweizüger; Nebenspiel 1.-
L:c7/Lf6 2.T(:)f6#, 1.- Td5/S:c4 2.De7/D:e5#, 1.- d5/d6
2.c8D(L)#.
Ernst Krieger, besser bekannt unter seinem
Künstlernamen P. A. Orlimont, wurde vor
150 Jahren geboren (8.6.1867-22.4.1943). Nach dem Abitur 1886
begann er in München ein Jura-Studium. Aus demselben Jahr
stammen auch seine ersten Schachprobleme und die Bekanntschaft
mit dem 25 Jahre älteren Adolf Bayersdorfer, der seine
weitere schachliche Entwicklung maßgeblich beeinflusste und
dessen allgemeinem Kunstverständnis er sich anschloss. Nach
der Veröffentlichung des Buches Das Indische Problem
positionierte sich Orlimont im aufflammenden Meinungsstreit
zwischen Vertretern der Bergerschen Kunstgesetze und der von
Kohtz und Kockelkorn angeführten neudeutschen Schule
engagiert auf der Seite der letzteren. In einem 1905 im Deutschen
Wochenschach erschienenen Artikel mit dem Titel "Allerlei von
Kunstgesetzen" moniert Orlimont, dass ein prinzipieller Fehler
der Bergerschen Lehre darin lag, "dass er seine Kunstgebote
nicht auf Erkenntnis, sondern auf Autorität gründet,
dass er bei seinen Darlegungen nicht kritisch, sondern
dogmatisch verfährt." Er beruft sich dann auf Kant und
stellt fest, dass es keinen Kunstbegriff gebe "und eben
deswegen auch keine Definition des Kunstwerkes und keine
Kunstgesetze, weil sich Definitionen und Gesetze immer in Begriffen
bewegen müssen." - Orlimonts weiterem Schaffen hat Hermann
Weißauer in seiner 1999 in zweiter Auflage erschienenen
umfangreichen Biographie ein bleibendes Denkmal gesetzt.
Jetzt direkt vom Schüler Orlimont zum Lehrer: Adolf
Bayersdorfer (7.6.1842-21.2.1901), vor 175 Jahren geboren,
gehört zu den Gründervätern der neudeutschen
Problemschule. Er stand in engem Kontakt zu Kohtz und Kockelkorn
und hat seine alle Lebensbereiche abdeckende künstlerische
Grund"-ein"-stellung auch auf das Gebiet der Schachkomposition
übertragen, was zweifellos auch auf K&K abfärbte
und sich letztendlich in deren Klassiker Das Indische
Problem niederschlug, mit der die Ära der altdeutschen Schule
und der Bergerschen Kunstgesetze zu Ende ging. Bayersdorfer war
beruflich als Kunsthistoriker und Kurator an der Münchner
Alten Pinakothek tätig und mit vielen Malern seiner Zeit
persönlich bekannt. Insbesondere verband ihn eine
Freundschaft mit Arnold Böcklin; ein Foto der beiden ist in
der ersten Nummer der Jugend enthalten - jener
Zeitschrift, die in Deutschland namensgebend für den
"Jugendstil" war. Bayersdorfer leitete die berühmte
Schachspalte der Münchner Neuesten Nachrichten und
war erster Präsident des 1885 gegründeten Bayerischen
Schachbunds. (Ein ausführlicher Beitrag erschien im
Februar-Heft 2001 der Schwalbe anlässlich
Bayersdorfers 100. Todestag.)
Josep Pin i Soler (11.5.1842-31.1.1927) war ein
zwischenzeitlich fast vergessener katalanischer Schriftsteller
aus Tarragona, der in den letzten Jahren wiederentdeckt wurde.
Mit 15 Jahren arbeitete er als Tischler in Barcelona, bevor er
in Madrid Philosophie und Literatur studierte. Angeblich in
Unruhen verwickelt, musste er Spanien 1865 verlassen und ging
nach Marseille, wo er als Architekt arbeitete. Von dort schickte
er seine ersten literarischen Texte an eine Tarragoner Zeitung.
Zurück in Katalonien, publizierte er 1888 seinen ersten
Roman, dem weitere folgten. Ab 1890 begann er, fürs Theater
zu schreiben. Neben seinen schriftstellerischen Arbeiten
beschäftigte er sich auch mit Problemschach, ohne dass
Näheres darüber bekannt ist, außer dass er das erste
Schachbuch in katalanischer Sprache publizierte: sein Problemes
d'Escachs d'autors catalans erschien 1899 in Barcelona in
bibliophiler Aufmachung und enthält neben einer eher
kulturgeschichtlichen Einleitung (soweit mir dessen
katalanischer Text verständlich erscheint) 137 aufwendig
gestaltete Diagramme im Mehrfarbendruck - bemerkenswert ist,
dass das Buch (ebenso wie die PDB) kein einziges Problem von ihm
selbst enthält.
Hans Valdemar Arntz
Familien-Journal 1888
#2 (9+8)
Hans Valdemar Arntz (21.6.1842-17.5.1930) war
ein dänischer Komponist, über den ich zunächst
nicht viel mehr herausgefunden habe, als dass er bereits 1886
einen Zweizüger komponiert haben soll, der das
Schiffmann-Thema zeigt. Das behauptet zumindest das polnische
Schachlexikon Szachy od A do Z von Litmanowicz und
Gi.zycki. Eine Nachfrage bei Udo Degener und Wieland Bruch
brachte die folgende Aufgabe (von 1888) ans Licht, die in einer
Variante einen Schiffmann zeigt: Satz 1.- Kd6 2.Sc4#;
Lösung 1.Dd2! [2.Sc4#] 1.- Kf4 2.Sg4# (nicht 2.Sc4? Le3!)
Königs-Schiffmann, ferner 1.- Kd6 2.Lg3# und 1.- L:e3/e:f6
2.Te4/Lg3#. Einer der Fälle, bei denen unbewusst ein
"Thema" dargestellt wurde, das zum Zeitpunkt der Komposition
noch gar nicht definiert war.
Hermann Feodor Lehner
Deutsche Schachzeitung
1873
#3 (3+3)
Auch der Wiener Problemist und Publizist Hermann
Feodor Lehner (27.6.1842-15.3.1897) wurde vor 175 Jahren
geboren. Nach der von Ernst Falkbeer herausgegebenen (ersten) Wiener
Schach-Zeitung, die 1855 nur neun Hefte erlebte, startete
Lehner 1872 einen zweiten Versuch, eine Österreichische
Schachzeitung (so auch der Titel) herauszugeben, die immerhin
dreieinhalb Jahre erschien und von Baron Ignaz von Kolisch
unterstützt wurde. Daneben gab Lehner zusammen mit
Constantin Schwede 1874 das Turnierbuch zum ersten Wiener
internationalen Schachkongress heraus. Die Oesterreichische
Lesehalle, eine Monatsschrift für Unterhaltung und
Belehrung. Mit einer besonderen Abtheilung für die Pflege
des Schachspiels, war seine letzte Zeitschrift, die seit 1881
bis kurz vor seinem Tod erschien. Aus seinem
Kompositionsschaffen sei eine Miniatur (auch den Begriff gab es
damals noch nicht) gezeigt: Die Versuche 1.Th4? oder Tf4?
scheitern an 1.- Lb4+!, 1.Kc2? mit der Drohung 2.Sc1 nebst
3.Sb3# scheitert ebenso an 1.- Le3! wie auch 1.Sc1?. Zum Erfolg
führt nur 1.Sd4! [2.Sc2#] mit den beiden Varianten 1.-
L:d4+ 2.T:d4 Kb1 3.Td1# und 1.- L:b4+ 2.Kc2 nebst 3.Sb3#.