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Heft 211, Februar 2005

 


Erik Zierke: Zu Ersatzverteidigungen in logischen Strukturen
Stephan Eisert: Die Gretchenfrage
Entscheid im Entscheid im Hemmo Axt – 60 – Geburtstagsturnier (188. TT)
Entscheid im Informalturnier 2002, Abteilung Mehrzüger
Entscheid im Informalturnier 2003, Abteilung Retros
Aktuelle Meldungen
Stephen Rothwell: Lazards Patt
Urdrucke
Lösungen aus Heft 208, August 2004
Bemerkungen und Berichtigungen
Turnierberichte
Buchbesprechung

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Entscheid im Informalturnier 2002 der Schwalbe
Abteilung: Mehrzüger Preisrichter: Karl-Heinz Siehndel, Berlin
(als Auszug im Internet)
1. Preis: 11374(v)
Ralf Krätschmer
#8 (10+13)
1. Preis: Nr. 11374 von Ralf Krätschmer
1.Sc7? (droht 2.Sd5#) scheitert vorerst noch daran, dass der weiße Läufer noch das Feld c7 besetzt hält und außerdem an 2.– c:d5! Mit 1.Lf4+ g:f4 wird zwar die schädliche Masse des weißen Lc7 beseitigt, das andere Hindernis 2.– c:d5 bleibt aber bestehen. Außerdem würde nun auch der weiße Sc7 durch 2.– D:f7! gefesselt werden. Der schwarze Bc6 muss also vorab nach d5 gelenkt werden, und der weiße König muss die siebente Reihe verlassen. Sofort 1.Kb6? ist noch verfrüht wegen 1.– D:f7 2.Lf4+ g:f4 3.Sc7 D:c7+! 4.K:c7 Se6+ 5.L:e6 b:a2. Weiß muß also weiter ausholen: Sofort 1.Ta5? (droht 2.Te5#) scheitert aber noch an 1.– Dg7 und 1.– S:f7! Deshalb ist ein weiterer Vorplan nötig: 1.S2f4! (droht 2.Te2#) Te1. Auf 2.Ta5 (droht 3.Te5#) verbleibt Schwarz jetzt nur noch die unzureichende Verteidigung 2.– S:f7 (die schwarze Dame kann nicht mehr das Feld f7 erreichen). Nun ist 3.Ta1 (was vorher nichts einbrachte) mit einer Drohung verbunden: 4.T:e1+ L:e1 5.Te2#. Als Verteidigung bleibt nur 3.– T:a1+ 4.K:b6 der weiße König hat mit Tempo die siebente Reihe verlassen; nun folgt 4.– Te1 (Beschäftigung).
Jetzt funktioniert alles wie am Schnürchen: 5.Sd5+ c:d5 (Lenkung) 6.Lf4+ (Opferräumung) g:f4 7.Sc7 ~ 8.Sd5#.
Die weitere inhaltliche Vertiefung des Vorläufers (problemesis 2001, 7#; vgl. Schwalbe 196, S. 511) hat diesem Problem gut getan: alles in allem: ein Meisterwerk der neudeutschen Problemschule!

2. Preis: 11545
Baldur Kozdon
#11 (5+11)
2. Preis: Nr. 11545 von Baldur Kozdon
Wer als Löser aus der Diagrammstellung heraus bereits das Springermatt mit sKh3 sieht, ist wirklich ein Hellseher. Der weiße Läufer muss doch erst nach d8 geführt werden, und die auf g3 zu opfernde weiße Dame ist noch gar nicht auf dem Brett. 1.L:b6? Sf4/Sh4 2.Sd6 S:g6! führt zu nichts. Der Hauptplan 1.Se8? (droht 2.S:f6 3.g7# und 2.g7+ Kh7 3.g8D+ Kh6 4.S:f6 5.Dg7#) scheitert vorerst noch an 1.– Lf5! 2.g7+ Kh7 3.g8D+ Kh6 4.Scd6 Tb8! Nun ist guter Rat teuer. Der einzig brauchbare weiße Angriffszug ist 1.Sd6 (droht 2.Sf7#). Weil 1.– T:d6 zum Kurzmatt führt, bleibt nur 1.– Tb8+ übrig mit der Folge: 2.Sge8 T:e8+ 3.S:e8 (räumt das Feld für den wBg6) und droht 4.S:f6 5.g7#, Schwarz greift den weißen Bauern an: 3.– Lf5. Die folgenden Züge ergeben sich zwangsläufig: 4.g7+ Kh7 5.g8D+ Kh6 6.Dg7+ Kh5 7.S:f6+ Kh4, nun wieder ein Problemzug: 8.Ld8! (mit Batterieaufbau) h2 (Fluchtfeld für den König) 9.Se4+ Kh3 10.Dg3+ S:g3 11.Sf2# mit Musterrnatt. Ein Problem von großer Schwierigkeit und mit großem Inhalt: Weiße Opferräumung, Gegenschach, Umwandlung in eine Dame und nachfolgendes Damenopfer, Mustermatt. Man staunt, wie die einzelnen Züge nahtlos ineinander greifen, bis sich schließlich das Matt herauskristallisiert hat. Der einzige Wermutstropfen für mich ist die banale Zugfolge 4.g7+ Kh7 5.g8D+ Kh6 6.Dg7+.

Entscheid im Informalturnier 2003 der Schwalbe
Abteilung; Retros Preisrichter: Josef Kutschner
(als Auszug im Internet)
Als ich gebeten wurde, das Amt des Preisrichters für das Informaltumier 2003 zu übernehmen, habe ich mit Freude, aber auch mit gewissen Bedenken zugesagt. Die Freude war berechtigt, denn der Jahrgang war ein prächtiger. Es war ein großes Vergnügen, sich intensiv mit den zahlreichen interessanten Aufgaben zu beschäftigen. Aber auch die Bedenken erwiesen sich als nicht ganz unbegründet; z.B. erschien es mir zunächst als großes Problem, Aufgaben verschiedener Retroarten miteinander zu vergleichen. In diesem Dilemma fand ich Hilfe in einem ganz anderen Metier, nämlich bei den Hilfsmatts. Beim Entscheid im Informalturnier 1999 (Heft 202) wurden mit einer Einteilung in drei Gruppen "lieber von vornherein Äpfel von Birnen getrennt". Ich halte das für klug und nachahmenswert und folge daher diesem Beispiel mit den Abteilungen I. Retroanalyse (ohne Beweispartien und Verteidigungsrückzüger), II. Beweispartien und III. Verteidigungsrückzüger. Bei den 66 Retroaufgaben des Jahres 2003 blieben 10 nebenlösige Probleme ohne Korrektur. Eine Aufgabe ist vorweggenommen und eine scheidet wegen einer unklaren Forderung aus. 28 der übrigen Aufgaben erhalten eine Auszeichnung (7 in I., 13 in II. und 8 in III.).

Abteilung 1: Retroanalyse (ohne Beweispartien und Verteidigungsrückzüger)

"Wie oft habe ich dir gesagt, dass das, was übrigbleibt, wenn du das Unmögliche ausgeschlossen hast, die Wahrheit sein muss, so unwahrscheinlich es auch erscheinen mag?"
(Conan Doyle: Im Zeichen der Vier)


Die klassische Retroanalyse erfordert vom Löser, das vergangene Geschehen zu erforschen, Indizien zusammenzutragen und verschiedene Wege auszuprobieren, bis eine Auflösung gefunden bzw. die gestellte Frage beantwortet ist. Mich erinnert das sehr an die Vorgehensweise von Sherlock Holmes; kein Wunder, dass dieser bereits Eingang in die Schachliteratur gefunden hat (Raymond Smullyan: Schach mit Sherlock Holmes). Die folgenden Probleme wären sicherlich ein großes Vergnügen für den Meisterdetektiv; sie erfordern viel Spürsinn und zeigen inhaltsreiche Retrospiele.

1. Preis: 11919
Thierry Le Gleuher
2. Preis: 11982
Alexander Zolotarew
Letzte 32 Einzelzüge? (13+15) Letzte 30
Einzelzüge
(12+13)
1. Preis: 11919 von Thierry Le Gleuher
Da der sK und der sT durch 1.– 0-0+ unbeweglich werden, kommt Schwarz in Zugnot. Deshalb muss möglichst schnell der sBh2 (nach Rückkehr von wLf1 und wBg2) aktiviert und der Käfig mit wBc2-c3 (nach Rückkehr von wKe1 und wDd1) geöffnet werden. Es ist ein Genuss, die Rückkehrmanöver zahlreicher Steine zu ihren Ursprungsfeldern nachzuvollziehen. – 1.– 0-0+ 2. Tb7-b8 d6-d5 3.Kc7-c8 d7-d6 4.Kd6-c7 b5:La4 5.Ke5-d6 b6-b5 6.Lc6-a4 c5-c4 7.Lg2-c6 c6-c5 8.Lf1-g2 c7-c6 9.g2-g3 g3:Th2 10.Ke4-e5 g4-g3 11.Kd3-e4 g5-g4 12.Kc2-d3 g6-g5 13.Kd1-c2 h7:Dg6 14.Dc2-g6 e4-e3 15.Ke1-d1 e5-e4 16.Dd1-c2 e6-e5 17.c2-c3 weiter z. B. Tg3-c3, Sb5-a7, Ld5-a2, Ta7-b7, Lc8-b7-d5, Ta6-a7, Bb7-b6 usw. Hervorragende Choreographie der weißen Figuren und der schwarzen Bauern, deren Wege sich mehrmals kreuzen! Das Ganze läuft bei absoluter Eindeutigkeit mit uhrwerkartiger Präzision ab.

2. Preis: 11982 von Alexander Zolotarew
Die Auflösung des Käfigs ist erst nach der Rückkehr des wLf1 (nebst wBe2:f3) möglich. Um den Läufer auf das Brett zu bringen, muss eine wFigur nach d8 gelangen und der sBc2 nach c7 (damit wBd7-d8X, wBc6:Ld7, sLc8-d7, sBd7:Le6 möglich wird). Versucht man im Folgenden 5.-9.Sd8-e8??, so benötigt Schwarz einen Zug zu viel. Die Auflösung verläuft daher über mehrere Entfesselungsstationen: – 1.– Lf8:Sg7+ 2.d2:Te3 Te5-e3 3.b3-b4 Tg5-e5 4.Se8-g7 Tg7-g5+ 5.Sc7-e8 c3-c2 6.Sd5-c7 c4-c3 7.Sf4-d5 Sg5-h3 8.Sh3-f4+ c5-c4 9.Dd3-h7 Sh7-g5+ 10.Dd8-d3 c6-c5 11.d7-d8D c7-c6 12.c6:Ld7 Lc8-d7 13.c5-c6 d7:Le6 14.Lc4-e6 g5-g4 15.Lf1-c4 Kg4-h4 16.e2:Sf3+ usw. Lange eindeutige Zugfolge mit einer sehr schönen Entfesselungsserie!

Abteilung II: Beweispartien

"David ist schon drin; ich haue einfach alles weg, was ihn verborgen hält."
(Michelangelo auf die Frage, wie er den David aus einem Marmorblock hauen könne)

Es erstaunt mich stets von Neuem, welche Vielfältigkeit bei eindeutigen Beweispartien möglich ist. Die Autoren haben nichts anderes als die Partieanfangsstellung zur Verfügung und zaubern daraus immer wieder interessante und ganz unterschiedliche Zugfolgen hervor (so wie Bildhauer aus gleichartigen Blöcken völlig verschiedene Skulpturen herausmeißeln).
Einige der Themen tragen besondere Namen, z.B. das Ceriani-Frolkin-Therna (eine UW-Figur wird geschlagen), das Pronkin-Thema (eine Figur wird geschlagen und auf ihrem Ursprungsfeld durch einen Phönix ersetzt, d.h. durch eine UW-Figur gleicher Art) und das Anti-Pronkin-Thema (eine UW-Figur wird durch eine gleichartige Originalfigur auf dem UW-Feld ersetzt).

1. Preis: 12046
Gerd Wilts

Michel Caillaud gewidmet
2. Preis: 11860
Rustam Ubaidullaev
Beweispartie in
23,5 Tügen
(13+16) Beweispartie in
17,5 Zügen
(16+15)
1. Preis: 12046 von Gerd Wilts
Hier stimmt einfach alles: ein großartiges Thema, viele taktische Raffinessen und eine perfekte Darstellung. Als Löser stellte ich zunächst folgende Zugbilanz für Schwarz auf: 3 Züge der BB (a7-a5 ist natürlich viel wahrscheinlicher als a7-a6-a5 oder a7:b6:a5), 5 der SS (Sg8 musste den Th8 heraus lassen), 5 der LL, 4 der TT, 3 der D und 3 des K, womit die 23 schwarzen Züge aufgebraucht waren. Ich versuchte das Damenmanöver Dd8-g8-g1-b1 mit vorübergehender Räumung der weißen Grundreihe und anschließenden Switchbacks (wäre ja auch nicht schlecht); das Fehlen des wBa2 konnte so jedoch nicht erklärt werden. Wenn sich aber das Wahrscheinliche als unmöglich erweist, dann muss das Unwahrscheinliche richtig sein; daher probierte ich schließlich auch a7:b6:a5. Und damit platzte der Knoten, denn es geht nicht nur ein Zug verloren, mit Ta8-a3-h3 wird auch einer gewonnen. Die sD erhält den neuen dreizügigen Weg Dd8-a8-a2-b1 und der wBa2 kann sich umwandeln. So fügte sich eins ins andere. Als ich schließlich noch die weißen und die schwarzen Züge irn Vorwärtsspiel miteinander verzahnte, kristallisierten sich immer deutlicher fantastische Turrnmanöver heraus: 1.b4 d6 2.Lb2 Kd7 3.Ld4 Ke6 4.Lb6 a:b6 5.Sc3 Ta3 6.Se4 Th3 7.a4 Ke5 8.Ta3 Le6 9.Tf3 Sd7 10.Tf6 g:f6 11.a5 Lh6 12.a6 Le3 13.a7 Sh6 14.a8T! Te8 15.Ta1! Da8 16.g4 Da2 17.g5 Db1 18.Ta5+! b:a5 19.g6 Sb6 20.g7 Sa8 21.g8T Lb6 22.Tg3 Sg8 23.Ta3 Lb3 24.Ta1 Dass ein Turm sich opfert und ein Phönix auf sein Ursprungsfeld gelangt, ist heutzutage keine Sensation mehr. Geradezu unglaublich aber ist, dass nach kurzem Zwischenhalt der Phönix-Turm sich ebenfalls opfert und durch einen weiteren Phönix ersetzt wird. Ein höchst erstaunlicher Doppel-Pronkin!

2. Preis: 11860 von Rustam Ubaidullaev
1.b3 c6 2.La3 Dc7 3.Lc5 Dg3 4.h:g3 Sf6 5.Th4 Sd5 6.Ta4 f6 7.e4 Kf7 8.Lc4 Kg6 9.Kf1 Kg5 10.Dg4+ Kh6 11.Dh4+ Kg6 12.Se2 Kf7 13.Kg1 Ke8 14.Kh2 Se3 15.Le6 Sf5 16.c4 Sh6 17.Sbc3 Sg8 18.Th1
Ein herrliches Tempoverlustmanöver in Form eines sehr amüsanten "Schulausflugs" mit zwei Figurenrundläufen! Der S = Schullehrer sperrt die Straße c4-g8 ab, um der K = Klasse das Überqueren zu ermöglichen. Nach dem kleinen Ringelreigen g6-g5-h6-g6 auf dem Spielplatz kehren alle wohlbehalten zurück. Das Ganze wirkt wie mit leichter Hand hingezaubert.

3. Preis: 11787
Reto Aschwanden
4. Preis: 11986
Gerd Wilts

Thierry Le Gleuher gewidmet
Beweispartie in
19,0 Zügen
(13+14) Beweispartie in
16,0 Zügen
(12+13)
3. Preis: 11787 von Reto Aschwanden
1.d4 h5 2.d5 h4 3.d6 Th5 4.d:c7 d5 5.c4 Dd7 6.c5 Dh3 7.c6 Lg4 8.c8L! Sh6 9.Ld7+ S:d7 10.c7 Sf6 11.c8L! Sh7 12.Lf5 T:f5 13.e4 0-0-0 14.e5 Td6 15.e6 Ta6 16.e:f7 e5 17.b3 La3 18.f8L! Lb2 19.La3 T:a3 Dreifachsetzung des Ceriani-Frolkin-Themas in bestechender Form! Drei Bauern, deren Ausgangsfelder direkt nebeneinander liegen, wandeln sich in Läufer um. Diese werfen sich jeweils einzügig in den Weg einer schwarzen Figur, um von dieser (und nicht von einem Bauern) geschlagen zu werden. Die langen Läuferzüge Lf8-a3 im gemischtfarbigen Doppel bilden in Verbindung mit dem Turmmanöver Td6-a6:a3 einen schönen Abschluss.

4. Preis: 11986 von Gerd Wilts
1.b4 h5 2.b5 Th6 3.b6 Tg6 4.b:a7 T:g2 5.a:b8S T:g1 6.S:d7 Th1 7.Se5 Lg4 8.Sf3 e6 9.Sg1 Lc5 10.Lh3 Ld4 11.Kf1 c5 12.Kg2 Dc7 13.Sf3 0-0-0 14.Se5 Kb8 15.Sd7+ Ka7 16.Sb8 T:b8 Ein geradezu unheirnliches Manöver eines "Geisterpferdes"! Dieses taucht unmittelbar vor dem "Tod" des Sg1 auf, vollführt Sprünge quer über das ganze Brett bis zum "Todesfeld", kehrt zurück und verschwindet dort, wo es erschienen ist.

Abteilung III:

"Wusst ich's doch! Was hab ich gesagt? Wir können zurückreisen! In die Vergangenheit."
(Stephen Fry: Geschichte machen)

Bei einem Verteidigungsrückzüger versucht Weiß, durch seine Rückzüge ein bestimmtes Ziel zu erreichen, wogegen sich Schwarz so weit wie möglich wehrt (die beiden Gegner führen also einen in die Vergangenheit gerichteten Kampf aus, ähnlich wie Zeitreisende in einschlägigen Science-fiction-Romanen und -Filmen). Beim Typ Proca entscheidet der Zugausführende, ob ein Stein entschlagen wird und gegebenenfalls welcher. Schwarz hat bei einem "#1 vor n Zügen" die Möglichkeit der Vorwärtsverteidigung: auch er darf – falls möglich – im Vorwärtsspiel einzügig Matt setzen.

Eine Neuerung der letzten Jahre sind die Anticirce-Procas (bei Anticirce wird ein schlagender Stein nach dem Schlagzug auf sein Ursprungsfeld versetzt – dieses muss vorher frei sein; beim Typ Cheylan darf ein Stein nicht auf sein eigenes Ursprungsfeld schlagen). Die entsprechenden Probleme sind manchmal geradezu atemberaubend (meist jedoch auch von extremer Schwierigkeit). Da aber auch die orthodoxen Procas dieses Jahrgangs mit originellen Darstellungen überzeugen konnten, war die genaue Festlegung der Reihenfolge in dieser Abteilung nicht ganz einfach. Bei zwei der Anticirce-Aufgaben gab es für mich allerdings keinerlei Zweifel; sie zeigen die neuen Retro-Effekte mit hervorragenden Königsmanövern in perfekten Darstellungen.

1. Preis: 11788
Wolfgang Dittmann
1# vor 15 Zügen
VRZ, Typ Proca
Anticirce Typ Cheylan
(6+8)

1. Preis: 11788 von Wolfgang Dittmann
Der Hauptplan "zurück: Ka6:Ba5(Ke1), vor: Tf4#" zeigt, wie ungewöhnlich die Zugmöglichkeiten bei Anticirce sein können. Der wK steht auf a6 nicht im Schach (wegen der Blockade auf a7) und kann seinem Kontrahenten im Vorwärtsspiel tatsächlich den Ba5 vor der Nase wegschnappen (er springt ja sofort nach e1 weiter). Der Hauptplan scheitert noch an 1.– Dd4 (nicht an 1.– T:f4?? wegen Dh8); daher wird in einem Vorplan die Linie h8-d4 verstellt und zwar durch Kg6:Tg7 (Ke1), da dann der wK unter Beschäftigung der sD auf die Grundreihe zurückkehren kann (der wK stellt sich abwechselnd auf weißen und schwarzen Feldern ins Schach und zwar so, dass die sD jeweils a8 bzw. h8 besetzen muss). Damit aber der wK bis nach e1 gelangt, um erneut schlagen zu können, muss ein weiterer Vorplan vorgeschaltet werden. Zurück: 1.Kb1:Ta1 (Ke1)!! Da8-h8+ 2.Kc1-b1 Dh8-a8+ 3.Kd1-c1 Da8-h8+ 4.Ke1-d1 Dh8-a8+ 5.Kg6:Tg7(Ke1)! Da8-h8+ 6.Kg5-g6 Dh8-a8+ 7.Kg4-g5 Da8-h8+ 8.Kg3-g4 Dh8-a8+ 9.Kg2-g3 Da8-h8+ 10.Kg1-g2 Dh8-a8+ 11.Kf1-g1 Da8-h8+ 12.Ke1-f1 Dh8-a8+ Das Etappenziel ist erreicht. Dem Hauptplan steht aber ein neues Hindernis gegenüber; Tf4# scheitert nun an Th1-a1!. Daher erfolgt in einem dritten Vorplan eine weitere Verstellung: 13.Kf1:Sg1 (Ke1)! Da8-h8+ 14.Ke1-f1 Dh8-a8+ 15.Ka6:Ba5 (Ke1)!, vor: 1.Tf4# Mit ihren gestaffelten Vorplänen, den beiden "Turmstraßen" und einem fantastischen Schwalbenflug der Dame ist diese Aufgabe ein wahres Meisterwerk!

2. Preis: 11990v
Klaus Wenda

Wolfgang Dittmann zum 70. Geburtstag gewidmet
Matt vor 4 Zügen
VRZ, Typ Proca
Anticirce Typ Cheylan
(2+10)

2. Preis: 11990v von Klaus Wenda
Wie man den Gegner zur Rücknahme einer Rochade zwingen kann (wobei K und T vorher erst in die notwendigen Positionen gelenkt werden), wird in diesem Anticirce-Proca aufs Schönste demonstriert. zurück: 1.Kc5:Td4 (Ke1)! Lh8-g7+ 2.Kc4-c5 Td8-d4+ 3.Kd4-c4 Kd7-e7+ 4.Ke4-d4 Kc8-d7+ 5.Kd5-e4 0-0-0+ 6.Ke6-d5, vor: 1.Tb8# Der weiße König leistet Erstaunliches. Zunächst entschlägt er den zur Rochade benötigten Turm und lenkt den sL nach h8 (zur Vorbereitung des Mattzugs). Anschließend stellt er sich in ein Doppelschach, so dass einer der Schach bietenden Steine (T) das Ursprungsfeld des anderen (D) besetzen muss. Danach lenkt er den sK über die Ursprungsfelder von B und L nach c8 (man beachte, dass im 3. und im 4. Zug der Td8 "gefesselt" ist); ein erneutes Doppelselbstschach erwingt schließlich die Rochade. Ein großartiges Königsmanöver!


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